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Die Welfenkaiserin

Titel: Die Welfenkaiserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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gesamten Hof wegen fehlerhafter Entscheidungen zusammengestaucht hatte.
    Die Pforte zum Torhaus, das den langen Holzgang unterbrach und in dem das Pfalzgericht zu tagen pflegte, stand offen.
    »Keine Wachen! Deshalb also konnte das Volk in die Halle!« Harald Klak hatte seiner Empörung laut Luft gemacht. Lothar wandte sich um. Schon wieder dieser Däne! Der hatte ihm gerade noch gefehlt. Harald Klak war bereits an seine Seite geeilt.
    »Wenn diese Frau mit dem Männerkopf Auge und Ohr des Kaisers beleidigt haben sollte, biete ich gern meine Hilfe an und bringe sie nach Dänemark«, sagte er hastig und setzte murmelnd hinzu, »mit den Mannen, die mir helfen sollen, meinen Thron zurückzugewinnen.«
    Lothar war stehen geblieben und starrte Harald Klak entgeistert an. Hinter der Stirn des einstigen Dänenkönigs arbeitete es. Ihm war in der Eile nichts Besseres eingefallen, und in Worte gefasst klang dieser Vorschlag ausgesprochen peinlich. Fast so, als wollte er diese Frau, von der er überhaupt nichts wusste, den Männern vorwerfen. »Ich könnte sie natürlich heiraten«, schickte er genauso unüberlegt einen Satz hinterher, der ihn noch mehr erschreckte.
    Um Lothars Mundwinkel zuckte es. Er klopfte dem wesentlich kleineren Harald Klak auf die Schulter.
    »Ein solches Opfer ist nicht erforderlich«, versicherte er freundlich. »Ihr erhaltet die Truppen gewiss auch ohne die Last weiblicher Begleitung. Und jetzt entschuldigt mich; ich habe mit meinem Vater in der Kapelle zu beten.« Dahin wenigstens würde ihm der heidnische Plagegeist nicht folgen können. Er riet dem unschlüssig dastehenden einstigen König, die kaiserliche Beratungskammer aufzusuchen, und eilte erheblich beschwingteren Schrittes durch den Holzgang. Ohne es zu wissen, hatte ihm Harald Klak einen vorzüglichen Gedanken eingegeben. Er selbst würde Judith heiraten! Die Besitzungen ihres Vaters lagen schließlich nicht allzu weit von seinem eigenen italischen Königreich entfernt. Heiraten soll dazu dienen, Besitz und Einfluss zu mehren und zu festigen, überlegte er. Was mein Vater nie begriffen hat. Eheweiber und Wohlstand hält er für gottgesandt. Irgendwann in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft aber werde ich Kaiser sein und mit dieser aufgeweckten Judith an meiner Seite über ein mächtiges Reich gebieten. Und bis dahin wird ihr Haar auch wieder auf eine angemessene Länge nachgewachsen sein.
    Unter solchen Gedanken war er an der Pfalzkapelle angekommen, nur um zu erfahren, dass der Kaiser das Gotteshaus bereits verlassen und sich in seine Beratungskammer begeben hatte.
    Er stöhnte. Warum nur hatte er dem Dänen den Weg dorthin gewiesen!
    Mit einer Hand schob Bernhard den Riegel vor, während er mit dem anderen Arm Judith fester an sich zog und sie langsam zu dem Kinderlager in der Ecke lotste.
    »Du willst doch auch«, flüsterte er, als sich seine Lippen von ihren lösten.
    Das war ein Fehler. Niemand teilte Judith mit, was sie wollte. Auch nicht der erste Mann, der so seltsame Saiten in ihr zum Klingen brachte, sie zu einer so unerhörten Äußerung hingerissen hatte und sie so hingebungsvoll zu küssen verstand. Die Einflüsterung machte sie wieder zur Herrin über ihre Sinne. Sie riss sich los. Ihre Knie gehorchten.
    »Was fällt dir ein!«, rief sie.
    Ungerührt von ihrer Empörung, tat er, als hätte sie ihm eine Frage gestellt: »Vieles. Und darauf bist du wohl neugierig?«
    An der Tür wurde heftig gerüttelt.
    Mit hochrotem Kopf riss Judith den Riegel zur Seite, dankbar für jeden, der sie vor sich selbst retten würde, vor der Wiederkehr dieses unwiderstehlichen Drangs, sich Bernhard an die Brust zu werfen.
    »Tritt ein, Ruadbern«, sagte sie zu dem Knaben, der verständnislos von ihr zu Bernhard blickte, »ich habe aus Versehen die Tür zu deiner Kammer verschlossen. Damals, als sie meine war, habe ich damit die Erwachsenen geärgert. Tust du das heute auch noch?«
    Das Kind sah sie aus seinen dunklen Augen ernsthaft an, sodass Judith unbehaglich wurde. »Du musst ganz schnell zum Kaiser, Judi. Alle suchen dich.«
    »Urteile werden hier pfeilgeschwind und gnadenlos gefällt«, meldete sich Bernhard. »Soll ich dich begleiten und bei meinem Patenonkel ein gutes Wort für dich einlegen?«
    »Dafür habe ich Ruadbern«, lehnte Judith ab. Sie ergriff die Hand des Achtjährigen, erntete ein dankbares Strahlen und verließ die Kammer, in der sie sich beinahe selbst vergessen hätte. Sie erschauerte. Nein, sie wollte auch Bernhard

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