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Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber

Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber

Titel: Die Wellenläufer 03 - Die Wasserweber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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den Felsen bewegte sich, tanzte kaum merklich auf und nieder. Jetzt spürte Jolly es auch in ihren Beinen. Der gesamte Untergrund vibrierte, ganz leicht nur, aber beständig.
    »Ein Erdbeben!«, rief Munk und presste sich instinktiv gegen die Felswand. Leuchtfische huschten hinter seinem Rücken hervor und saugten sich anderswo an ihm fest, um nicht zerdrückt zu werden.
    Jolly horchte angestrengt. Das Grollen wurde lauter, kam näher. Jetzt immer schneller. Der Staub vibrierte heftiger. Ihre größte Sorge war, dass sich über ihnen Felsstücke lösen könnten. Hielten die Fische sie deshalb am Grund der Schlucht fest? Damit sie von dem Beben verschüttet wurden?
    Das dumpfe Dröhnen schwoll jetzt zu einer Lautstärke an, die Munks Stimme übertönte. Jolly sah, dass er den Mund bewegte, aber sie verstand ihn nicht. Ihr Blick schwenkte an den Felsen nach oben.
    Dort tat sich etwas.
    Es sah aus, als sei die Dunkelheit selbst in Wallung geraten. Jolly konnte nicht recht erkennen, was es war. Das Wasser? Oder aufgewühlter Staub? Die Finsternis über ihr schien zu kochen, gerade noch am Rande ihres Blickfeldes. Jetzt begann Sand herabzurieseln. Vermutlich war es nur eine Frage der Zeit, bis auch größere Teile herunterstürzen würden.
    Der Lärm wurde ohrenbetäubend. Jolly wollte sich die Hände auf die Ohren pressen, ehe sie bemerkte, dass sich bereits Fische in ihre Ohrmuscheln geschoben hatten und die Geräusche dämpften. In Wahrheit musste das Dröhnen und Grollen also noch viel lauter sein.
    Munk begann erneut, hektisch um sich zu schlagen. Auch Jolly verlor ihre Selbstbeherrschung und versuchte, die Fische von ihrem Körper zu streifen, nun wieder völlig im Ungewissen darüber, ob die Tiere ihr nun helfen oder sie hier unten den einstürzenden Felsen ausliefern wollten.
    Etwas tobte über die Schlucht hinweg. Wie ein Sturm -oder eine mächtige Hand - strich es über das Gestein und ließ die gesamte Umgebung erzittern.
    Erst ganz allmählich wurde es wieder schwächer. Noch rieselte Staub in feinen Vorhängen herab, aber der Lärm ließ nach. Auch der Untergrund beruhigte sich. Das Beben erstarb.
    Dann herrschte Stille.
    Wie auf ein stummes Kommando lösten sich auf einen Schlag alle Fische von den beiden Quappen und strömten auseinander. Einen Augenblick lang waren Jolly und Munk in einem glühenden, wirbelnden Chaos gefangen, dann hob sich der Schwarm in einer pulsierenden Bewegung vom Grund der Schlucht und schoss in einer wolkigen Formation nach oben. In Windeseile war auch der letzte Fisch jenseits der Felskante verschwunden.
    Jolly sank auf die Knie und rieb sich die Augen. Angesichts des plötzlichen Dämmerlichts kam es ihr einen Moment lang vor, als wäre sie blind. Munk machte zwei, drei stolpernde Schritte, dann lehnte er sich wieder gegen die Felswand und atmete schwer.
    »Was zum Teufel war denn das?« Er klang jetzt heiser, so als hätte er tatsächlich einen der Fische verschluckt. Aber es war nur der Schrecken, der sich wie ein Klumpen in seinem Hals festgesetzt hatte.
    »Woher soll ich das wissen?« Jolly rappelte sich mühsam hoch, stützte sich mit einer Hand an einem Felsen ab und versuchte, einen klaren Kopf zu bekommen. Ihre Gedanken ordneten sich nur ganz allmählich, aber sie hatte noch immer Mühe, mit der nötigen Vernunft zu erfassen, was gerade geschehen war.
    Etwas war über die Felsen hinweggedonnert. Die Fische hatten sie davor beschützt, indem sie sie am Boden der Spalte festgehalten hatten. Sie waren gerettet worden, wovor auch immer.
    »War er das?«, fragte Munk.
    Sie war versucht, Ich weiß nicht zu sagen, aber dann nickte sie. »Der Geisterhändler hat von den Strömungen gesprochen und -«
    »Strömungen?« Er ballte die Fäuste und hieb sie hilflos gegen das Gestein in seinem Rücken. »Das hier war… ich weiß nicht, so was wie eine Flutwelle!«
    »Zumindest ist er nicht besonders vorsichtig. Beim nächsten Mal wird uns das vielleicht früh genug warnen.« Sie stieß sich versuchsweise vom Boden ab und schwebte mühelos einige Schritt weit nach oben.
    »Was mir viel mehr Kopfzerbrechen bereitet, ist die Frage -«
    Munk beendete den Satz: »Wer die waren?«
    »Allerdings.«
    »Keine normalen Fische, oder?«
    Sie schüttelte den Kopf, weil sie darauf beim besten Willen keine Antwort wusste. Ihr fiel nur eine Macht ein, die ihnen hier unten zur Hilfe kommen mochte. Die Wasserweberinnen. Doch als Jolly den drei seltsamen Alten begegnet war, hatte es nicht den Anschein

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