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Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer

Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer

Titel: Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Mädchen. Meine Frau hat mir die Tätowierung auf deinem Rücken gezeigt.«
    Munks Kinnlade fiel herunter. »Du hast eine Tätowierung?«
    Jolly war unwohl zu Mute, doch dann straffte sie sich. »Sie ist nicht fertig. Einer von der Mannschaft hat damit angefangen, kurz bevor wir das spanische Schiff entdeckt haben… das Schiff mit den Spinnen.«
    Sie hatte Munk geschildert, was passiert war, doch sein Vater runzelte die Stirn. »Musst mir beim Abendessen alles erzählen«, sagte er. »Ich geh mal lieber zurück an die Arbeit. Munk, du hast heute Nachmittag frei.« Er wandte sich zum Gehen, drehte sich dann aber noch einmal um. »Und, Mädchen, setz meinem Sohn keine Flausen in den Kopf, ja? Träumert ohnehin schon den ganzen Tag herum, der Kerl.«
    »Keine Sorge, Sir.«
    Nachdem sein Vater fort war, grinste Munk sie an.
    »Also«, sagte er, »mit welcher Flause fangen wir an?«
    »Meine Eltern waren Kartografen«, erzählte Munk, während er Jolly hinunter zur Bucht führte, wo er sie aus dem Wasser gezogen hatte. »Sie haben die Routen zwischen den Inseln und Riffs für eine der großen Handelsgesellschaften ausgekundschaftet. Mein Vater hat das Boot gesteuert, meine Mutter die Karten gezeichnet. Sie kann gut zeichnen, weißt du? Sie hat versucht, es mir beizubringen, aber ich krieg es nie richtig hin. Ich meine, ich kann einen Vogel zeichnen . oder ein Piratenschiff.« Es freute ihn sichtlich, dass er Jolly zum Lächeln brachte, trotz des Verlusts, den sie erlitten hatte. »Na ja, auf jeden Fall mussten meine Eltern alles, was sie über die Wege zwischen den Riffs und Sandbänken herausfanden, an die Gesellschaft weitergeben. Dafür wurden sie bezahlt. Meistens dauerte es eine Weile, bis eine Route erforscht war, aber die Gesellschaft wollte immer über alles auf dem Laufenden sein. Mein Vater hat die Händler davor gewarnt, einen Weg zu benutzen, der noch nicht vollständig ausgelotet war. Einer von ihnen hat sich nicht darum gekümmert und eine besonders gefährliche Route genommen, bevor meine Mutter die Karte noch einmal kontrolliert und die letzten Ungenauigkeiten beseitigt hatte. Er ist aufgelaufen, und sein ganzer Schiffskonvoi ging unter. Er selbst und viele Männer sind ertrunken.«
    »Und dafür hat man dann deinen Eltern die Schuld gegeben?«
    Ein bitterer Zug erschien um Munks Augen. »Der Bruder des Händlers war Scarab, der Piratenkaiser der Karibik. Er ließ unter den Piraten ein Kopfgeld auf meine Eltern aussetzen. Seitdem haben sie sich auf die Insel zurückgezogen. Der einzige Kontakt zur Außenwelt ist eine Hand voll Händler, die sie schon ewig kennen und denen sie vertrauen.«
    »Aber wozu die Vorsicht?«, wollte Jolly wissen.
    »Scarab ist seit Jahren tot. Der jetzige Piratenkaiser auf New Providence heißt Kenndrick. Man munkelt, dass er Scarab umgebracht hat, um selbst an die Macht zu kommen. Kenndrick hat viele von Scarabs Entscheidungen und Gesetzen rückgängig gemacht oder missachtet. Ich kann mir nicht vorstellen, warum er oder irgendwer sonst heute noch Jagd auf deine Eltern machen sollte.«
    Munk schien ihre Worte abzuwägen. Dann aber schüttelte er niedergeschlagen den Kopf. »Weißt du, ich glaube nicht, dass meine Eltern wirklich noch Angst vor Scarab oder anderen Piraten haben. Es gefällt ihnen hier. Sie mögen die Einsamkeit und die Ruhe und -«
    »All das, was dir auf die Nerven geht.«
    Er lächelte verlegen. »Ja.«
    »Und bestimmt will dein Vater nicht, dass du irgendwann einmal zur See fährst. Obwohl er das selbst jahrelang getan hat. Stimmt’s?«
    Munk nickte. »Er sagt, er hat zu viele Schiffe sinken und zu viele gute Männer ertrinken sehen. Heute hasst er das Meer. Er kann nicht verstehen, dass ich selbst dort raus will.« Nun sah er wirklich unglücklich aus. »Ich bekomme ja nicht mal die Chance, rauszufinden, ob ich das Meer vielleicht genauso wenig mag wie er.«
    Zum ersten Mal verspürte Jolly Mitgefühl. Sie liebte die See über alles, und das nicht nur, weil sie eine Quappe war. Sie wusste, was Munk entging, wenn er auf diesem Eiland blieb, und sie ahnte, wie er sich fühlen musste.
    Eine Zeit lang liefen sie wortlos nebeneinanderher, bis sie durch das Dickicht das Weiß des Strandes schimmern sahen. Da kam Jolly ein Gedanke. »Warum hast du mir das eigentlich alles erzählt? Das mit deinen Eltern und ihrer Angst vor den Piraten? Ich bin doch selbst eine.«
    Munk lächelte verlegen, dann wich er rasch ihrem Blick aus. »Weil ich dir vertraue.« Damit lief er

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