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Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Titel: Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schopenhauer
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was doch Jedem zuerst einfallen muß, das Beziehn der Sinnesempfindung auf ihre äußere Ursache. Wollte er dasselbe nicht gelten lassen, so mußte er es ausdrücklich leugnen; aber auch dies thut er nicht. Er schleicht also darum herum, und alle Kantianer sind ihm eben so nachgeschlichen. Das geheime Motiv hiezu ist, daß er den Kausalnexus unter dem Namen »Grund der Erscheinung« für seine falsche Ableitung des Dinges an sich aufspart; und nächstdem, daß durch die Beziehung auf die Ursache die Anschauung intellektual würde, was er nicht zugeben darf. Ueberdies scheint er gefürchtet zu haben, daß wenn man den Kausalnexus zwischen Sinnesempfindung und Objekt gelten läßt, letzteres sofort zum Ding an sich werden und den Locke'schen Empirismus einführen würde. Diese Schwierigkeit aber wird beseitigt durch die Besonnenheit, welche uns vorhält, daß das Kausalitätsgesetz subjektiven Ursprungs ist, so gut wie die Sinnesempfindung selbst, überdies auch der eigene Leib, sofern er im Raum erscheint, bereits zu den Vorstellungen gehört. Aber Dies einzugestehn verhinderte Kanten seine Furcht vor dem Berkeleyschen Idealismus.
    Als die wesentliche Operation des Verstandes mittelst seiner zwölf Kategorien wird wiederholentlich angegeben »die Verbindung des Mannigfaltigen der Anschauung«: jedoch wird Dies nie gehörig erläutert, noch gezeigt, was denn dieses Mannigfaltige der Anschauung vor der Verbindung durch den Verstand sei. Nun aber sind die Zeit und der Raum, dieser in allen seinen drei Dimensionen, Continua , d.h. alle ihre Theile sind ursprünglich nicht getrennt, sondern verbunden. Sie aber sind die durchgängigen Formen unserer Anschauung: also erscheint auch Alles, was in ihnen sich darstellt (gegeben wird), schon ursprünglich als Continuum , d.h. seine Theile treten schon als verbunden auf und bedürfen keiner hinzukommenden Verbindung des Mannigfaltigen. Wollte man aber jene Vereinigung des Mannigfaltigen der Anschauung etwan dahin auslegen, daß ich die verschiedenen Sinneseindrücke von einem Objekt doch nur auf dieses eine beziehe, also z.B. eine Glocke anschauend, erkenne, daß Das, was mein Auge als gelb, meine Hände als glatt und hart, mein Ohr als tönend afficirt, doch nur ein und der selbe Körper sei; so ist dies vielmehr eine Folge der Erkenntniß a priori vom Kausalnexus (dieser wirklichen und alleinigen Funktion des Verstandes), vermöge welcher alle jene verschiedenen Einwirkungen auf meine verschiedenen Sinnesorgane mich doch nur auf eine gemeinsame Ursache derselben, nämlich die Beschaffenheit des vor mir stehenden Körpers, hinleiten, so daß mein Verstand, ungeachtet der Verschiedenheit und Vielheit der Wirkungen, doch die Einheit der Ursache als ein einziges, sich eben dadurch anschaulich darstellendes Objekt apprehendirt. – In der schönen Rekapitulation seiner Lehre, welche Kant in der »Kritik der reinen Vernunft«, S. 719-726, oder v, 747-754, giebt, erklärt er die Kategorien vielleicht deutlicher als irgendwo, nämlich als »die bloße Regel der Synthesis Desjenigen, was die Wahrnehmung a posteriori geben mag«. Ihm scheint dabei so etwas vorzuschweben, wie daß, bei der Konstruktion des Triangels, die Winkel die Regel der Zusammensetzung der Linien geben: wenigstens kann man an diesem Bilde sich was er von der Funktion der Kategorien sagt am besten erläutern. Die Vorrede zu den »Metaphysischen Anfangsgründen der Naturwissenschaft« enthält eine lange Anmerkung, welche ebenfalls eine Erklärung der Kategorien liefert und besagt, daß sie »von den formalen Verstandeshandlungen im Urtheilen in nichts unterschieden seien«, als darin, daß in letzteren Subjekt und Prädikat allenfalls ihre Stelle vertauschen können; sodann wird daselbst das Unheil überhaupt definirt als »eine Handlung, durch die gegebene Vorstellungen zuerst Erkenntnisse eines Objekts werden«. Hienach müßten die Thiere, da sie nicht urtheilen, auch gar keine Objekte erkennen. Ueberhaupt giebt es, nach Kant, von den Objekten bloß Begriffe, keine Anschauungen. Ich hingegen sage: Objekte sind zunächst nur für die Anschauung da, und Begriffe sind allemal Abstraktionen aus dieser Anschauung. Daher muß das abstrakte Denken sich genau nach der in der Anschauung vorhandenen Welt richten, da bloß die Beziehung auf diese den Begriffen Inhalt giebt, und wir dürfen für die Begriffe keine andere a priori bestimmte Form annehmen, als die Fähigkeit zur Reflexion überhaupt, deren Wesen die Bildung der

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