Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)
durch die Sinne geschehenden Anschauung in der Mitte steht, auch zwischen dem Anschauungsvermögen a priori der reinen Sinnlichkeit und dem Denkvermögen a priori des reinen Verstandes (also den Kategorien) dergleichen Schemata der reinen Verstandesbegriffe a priori vorhanden seien, welche Schemata er, als Monogramme der reinen Einbildungskraft a priori , stückweise beschreibt und jedes derselben der ihm entsprechenden Kategorie zutheilt, in dem wunderlichen »Hauptstück vom Schematismus der reinen Verstandesbegriffe«, welches als höchst dunkel berühmt ist, weil kein Mensch je hat daraus klug werden können; dessen Dunkelheit jedoch sich aufhellt, wenn man es von dem hier gegebenen Standpunkt aus betrachtet, wo denn aber auch mehr, als irgendwo, die Absichtlichkeit seines Verfahrens und der zum voraus gefaßte Entschluß, zu finden was der Analogie entspräche und der architektonischen Symmetrie dienen könnte, an den Tag tritt: ja, dies ist hier in einem Grade der Fall, der die Sache an das Komische heranführt. Denn indem er den empirischen Schematen (oder Repräsentanten unserer wirklichen Begriffe durch die Phantasie) analoge Schemata der reinen ( inhaltslosen ) Verstandesbegriffe a priori (Kategorien) annimmt, übersieht er, daß der Zweck solcher Schemata hier ganz wegfällt. Denn der Zweck der Schemata beim empirischen (wirklichen) Denken bezieht sich ganz allein auf den materiellen Inhalt solcher Begriffe: da nämlich diese aus der empirischen Anschauung abgezogen sind, helfen und orientiren wir uns dadurch, daß wir beim abstrakten Denken zwischendurch ein Mal auf die Anschauung, daraus die Begriffe entnommen sind, einen flüchtigen Rückblick werfen, uns zu versichern, daß unser Denken noch realen Gehalt habe. Dies setzt aber nothwendig voraus, daß die uns beschäftigenden Begriffe aus der Anschauung entsprungen seien, und ist ein bloßes Zurücksehn auf ihren materialen Inhalt, ja ein bloßes Hülfsmittel unserer Schwäche. Aber bei Begriffen a priori , als welche noch gar keinen Inhalt haben, fällt offenbar dergleichen nothwendig weg: denn diese sind nicht aus der Anschauung entsprungen, sondern kommen ihr von innen entgegen, um aus ihr einen Inhalt erst zu empfangen, haben also noch nichts, worauf sie zurücksehn könnten. Ich bin hiebei weitläuftig, weil gerade Dieses auf den geheimen Hergang des Kantischen Philosophirens Licht wirft, der demnach darin besteht, daß Kant, nach der glücklichen Entdeckung der beiden Anschauungsformen a priori , nunmehr, am Leitfaden der Analogie, für jede Bestimmung unserer empirischen Erkenntniß ein Analogen a priori darzuthun sich bestrebt, und Dies zuletzt, in den Schematen, sogar auf eine bloß psychologische Thatsache ausdehnt, wobei der anscheinende Tiefsinn und die Schwierigkeit der Darstellung gerade dienen, dem Leser zu verbergen, daß der Inhalt derselben eine ganz unerweisliche und bloß willkürliche Annahme bleibt: Der aber, welcher in den Sinn solcher Darstellung endlich eindringt, wird dann leicht verleitet, dies mühsam erlangte Verständniß für die Ueberzeugung von der Wahrheit der Sache zu halten. Hätte hingegen Kant, wie bei der Entdeckung der Anschauungen a priori , auch hier sich unbefangen und rein beobachtend verhalten; so müßte er gefunden haben, daß was zur reinen Anschauung des Raumes und der Zeit hinzukommt, wenn aus ihr eine empirische wird, einerseits die Empfindung und andererseits die Erkenntniß der Kausalität ist, welche die bloße Empfindung in objektive empirische Anschauung verwandelt, eben deshalb aber nicht erst aus dieser entlehnt und erlernt, sondern a priori vorhanden und eben die Form und Funktion des reinen Verstandes ist, aber auch seine einzige, jedoch eine so folgenreiche, daß alle unsere empirische Erkenntniß auf ihr beruht. – Wenn, wie oft gesagt worden, die Widerlegung eines Irrthums erst dadurch vollständig wird, daß man seine Entstehungsart psychologisch nachweist; so glaube ich Dieses im Obigen, in Hinsicht auf Kants Lehre von den Kategorien und ihren Schematen, geleistet zu haben.
Nachdem nun Kant in die ersten einfachen Grundzüge einer Theorie des Vorstellungsvermögens so große Fehler gebracht hatte, gerieth er auf vielfältige, sehr zusammengesetzte Annahmen. Dahin gehört zuvörderst die synthetische Einheit der Apperception: ein sehr wunderliches Ding, sehr wunderlich dargestellt. »Das Ich denke muß alle meine Vorstellungen begleiten können.« Muß – können: dies ist eine
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