Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer
ja auch nicht gesagt, dass du in einen der beiden verliebt bist, sondern umgekehrt. Obwohl ich nicht mal so sicher bin .«
»Oh, da mach dir keine Sorgen!«
Soledad lächelte verstohlen. »Ich wollte dir nur den Rat geben, aufzupassen. Du scheinst noch einiges vorzuhaben, wenn es dir mit deiner Rede vorhin ernst war. Deine beiden Freunde werden diese Sache nicht einfacher machen. Kein Feind ist schlimmer als der in den eigenen Reihen.«
»Du glaubst, einer von beiden könnte uns verraten? Aus Eifersucht?« Sie schüttelte abermals den Kopf.
»Wegen mir?«
»Männer tun dumme Dinge, wenn sie nicht mehr mit dem Kopf denken.«
Jolly winkte ab. »Achte du lieber auf Walker. Ich habe gesehen, wie er dich anstarrt.«
Soledad grinste. »Ein Mann allein ist so berechenbar wie die Zeche einer Nonne. Solange Buenaventure nicht den Rüden herauskehrt, werde ich mit Walker fertig. Man gewöhnt sich an so was.« Ihre Augen blitzten. »Du bist ein hübsches Mädchen, Jolly . Ich weiß, das willst du nicht hören. Aber es ist die Wahrheit. Und irgendwann einmal wirst du eine sehr schöne Frau sein. Es schadet nicht, wenn du lernst, das Amüsante an solchen Situationen zu erkennen. Und, wer weiß, vielleicht wird der gute Captain uns noch ganz nützlich sein.«
»Genau wie Griffin und Munk.«
Soledad seufzte. »Du musst nicht zugeben, dass ich Recht habe. Halt einfach nur die Augen offen. Und tu nichts, das sie gegeneinander aufbringen könnte. Ein Pulverfass ist harmlos dagegen, glaub mir.«
Soledad wandte sich dem Steuer zu. Für sie war das Gespräch beendet.
Jolly lehnte sich mit beiden Händen auf das Geländer der Brücke und blickte hinunter zum Hauptdeck. Munk und Griffin plagten sich fluchend mit den toten Fischen ab. Sie fegten die Kadaver auf Haufen, um sie über Bord zu werfen. Trotz der widerlichen Aufgabe arbeiteten sie zusammen wie gute Freunde.
Aber hatte Soledad womöglich Recht? Täuschte die Eintracht der beiden?
Wie ein Pulverfass, hatte sie gesagt.
Tu nichts, das sie gegeneinander aufbringen könnte.
Tortuga
In einem jedenfalls behielt Walker Recht, das hatte die Begegnung mit den Klabautern gezeigt: Die Schweine mussten von Bord.
Das unbekannte Wesen, das die Heere der Tiefen Stämme angeführt und den Fischregen über sie gebracht hatte, konnte Jolly und Munk auf der Carfax nicht bemerkt haben - was ansonsten passiert wäre, das wollte sich Jolly lieber nicht ausmalen. Aber sie durften kein zweites Mal das Risiko eingehen, dass die saftige Beute im Unterdeck die Klabauter anlockte.
Natürlich weigerte sich Jolly nach wie vor, die Jean-Pauls kurzerhand über Bord zu treiben. Munk und Griffin unterstützten sie, während Soledad sich aus dem Streit heraushielt. Walker schrie Zeter und Mordio, bis ihm einfiel, dass ihre Route nach Tortuga sie an einer Insel vorüberführte, auf der eine Hand voll Missionare ein kleines Kloster unterhielt. Mit Jollys Einwilligung nahm er Kurs auf das Eiland. Dass er dabei auf ein kleines Nebeneinkommen spekulierte, verschwieg er wohlweislich. Sie erreichten die Insel ohne einen allzu großen Umweg am dritten Tag ihrer Fahrt. Klabauter begegneten ihnen unterwegs keine mehr. Die Reise ging bei gutem Wind zügig voran, und Walker machte ihnen Hoffnungen, dass sie Tortuga schon am nächsten Tag erreichen würden.
Mit Hilfe der hocherfreuten und dankbaren Mönche schafften sie die Jean-Pauls von Bord. Jedes einzelne der riesigen Mastschweine musste aus dem Laderaum getrieben, mit einem Seilzug auf ein Beiboot verladen und an Land gerudert werden. Die Arbeit war eine schweißtreibende und langwierige Plackerei, die sie entgegen Walkers Voraussage um einen ganzen Tag zurückwarf. Jolly war glücklich und zufrieden, als sie den Mönchen das letzte Schwein übergaben. Ungeachtet all des Drecks und des Schweinekots war sie sicher, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatten.
Es blieb ihr und den beiden Jungen überlassen, den Laderaum zu reinigen und anschließend das Deck zu schrubben. Walker beaufsichtigte sie wie ein Sklaventreiber: Seine Arbeiter wachsam im Auge, bedacht auf jeden Schmierfleck, lehnte er sich geruhsam zurück und steckte sich eine Meerschaumpfeife an.
»Wie wär’s, wenn du uns helfen würdest?«, fragte Griffin verbissen.
»Ich bin der Captain«, erwiderte Walker achselzuckend, »ihr nicht. Ein kleiner, aber bedeutsamer Unterschied.«
»Ach was, putz deinen dämlichen Kahn doch selbst!«
Griffin schleuderte seine Bürste mit Wucht in
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