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Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber

Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber

Titel: Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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zu schlagen.
    Die Berührung auf ihrer Wange fühlte sich an wie ein hauchzarter Kuss. Es war fast, als wollte der Fisch ihr Gesicht beschnuppern oder mit anderen Sinnen erforschen. Jolly stutzte, als weitere Fische ihre Hände berührten und sich an ihrer Kleidung rieben. Sie hatte Bisse befürchtet, ganz sicher Schmerzen. Doch alles, was sie spürte, war dieses zarte Tasten überall an ihrem Körper.
    Vor ihrem Aufbruch hatte man ihnen dünne, dunkle Lederkleidung gegeben, die eng am Körper anlag und deren eingeölte Oberfläche die Fortbewegung in der Tiefe erleichtern sollte. Zudem hatte sie den Vorteil, dass sie sich nicht mit Wasser voll saugte. Sie ähnelte ein bisschen den Uniformen der Garde, allerdings ohne Muschelaufsätze und andere Verstärkungen. Zweiteilig, mit einem breiten Gürtel. Schmucklos und so dunkel, dass sie ihnen auch als Tarnung diente.
    Eine schöne Tarnung, wenn gleich die ersten Lebewesen, denen sie begegneten, zielsicher über sie herfielen.
    Munk schlug noch immer mit beiden Armen um sich. Ohne Erfolg. Jeden Moment mussten sie den Grund der Schlucht erreichen, einen schmalen Geröllstreifen, dessen Oberfläche mit dem allgegenwärtigen Tiefseestaub überzogen war.
    Jolly berührte als Erste den Boden, umhüllt von der Wolke aus Leuchtfischen. Sie hatte sich wieder gedreht und kam mit den Füßen zuerst auf. Anders als Munk hatte sie es aufgegeben, sich zu wehren. Die Fische bedeckten fast ihren ganzen Körper. Arme und Beine waren lückenlos umhüllt, selbst an ihrem Gesicht mussten zehn oder zwanzig haften. Sie unterdrückte ihre Panik und hielt sich mühsam unter Kontrolle.
    Die Fische hatten sich mit ihren winzigen Mäulern an ihr festgesaugt, aber sie bissen noch immer nicht und verrieten auch ansonsten durch nichts, dass sie in Jolly und Munk ein schmackhaftes Abendessen sahen.
    »Munk, halt still!«, rief sie ihm zu. Die Fische in ihrem Gesicht wippten und wogten, als sie ihre Lippen bewegte. Die Helligkeit, die von den Tieren ausging, war erstaunlich, wenn auch nicht gleißend genug, um sie zu blenden.
    »Munk!«, versuchte sie es erneut. »Sie tun uns nichts!«
    Er erstarrte mitten in der Bewegung, so als hätte sie ihn mit einer Ohrfeige aus seinem panischen Veitstanz gerissen. Wie sehr er sich auch gewehrt hatte, die Fische hafteten überall an ihm, vollkommen unbeeindruckt von seinen Schlägen und Tritten.
    »Sie sind harmlos«, sagte Jolly sanft und musste gegen ihren Willen kichern, als eines der Tiere gegen ihre Nasenspitze stupste und mit der Mundöffnung kleben blieb.
    »Ich weiß nicht, was es da zu lachen gibt!«, stieß Munk wütend hervor, schien sich aber allmählich zu beruhigen. Er gab ein merkwürdiges Bild ab, wie er da ein paar Schritt entfernt vor der Felswand stand - eine klobige Gestalt aus purem Licht, so als hätte jemand in schwarzes Papier den Umriss eines Menschen geschnitten und hielte die Öffnung nun gegen das Tageslicht.
    »Vielleicht sind sie Spione oder so was.« Munk gab sich merklich Mühe, die Lippen beim Sprechen nicht allzu weit zu öffnen, wohl aus Angst, einer der Fische könnte hindurchschlüpfen.
    »Spione des Mahlstroms?« Einen Moment lang erschrak Jolly. Dann aber sagte sie sich, dass der Mahlstrom keine Spione aussenden würde, sondern Mörder, um sie auf der Stelle zu töten. Er hätte Klabauter geschickt oder Ungeheuer wie den Acherus, keine niedlichen kleinen Leuchtfische.
    Sie versuchte, sich vom Boden abzustoßen, um zu Munk hinüberzuschweben. Es gelang ihr nicht. Etwas ließ sie mit den Füßen am Grund kleben wie einen Nagel an einem Magneten.
    »Sie halten uns fest!« Nun kam doch wieder so etwas wie Panik in ihr auf. Rasch kämpfte sie das Gefühl nieder, wenn auch nur mäßig erfolgreich.
    Munk wollte etwas sagen, dann versteinerte seine Miene. »Hörst du das?«, fragte er nach einer kurzen Pause.
    Im ersten Moment glaubte sie, der Laut würde auf irgendeine Weise von den Fischen erzeugt: ein dumpfes Brummen und Grollen, das von allen Seiten zu kommen schien. Aber es klang ganz anders als die Geräusche, die sie in den fischreichen Gewässern unterhalb Aeleniums gehört hatten.
    Munk schaute hinauf. Der obere Rand der Felswände war zu hoch, als dass man etwas hätte erkennen können; so weit reichte die Quappensicht nicht.
    »Munk!«
    Seine Kopfbewegung erzeugte einen Schweif aus Licht, als die Fische an seinem Schädel mit zu Jolly herumwirbelten.
    Sie deutete auf den Boden. »Sieh dir das an.«
    Die Staubschicht auf

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