Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer

Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer

Titel: Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
Vom Netzwerk:
seit mir klar geworden ist, dass man alles, was man heraufbeschwört, auch wieder verschwinden lassen muss, gibt’s keine Probleme mehr.«
    »Wo kommt die Perle denn her?«
    »Sie ist nur eine Art Verkörperung des eigentlichen Zaubers. Wenn ich es will, fließt die Magie aus den Muscheln und bildet im Zentrum die Perle. Das bedeutet, dass ich ihre Kraft für den Zauber einsetzen kann. Sobald der Zauber gewirkt ist, muss ich die Perle wieder zurück in eine der Muscheln bewegen, und das war’s. Wenn ich die Muschel das nächste Mal öffne, ist die Perle fort - sie ist dann wieder zu unsichtbarer Magie geworden und kann erneut heraufbeschworen werden. Je größer die Perle, desto mehr Magie steht zur Verfügung. Im Grunde ist es ganz einfach - wenn man das Talent dazu hat.«
    »Und du legst mich bestimmt nicht rein?«
    »Ehrenwort.«
    Sie grinste anerkennend. »Nicht schlecht.«
    Munk war sichtlich geschmeichelt. »Na ja, es ist Spielerei. Mal abgesehen von der geheilten Ziege und ein paar anderen Kleinigkeiten, ist nie besonders viel Nützliches dabei rausgekommen. Ich hab mal versucht, die Ernte zu verdoppeln, aber das ist schrecklich schief gegangen. Ich bin nicht stark genug für so was.«
    »Was ist denn passiert?«
    »Die Hälfte der Tabakpflanzen ist eingegangen. Seitdem hat mir mein Vater verboten, die Muschelmagie zu benutzen.«
    Jolly lächelte. »Gerade hast du es aber trotzdem getan.«
    »Nur um dich aufzumuntern.«
    Sie reichte ihm eine Hand, um ihm beim Aufstehen zu helfen. Diesmal nahm er sie. »Das war lieb von dir«, sagte sie.
    Munk wurde rot. »Du bist gar nicht so ein Flintenweib, wie mein Vater gesagt hat.«
    »Flintenweib? Das hat er gesagt?«
    Er nickte. »Er hat Frauen gemeint, die sich mit Piraten einlassen.«
    Sachte löste sie ihre Hand aus seiner, als sie spürte, dass er sie von sich aus nicht loslassen würde. »Dein Vater weiß vielleicht nicht über alles Bescheid. Und über mich weiß er nun wirklich gar nichts.«
    »Genau wie ich.«
    Sie nickte stumm, wich seinem Blick aus und machte sich auf den Rückweg zur Farm. Erst nach einer Weile brach sie das Schweigen. »Ich verrate dir was von mir«, sagte sie und verzog das Gesicht zu einem Grinsen. »Ich sterbe vor Hunger.«

Das große Beben

    Jolly verzichtete auf den Versuch, Munk die Spinnenschachtel zu stehlen. Ehe kein Händlerboot anlegte, mit dem sie die Insel verlassen konnte, hatte es keinen Zweck, den Spinnenkadaver an sich zu bringen. Außerdem wollte sie ihre Gastgeber nicht verärgern, am allerwenigsten Munk. Er war so vollkommen anders als die Piratenjungen, die sie kannte, kein Aufschneider und Großmaul. Sogar sein Wissen um die Muschelmagie schien ihm fast ein wenig peinlich zu sein. Er war freundlich und nett, und er gab sich die allergrößte Mühe, dass sie es bemerkte.
    Am dritten Tag nach ihrem Erwachen aus der Bewusstlosigkeit führte er sie durch den Bananenwald hinauf auf den Felsen über der Bucht und zeigte ihr die alte Kanone. Das rostige Geschütz wartete dort oben einsam auf Feinde, die wohl niemals kommen würden. Jolly teilte Munks Meinung, dass die Insel womöglich einmal ein Piratenstützpunkt gewesen war, an den sich heute keiner mehr erinnerte. Im Stillen fragte sie sich, ob Munks Vater nicht etwas verheimlichte. War er tatsächlich nur Kapitän eines kleinen Kartografenschiffs gewesen? Oder gab es andere Gründe, weshalb der damalige Piratenkaiser Scarab Jagd auf ihn gemacht hatte?
    Munk gestand ihr, dass er oft davon geträumt hatte, die Kanone abzufeuern. Allerdings hatte er keine Ahnung, wie man solch ein Geschütz bediente. Aus Sorge, sich zu guter Letzt selbst in die Luft zu sprengen, hatte er lieber die Finger davon gelassen. Außerdem würde der Kanonendonner gewiss nicht das einzige Donnerwetter bleiben, das über die Insel hereinbrach, falls seine Eltern Wind davon bekamen - und das ließ sich bei einem Schuss schwerlich vermeiden.
    Jolly überlegte hin und her, dann dachte sie, dass sie eigentlich nichts zu verlieren hatte. Sie würden einfach behaupten, Jolly sei im Unterholz auf die Kanone gestoßen und habe Munk zeigen wollen, wie man sie abfeuert. Sie würde alle Schuld auf sich nehmen. Schlimmstenfalls könnte Munks Vater sie mit dem nächsten Schiff fortschicken, aber das war ja ohnehin ihr Plan.
    »Habt ihr auf der Farm Schießpulver?«
    »Ein kleines Fass voll«, sagte Munk.
    Sie erklärte ihm, wie viel sie brauchte. Während er es besorgte, reinigte sie das Kanonenrohr, wickelte

Weitere Kostenlose Bücher