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Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer

Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer

Titel: Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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lehrten.
    »Was kann ich für euch tun?«, fragte Silverhand und lehnte seinen gebrechlichen Körper gegen einen Stapel schwarzer Stoffballen. Jolly schätzte, dass er mindestens achtzig war, uralt für diesen Teil der Welt, wo die meisten Männer jung am Galgen oder im Kanonenfeuer starben.
    »Zeig ihm die Spinne«, sagte Walker zu Munk. Munk holte das Kästchen aus seiner Gürteltasche, klappte den Deckel hoch und reichte es dem Flaggennäher.
    »Ein bösartiges Biest, das wette ich«, sagte der alte Mann, nachdem er einen langen Blick auf den Spinnenkadaver geworfen hatte. »Ihr seid also nicht hier, weil euch meine Flaggen interessieren.«
    »Ich find sie toll«, sagte Munk aufrichtig.
    Silverhand grinste mit seinem schiefen Mund. »Bist ein guter Junge. Verrate mir, warum du mir deine Spinne zeigst.«
    »Eigentlich ist es ja -«
    »Meine Spinne«, unterbrach ihn Jolly. »Ich gehöre zur Mannschaft von Captain Bannon. Mein Name ist Jolly.«
    »Bannon?« Silverhand kratzte sich am kahlen Hinterkopf, der so narbig war wie jeder andere Fleck seines Körpers. »Schlimme Sache das. Hab gehört, dass die Maddy abgesoffen ist. Schlimme, schlimme Sache.«
    Jolly erzählte ihm, was geschehen war.
    »Spinnen, so, so.« Silverhand wischte über den oberen Stoffballen, als hätte er just in diesem Moment auch dort eine entdeckt. »Schöne Tiere, ist meine Meinung. Aber gefährlich. Sehr gefährlich. Tödlich wie die Pest.«
    »Ich hab mich gefragt, ob Sie auf Ihren vielen Reisen vielleicht schon mal eine wie die hier gesehen haben.«
    »Seid ihr deshalb gekommen? Weil ich weiter herumgekommen bin als jeder andere?«
    Jolly nickte. »Das hat man uns jedenfalls gesagt.«
    Sie schaute sich um und bemerkte, dass Walker aufmerksam jedem ihrer Worte lauschte, während er sie mit erstaunten Blicken bedachte.
    Sonderbarerweise war es Silverhand, der ihr die Erklärung dafür gab. »Hast viel von Bannon an dir, mein Kind. Die Art wie du redest, die Entschlossenheit in deinem Blick. Wie lange warst du bei ihm?«
    »So lange ich denken kann.«
    »Dann musst du die kleine Quappe sein, die er sich geangelt hat.«
    Abermals nickte sie, obgleich ihr unwohl dabei war.
    »’ne Menge Kerle waren verflucht neidisch auf ihn. Hat Glück gehabt, das hat er. Quappen, das waren damals die wertvollsten Schätze, die man sich denken konnte. Bin zu der Zeit schon nicht mehr zur See gefahren, aber alle haben davon gesprochen. Hier und in den Tavernen und an Bord der Schiffe. Manche schreckten vor nichts zurück, um selbst an eine ranzukommen. Haben gemordet, um euch kleine Biester in die Finger zu kriegen.«
    Jollys Unbehagen wuchs. Sie hatte nicht vergessen, was Munks Vater angedeutet hatte: dass Bannon sie womöglich nicht auf dem Sklavenmarkt gekauft, sondern ihre Eltern getötet und sie selbst verschleppt hatte.
    »Die Spinne«, sagte sie mit bebender Stimme und deutete auf das offene Kästchen in Silverhands Knochenfingern. »Vielleicht werfen Sie noch mal einen Blick darauf.«
    Doch das unversehrte Auge des Alten blieb weiterhin auf sie gerichtet, als hätten alle anderen mit einem Mal die Werkstatt verlassen. Er maß sie mit Blicken, schätzte sie ab, wühlte in ihren Gedanken wie in einer Schublade.
    »Silverhand!« Es war Walkers Stimme, die den Bann schließlich brach. »Wir wollen deine Zeit nicht länger als nötig vergeuden. Kennst du solche Spinnen oder nicht?«
    Der Alte löste seinen Blick nur widerwillig von Jolly und starrte wieder in die Schatulle hinab. »Hmm«, machte er gedehnt. »Ist sicherlich ein seltenes Exemplar. Möchte wetten, dass es vom Festland kommt. Auf den Inseln habe ich jedenfalls noch keine mit so einem Muster gesehen.«
    »Bist du sicher?«, fragte Walker.
    »Nicht sicher. Aber ich müsste mich schon ziemlich täuschen.« Er gab das Kästchen zurück an Munk, der es sofort wegsteckte.
    Jolly war enttäuscht über Silverhands vage Auskunft. Warum zum Teufel hatte der Geisterhändler sie hierher geschickt?
    »Wissen Sie, von wo auf dem Festland sie stammen könnte?«, fragte Munk, als er Jollys Ernüchterung bemerkte.
    »Nein, keine Ahnung.«
    Walker mischte sich wieder ein. »Ganz sicher nicht?« Er zog eine von Munks Dublonen hervor und schnippte sie mit Daumen und Zeigefinger zu dem alten Mann hinüber. Der fing sie auf, ließ sie blitzschnell verschwinden, schüttelte aber nur zum zweiten Mal den Kopf. »Tut mir Leid. Ich würd’s euch sagen, wenn ich’s wüsste.«
    Walker atmete tief durch, klopfte Jolly auf

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