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Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer

Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer

Titel: Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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einen vollen Eimer. Schmutzwasser spritzte bis zu Walkers Stiefeln.
    Der Pirat grinste nur. »Wittere ich da den Geist der Meuterei? Darauf stehen zwanzig Stockhiebe, ausgeführt von meinem treuen und gerechtigkeitsliebenden Steuermann.«
    Buenaventure verzog die Lefzen zu etwas, das ein Pitbullgrinsen sein mochte.
    Griffin schnaubte verächtlich, schrubbte aber weiter. »Pure Schikane! Genauso gut könnten das die Geister erledigen.«
    Auf dieselbe Idee war auch Jolly bereits gekommen, hatte aber feststellen müssen, dass sie trotz Munks Zuspruch keinen Erfolg mit ihren Befehlen an die Geister hatte. Sie wusste einfach nicht, wie sie die Nebelwesen unter ihre Kontrolle bringen sollte.
    Walker hatte ihre vergeblichen Versuche voller Schadenfreude verfolgt und sich natürlich geweigert, den Geistern in seiner Position als Kapitän einen Putzbefehl zu geben. Er speiste die drei mit der fadenscheinigen Lüge ab, die Mannschaft müsse dringend für andere Aufgaben eingesetzt werden. Leider bleibe ihm daher keine andere Wahl, als seine Passagiere in die nötigen Arbeiten an Bord mit einzubeziehen. So sei nun einmal das Gesetz auf See, sagte er genüsslich, und unglücklicherweise war er damit im Recht: Selbst Piraten hielten sich an gewisse Regeln.
    »Wenn er noch einmal grinst, werfe ich ihn eigenhändig über Bord«, flüsterte Munk und schrubbte noch heftiger.
    Griffin deutete auf Munks Gürteltasche. »Kannst du ihn nicht in irgendwas verwandeln? Wie wär’s mit einem Jean-Paul?«
    »Zu schwierig.«
    »Dann mach wenigstens, dass ihm die Haare ausfallen. Oder er alle Zähne verliert.«
    »Auch zu schwer.«
    »Himmelherrgott, du kannst Gold machen! Da wird so was doch ein Klacks für dich sein.«
    »Der Geisterhändler hat gesagt, dass es nur wenige Zauber gibt, die schwieriger sind als solche, die Lebewesen verändern - egal wie groß oder klein die Veränderung ist. Tote Gegenstände, ja. Manchmal auch die Elemente. Aber einen Menschen…« Missmutig wrang er seinen Putzlappen aus. »Ich kann’s jedenfalls nicht.«
    Jolly warf einen Blick zu Soledad, die am Bugspriet der Carfax stand und gedankenverloren in die Ferne blickte. Natürlich hatte Walker die Prinzessin von der Order ausgenommen, auf Knien an Deck herumzukriechen und Schweinekot von den Planken zu kratzen. Ohnehin bezweifelte Jolly, dass Soledad sich von Walker irgendetwas hätte befehlen lassen.
    »Ich glaube, ich sehe da noch einen Hufabdruck . ja, genau vor dir, Munk.« Walker paffte zufrieden einen Rauchring. »Und, Jolly, sei doch bitte ein wenig mehr bei der Sache, ja?«
    Buenaventure machte ein Geräusch wie ein Hund, der sich über die Heimkehr von Herrchen und Frauchen freut; diesmal bestand kein Zweifel, dass der Pitbullmann lachte.
    Jolly dachte, sie müsste vor Wut in den Rand ihres Holzeimers beißen.
    Aber sie tat es nicht.
    Sie putzte weiter.
    Die Insel Tortuga hatte ihren Namen aufgrund der eigenwilligen Form ihrer Silhouette am Horizont erhalten: Die ersten französischen Siedler hatten sie La Tortue getauft, die Schildkröte.
    Nur wenige Meilen trennten Tortuga vom Ufer Haitis, einer der größten Landmassen der Karibik. Im Vergleich dazu war Tortuga verschwindend klein. Hätten nicht im vorangegangenen Jahrhundert die ersten karibischen Piraten beschlossen, sich hier anzusiedeln, wäre der ovale Buckel mit seinen Tropenwäldern wohl nur auf den exaktesten aller Karten verzeichnet worden.
    Buenaventure steuerte die Carfax um die unwirtliche Nordküste der Insel, vorbei an Klippen und Felsspitzen, umrundete im Süden eine Riffbarriere und fuhr in den befestigten Hafen ein. Mit seinen zwei schmalen Zugängen war er leicht zu verteidigen. Anders als auf New Providence gab es hier keinen Sandstrand, sondern eine gepflasterte Hafenstraße, gleich oberhalb der Wasserkante. Dahinter erhoben sich Häuser mit ziegelgedeckten Dächern. Jenseits der Stadt erstreckte sich ein wild wuchernder Dschungel aus Mahagonieichen, Eisenholz und Bougainvilleen.
    Es dämmerte bereits, als die Carfax einen günstigen Ankerplatz fand. Im Fall einer überstürzten Flucht konnten sie den Hafen von hier aus zügig verlassen. Bei Anbruch der Dunkelheit waren die Geister kaum zu erkennen, als sie die Segel refften. Walker warnte vor dem Aufsehen, das die schemenhaften Seeleute der Carfax erregen mochten, doch seine Sorge erwies sich als unbegründet: Die meisten Schiffe im Hafen waren verlassen, und die wenigen Wachen an Deck hatten anderes im Sinn, als den

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