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Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Titel: Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schopenhauer
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Kausalitätsgesetzes den allein gültigen Beweis, nämlich den aus der Möglichkeit der objektiven empirischen Anschauung selbst, zu führen mir überlassen hat, und statt dessen einen offenbar falschen giebt, wie ich dies schon in meiner Abhandlung über den Satz vom Grunde, § 23, dargethan habe. – Aus Obigem ist klar, daß Kants »Gegenstand der Vorstellung« (2) zusammengesetzt ist aus Dem, was er theils der Vorstellung (1), theils dem Ding an sich (3) geraubt hat. Wenn wirklich die Erfahrung nur dadurch zu Stande käme, daß unser Verstand zwölf verschiedene Funktionen anwendete, um durch eben so viele Begriffe a priori die Gegenstände, welche vorher bloß angeschaut wurden, zu denken ; so müßte jedes wirkliche Ding als solches eine Menge Bestimmungen haben, welche als a priori gegeben, sich, eben wie Raum und Zeit, schlechterdings nicht wegdenken ließen, sondern ganz wesentlich zum Daseyn des Dinges gehörten, jedoch nicht abzuleiten wären aus den Eigenschaften des Raumes und der Zeit. Aber nur eine einzige dergleichen Bestimmung ist anzutreffen: die der Kausalität. Auf dieser beruht die Materialität, da das Wesen der Materie im Wirken besteht und sie durch und durch Kausalität ist (siehe Bd. II, Kap. 4). Materialität aber ist es allein, die das reale Ding vom Phantasiebilde, welches denn doch nur Vorstellung ist, unterscheidet. Denn die Materie, als beharrend, giebt dem Dinge die Beharrlichkeit durch alle Zeit, seiner Materie nach, während die Formen wechseln, in Gemäßheit der Kausalität. Alles Uebrige am Dinge sind entweder Bestimmungen des Raumes, oder der Zelt, oder seine empirischen Eigenschaften, die alle zurücklaufen auf seine Wirksamkeit, also nähere Bestimmungen der Kausalität sind. Die Kausalität aber geht schon als Bedingung in die empirische Anschauung ein, welche demnach Sache des Verstandes ist, der schon die Anschauung möglich macht, außer dem Kausalitätsgesetze aber zur Erfahrung und ihrer Möglichkeit nichts beiträgt. Was die alten Ontologien füllt, ist, außer dem hier Angegebenen, nichts weiter als Verhältnisse der Dinge zu einander, oder zu unserer Reflexion, und zusammengeraffte farrago .
    Ein Merkmal der Grundlosigkeit der Kategorienlehre giebt schon der Vortrag derselben. Welch ein Abstand, in dieser Hinsicht, zwischen der transscendentalen Aesthetik und der transscendentalen Analytik ! Dort , welche Klarheit, Bestimmtheit, Sicherheit, feste Ueberzeugung, die sich unverhohlen ausspricht und unfehlbar mittheilt! Alles ist lichtvoll, keine finstren Schlupfwinkel sind gelassen: Kant weiß was er will, und weiß daß er Recht hat. Hier hingegen ist Alles dunkel, verworren, unbestimmt, schwankend, unsicher, der Vorgang ängstlich, voll Entschuldigungen und Berufungen auf Kommendes, oder gar Zurückbehaltenes. Auch ist der ganze zweite und dritte Abschnitt der Deduktion der reinen Verstandesbegriffe in der zweiten Auflage völlig geändert, weil er Kanten selbst nicht genügte, und ist ein ganz anderer, als in der ersten, jedoch nicht klarer geworden. Man sieht wirklich Kanten im Kampfe mit der Wahrheit, um seine ein Mal beschlossene Lehrmeinung durchzusetzen. In der transscendentalen Aesthetik sind alle seine Lehrsätze wirklich bewiesen, aus unleugbaren Thatsachen des Bewußtseins; in der transscendentalen Analytik hingegen finden wir, wenn wir es beim Lichte betrachten, bloße Behauptungen, daß es so sei und seyn müsse. Also hier, wie überall, trägt der Vortrag das Gepräge des Denkens, aus dem er hervorgegangen: denn der Stil ist die Physiognomie des Geistes. – Noch ist zu bemerken, daß Kant, so oft er, zur näheren Erörterung, ein Beispiel geben will, fast jedesmal die Kategorie der Kausalität dazu nimmt, wo das Gesagte dann richtig ausfällt, – weil eben das Kausalitätsgesetz die wirkliche, aber auch alleinige Form des Verstandes ist, und die übrigen elf Kategorien nur blinde Fenster sind. Die Deduktion der Kategorien ist in der ersten Auflage einfacher und unumwundener, als in der zweiten. Er bemüht sich darzulegen, wie nach der von der Sinnlichkeit gegebenen Anschauung, der Verstand, mittelst des Denkens der Kategorien, die Erfahrung zu Stande bringt. Dabei werden die Ausdrücke Rekognition, Reproduktion, Association, Apprehension, transscendentale Einheit der Apperception, bis zur Ermüdung wiederholt und doch keine Deutlichkeit erreicht. Höchst beachtenswerth ist es aber, daß er bei dieser Auseinandersetzung nicht ein einziges Mal berührt,

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