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Die weissen Feuer von Hongkong

Die weissen Feuer von Hongkong

Titel: Die weissen Feuer von Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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unter Deck zu bleiben, während der Fischer das Segel setzt und wir ausfahren.«
    »Wohin?«
    »Nach Hause«, antwortete Kolberg. »Das darfst du noch niemandem sagen. Ein Schiff aus einem anderen Land
    nimmt uns draußen auf dein Meer auf. Ich bin nachmittags auf diesem Schiff gewesen. Wenn wir erst damit fahren, sind wir in Sicherheit. Wir fahren nach Singapore und immer weiter, nach Bombay, durch den Suezkanal und an Gibraltar
    vorüber, durch den Kanal, bis eines Tages das Meer zu Ende ist. In dem Land, das dort beginnt, sind wir zu Hause, das ist Deutschland.«
    Er sah, wie der Junge versuchte, es sich vorzustellen. Und er spürte die gleiche Unruhe in sich, die Neugier auf das Land hinter dem Meer, auf alles, was dann kam.
    »Geh jetzt«, sagte er schließlich. »Und mache alles, genau so, wie ich es dir erklärt habe. Du mußt harmlos erscheinen, als wüßtest du von nichts.«
    »Ich werde es versuchen, Paps«, versprach der Junge. Kolberg zog ihn noch einmal an sich und schärfte ihm ein: »Nicht nur versuchen, Bert. Du mußt es schaffen. Es hängt alles davon ab. Alles, hörst du?«
    Der Junge nickte. Dann raffte er das Bündel Gemüse und das Säckchen Reis auf und verschwand zwischen den Leuten, die auf dem Kai spazierengingen.
    Der alte Yen sah ihn kommen, obwohl es schon ziemlich dunkel war. Der Tag wechselte in Hongkong schnell zur Nacht hinüber. Die Polizisten waren nicht wieder an Deck aufgetaucht. Sie sprachen immer noch mit Judith. Bert blinzelte dem Alten zu, als er über die Planke auf das Boot sprang. Flüsternd teilte er ihm mit, was der Vater ihm aufgetragen hatte. Yen, der etwas Ähnliches erwartet hatte, nickte. Ihm war nicht sehr wohl dabei, denn die Aussicht, mit der Polizei in Konflikt zu geraten, war alles andere als angenehm. Trotzdem, dachte er, ich habe mich darauf eingelassen, diesem Flieger zu helfen, und ich werde tun, was ich kann.
    In der Luke erschien der Oberkörper des einen Polizisten. Er winkte Bert energisch, unter Deck zu kommen. Der Junge tat so, als sei er sehr erstaunt über das Auftauchen des Polizisten. Er stieg mit dem Gemüse und dem Reis die Leiter hinab, da bemerkte er den zweiten Beamten, der gleich eine Frage an ihn richtete. Bert blickte Judith an. Er sah ihr fest in die Augen und sagte ganz langsam auf deutsch: »Du mußt übersetzen, ich verstehe keine andere Sprache als die deutsche.«
    Einen Augenblick zögerte Judith verwundert, dann begriff sie, daß der Junge einen Zweck damit verfolgte.
    »Ich kann Ihnen beim Übersetzen behilflich sein«, bot sie dem Polizisten freundlich an. »Der Junge ist deutschsprachig erzogen.«
    Der Polizist runzelte die Stirn. Die Sache schien komplizierter zu sein, als er angenommen hatte. Nun gut, wir werden schon damit fertig werden, dachte er.
    »Fragen Sie ihn, ob er weiß, wo sein Vater ist.«
    Als sie es übersetzt hatte, erwiderte Bert langsam: »Paps ist in der Nähe. Ich habe einen Plan mit ihm gemacht.«
    »Er weiß auch nichts«, übersetzte Judith.
    »Wann hat er ihn zuletzt gesehen?«
    »Wir sollen versuchen, an Deck zu gelangen. Diese bei den müssen unten bleiben. Dann kommt Paps und hindert sie daran heraufzusteigen. Und der Fischer fährt uns aufs Meer zu einem Schiff, das uns mitnimmt.«
    »Wie ich schon sagte«, übersetzte Judith gleichmütig, »als er uns vom Haus des Konsuls wegschickte. Das war das letzte Mal. Der Junge macht sich bereits große Sorgen. Er sagt, es könne ihm vielleicht etwas zugestoßen sein.«
    »Das wird sich herausstellen«, brummte der Polizist, »vorläufig verläßt keiner das Boot.«
    Bert hielt Judith das Gemüse hin und den Reis. »Ob die uns vielleicht erlauben, etwas davon an Deck zu kochen?«
    Als Judith den Polizisten, der die Fragen gestellt hatte, um die Erlaubnis bat, das Abendessen kochen zu dürfen, zuckte dieser die Schultern und sagte: »Meinetwegen.« Er ging an die Leiter, die nach oben führte, und warf einen Blick hinaus. »Stellen Sie den Kochofen so auf, daß wir ihn sehen können, und bleiben Sie alle drei immer im Blickfeld der Luke. Falls Ihr Mann erscheint, dürfen Sie ihm kein Zeichen geben, sonst werden Sie bestraft.«
    Er glaubte nicht so recht daran, daß der Gesuchte noch hier auftauchen würde. Dieser Flieger war offensichtlich ein rechter Vagabund, man kannte das ja. Vermutlich war er froh, Frau und Kind los zu sein. Allein ließ es sich besser durchbrennen. Nun gut, wir haben den Auftrag, ihn hier zu erwarten, und das werden wir tun. Wenn er nicht

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