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Die Welfenkaiserin

Titel: Die Welfenkaiserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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nicht heiraten; die Macht, die er eben über sie ausgeübt hatte, gefährdete ihr Seelenleben, rief befremdliche Reaktionen ihres Körpers hervor und verstörte ihren Geist.
    Leicht ungehalten, blickte Ludwig auf Harald Klak, der eine sofortige Entscheidung von ihm zu erwarten schien. Auch unter normalen Umständen benötigte der Kaiser viel Zeit, um Anordnungen zu geben.
    »Das Wetter ist günstig«, erklärte der einstige Dänenkönig, griff in sein Wams und reichte dem König ein eng beschriftetes Pergament. »Es wäre sinnvoll, so schnell es geht aufzubrechen. Hier habe ich notieren lassen, wie viele Mannen, Waffen und Pferde ich benötige, um Dänemark zu einem Land zu machen, das dem hochwohlgeborenen gütigen Kaiser freundlich gesinnt ist und seine Küsten in Ruhe lässt.«
    Endlich war es ihm gelungen, ohne Unterbrechung sein Anliegen vorzutragen. Als Lothar die Tür öffnete, nickte er ihm voller freudiger Dankbarkeit zu.
    Ohne einen Blick auf das Pergament zu werfen, reichte es Ludwig an seinen Kanzler weiter.
    »Alles genehmigt«, versetzte er. »Kümmere dich darum, dass unser Gast das Erforderliche erhält.«
    Der Kanzler blickte auf die Schrift und erbleichte.
    »Tue, was ich dir aufgetragen habe!«, forderte Ludwig, nicht bereit, sich auf eine Unterhandlung einzulassen. Er wandte sich an Harald Klak und umarmte ihn. »Ich erfülle dir alle deine Wünsche, mein König der Dänen. Begleite meinen Kanzler, und gib Acht, dass alles zu deiner Zufriedenheit ausfällt. Gute Reise und gutes Gelingen!« Er wollte den lästigen Mann endlich loswerden.
    Als der Kanzler dem beglückten Dänen die Tür öffnete, standen Judith und Ruadbern davor.
    Harald Klak warf Judith einen unsicheren Blick zu.
    »Dänenkönig«, flüsterte Ruadbern.
    Judith verneigte sich.
    »Es scheint, dass wir Familie sind, hochverehrter König«, sagte sie mit einer Stimme, die den nordischen Winter augenblicklich in Sommer verwandelt hätte. »Meine Großmutter Geva hat mir viel von Eurem wunderbaren Land erzählt.«
    Eine glatte Lüge, denn Geva hatte Judith nie etwas erzählt, sie stets nur angefaucht, niemals ihre Wurzeln zu vergessen. Judith war damals so alt wie Ruadbern jetzt gewesen und hatte lange geglaubt, dass ihr die Großmutter damit den häufigen Genuss von Möhren ans Herz legen wollte. Ein Gemüse, das sie seitdem hasste.
    Harald Klak blickte besorgt zu Ludwig. Als er ein Leuchten in dessen Augen entdeckte, verneigte auch er sich und atmete dabei tief aus. Welch einem Irrtum er doch erlegen war! Wie liebenswürdig von Lothar, ihm im Holzgang sein Missverständnis nicht verargt zu haben! Dieser zwar kurzhaarige, aber bei näherer Betrachtung dennoch unwiderstehliche Spross des Nordens war nicht in Ungnade gefallen, sondern vom Kaiser erkoren worden! Also war es in der Königshalle keineswegs zu einem Tumult, sondern zu einer Art Freudentaumel gekommen, an dem man auch das gemeine Volk teilhaben ließ. Seltsame Menschen, diese Franken.
    »Ihr seid zu gütig«, versicherte er. »Ich wünsche Euch ein durch viele Söhne gesegnetes Leben. Möget Ihr den Herrscher der Christenheit glücklich machen.«
    Judith blickte ihm sprachlos nach, als er mit dem Kanzler im Gang verschwand.
    »Lasst uns allein«, forderte Ludwig die anderen auf. »Du auch«, fuhr er Lothar an, der sich wieder auf seinem Sitz niedergelassen hatte und es kaum erwarten konnte, Judiths Verteidigung zu übernehmen, um danach seinen Antrag anzubringen. Nur zögerlich erhob er sich. »Sei mild mit ihr«, murmelte er und fügte, bevor er den Raum verließ, hinzu: »Um meinetwillen.« Er merkte nicht, dass seinem Vater diese beziehungsreichen Worte gänzlich entgangen waren. Zu sehr war Ludwig in das Betrachten der welfischen Schönheit versunken.
    Als sie allein waren, blieb der Kaiser vor Judith stehen.
    Sie senkte das Haupt und wartete auf den Urteilsspruch. Tatsächlich hatte sich Ludwig vorgenommen, sie als Erstes streng zurechtzuweisen, um ihr deutlich zu machen, dass sie noch viel zu lernen habe, dann herauszufinden, woher sie ihm so bekannt vorkam, und schließlich nach dem Ursprung des großen Rings an ihrer Hand zu fragen, der ihn sehr an ein Geschmeide seiner Stiefmutter Fastrada erinnerte. Aber all das schien mit einem Mal völlig bedeutungslos zu sein. Ganz gleich, wie ihre Antworten lauten und was seine Berater sagen würden, ganz gleich, wer sie war und mit wem sie Umgang gepflegt hatte; er musste dieses schmale Mädchen mit dem struppigen Goldhaar

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