Die weissen Feuer von Hongkong
Sie englisch?«
Als Kolberg bejahte, atmete er auf und erklärte ihm schnell in der fremden Sprache, die er besser beherrschte als die deutsche: »Halten Sie sich hier auf. Kommen Sie nicht herauf, ehe ich Sie rufen lasse. Wir werden gleich mit der Polizei zu tun haben.«
»Mit der Polizei?« Kolberg blickte ihn verwirrt an. »Ich denke ...« Aber der Kapitän erklärte beruhigend: »Machen Sie sich keine Sorgen. Sie sind in Sicherheit. Darf ich Ihre Flucht so auffassen, daß Sie nicht am Korea-Krieg teilnehmen wollten und deshalb zuerst bei uns und dann in Deutschland Asyl suchen?«
»Ja«, erwiderte Kolberg zögernd. »So ist das. Wir wissen nicht, wie wir Ihnen das danken sollen.«
Der Kapitän winkte ab. »Zerbrechen Sie sich darüber nicht den Kopf. Sie sind unser Gast. Und nun muß ich erst einmal an Deck.«
Im Vorübergehen warf er einen Blick in den Spiegel an der Kabinentür und zog seine ohnehin untadelig sitzende Jacke zurecht. Das Polizeiboot hatte die Dschunke erreicht. Ein Offizier befreite den Chinesen von seinen Fesseln. Er öffnete den Lukendeckel, und die beiden Polizisten stiegen herauf. Der Offizier richtete nur ein paar kurze Fragen an sie. Dann ließ er sie auf das Polizeiboot übersteigen. An den Chinesen wandte er sich mit der Frage: »Sind Sie verletzt?« »Nein, Sir«, antwortete Yen. Er verbiß sich ein Lächeln und gab sich Mühe, erschöpft und mitgenommen auszusehen.
»Sie können es allein nach Hongkong schaffen?«
»Natürlich, Sir«, beeilte sich Yen zu versichern. »Das Boot ist nicht beschädigt worden. Werden Sie die Leute jetzt verhaften, Sir?«
»Fahren Sie nach Hause«, sagte der Offizier. »Wenn wir noch Fragen haben, werden wir uns an Sie wenden.«
Auf der Brücke sagte Josef Koslowski zum Kapitän: »Jetzt geht es los. Sie geben schon Signal.« Der Rudergänger, der nach der Übernahme der Flüchtlinge wieder Koslowskis Platz eingenommen hatte, sah den Kapitän erwartungsvoll an. Der nickte. »Maschinen stop!«
»Los, komm mit!« forderte er Koslowski auf. Gemeinsam stiegen sie auf das Deck hinab.
Das Polizeiboot glitt längsseits. Der Offizier hob ein Megaphon an die Lippen und rief zur »Kosciuszko« hinauf: »An den Kapitän! Bitte an Bord kommen zu dürfen!«
Als Antwort gab der Kapitän den an der Reling bereitstehenden Matrosen ein Zeichen. Sie ließen das Fallreep wieder herab. »Gott verflucht«, knurrte Koslowski. »Was machen wir nun?«
»Abwarten«, meinte der Kapitän. »Und ruhig bleiben, Josef. Gib dir Mühe, wie ein höflicher polnischer Steuermann aus bester Familie auszusehen.« Er war plötzlich wieder heiter. Aber er ließ es sich nicht anmerken, als er den Engländer begrüßte, der sich stramm vor ihm aufbaute und die Hand an den Mützenschirm legte.
»Herr Kapitän«, begann der Offizier, »wir haben uns erlaubt, Sie anzuhalten. Es handelt sich um den flüchtigen Fred Kolberg, der wegen militärischer Sabotage und tätlichen Angriffs auf einen Diplomaten gesucht wird.«
Der Kapitän nickte freundlich. »Wir haben auf Ihr Signal hin gestoppt, weil wir Wert auf gute Zusammenarbeit mit den britischen Behörden legen. Womit kann ich Ihnen helfen?«
»Ich habe Auftrag, den flüchtigen Piloten Kolberg zu inhaftieren. Würden Sie dafür sorgen, daß der Mann auf mein Boot gebracht wird.«
Der Kapitän wandte sich an Koslowski: »Position?«
Seine Stimme war von jener glatten Freundlichkeit, die Koslowski gelegentlich als einen Ausdruck von Snobismus zu bezeichnen pflegte, um den jungen Kapitän aus seiner Ruhe zu bringen. Jetzt freute er sich über dessen Art, den Engländer zu behandeln. Er nahm Haltung an und meldete: »Eine halbe Meile östlich von Kap Rock. Viereinhalb Seemeilen von Hongkong, Herr Kapitän.« Dieser blickte den britischen Offizier ernst an und erklärte bedauernd: »Es tut mir leid, Sir. Wir sind außerhalb der britischen Hoheitsgewässer.«
»Heißt das, Sie wollen den Mann nicht ausliefern?«
»Ja«, erwiderte der Kapitän mit höflicher Bestimmtheit.
»Sie beabsichtigen, den Mann zu schützen?«
»Dieses Schiff«, sagte der Kapitän, »ist polnisches Territorium, und hier übe ich die oberste Gewalt aus. Herr Kolberg hat bei mir ordnungsgemäß um politisches Asyl gebeten, und ich habe es ihm gewährt. Er genießt meinen Schutz, solange ich es für nötig halte.«
»Ich ersuche Sie nochmals, den Mann auszuliefern, Herr Kapitän.« Der Offizier wußte, daß er nichts unternehmen konnte, wenn der Pole fest
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