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Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Titel: Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schopenhauer
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früher in der bloßen Vorstellung, als an sich selbst vorhanden gewesen; während bei mir der erkenntnißlose Wille es ist, der die Realität der Dinge begründet, deren Entwickelung schon sehr weit gediehen seyn muß, ehe es endlich, im animalen Bewußtseyn, zur Vorstellung und Intelligenz kommt; so daß bei mir das Denken als das Allerletzte auftritt. Inzwischen hat, nach dem Zeugniß des Aristoteles (Metaph., I, 4) , Anaxagoras selbst mit seinem nous nicht viel anzufangen gewußt, sondern ihn nur aufgestellt und dann eben stehn lassen, wie einen gemalten Heiligen am Eingang, ohne zu seinen Entwickelungen der Natur sich desselben zu bedienen, es sei denn in Nothfällen, wann er sich ein Mal nicht anders zu helfen wußte. – Alle Physikotheologie ist eine Ausführung des, der (Anfangs dieses Kapitels ausgesprochenen) Wahrheit entgegenstehenden, Irrthums, daß nämlich die vollkommenste Art der Entstehung der Dinge, die durch Vermittelung eines Intellekts sei. Daher eben schiebt dieselbe aller tiefern Ergründung der Natur einen Riegel vor.
    Seit Sokrates' Zeit und bis auf die unserige finden wir als einen Hauptgegenstand des unaufhörlichen Disputirens der Philosophen jenes ens rationis , genannt Seele . Wir sehn die Meisten die Unsterblichkeit, welches sagen will, die metaphysische Wesenheit, derselben behaupten, Andere jedoch, gestützt auf Thatsachen, welche die gänzliche Abhängigkeit des Intellekts von körperlichen Organen unwidersprechlich darthun, den Widerspruch dagegen unermüdet aufrecht erhalten. Jene Seele wurde von Allen und vor Allem als schlechthin einfach genommen: denn gerade hieraus wurde ihr metaphysisches Wesen, ihre Immaterialität und Unsterblichkeit bewiesen; obgleich diese gar nicht ein Mal nothwendig daraus folgt; denn, wenn wir auch die Zerstörung eines geformten Körpers uns nur durch Zerlegung in seine Theile denken können; so folgt daraus nicht, daß die Zerstörung eines einfachen Wesens, von dem wir ohnehin keinen Begriff haben, nicht auf irgend eine andere Art, etwan durch allmäliges Schwinden, möglich sei. Ich hingegen gehe davon aus, daß ich die vorausgesetzte Einfachheit unsers subjektiv bewußten Wesens, oder des Ichs, aufhebe, indem ich nachweise, daß die Aeußerungen, aus welchen man dieselbe folgerte, zwei sehr verschiedene Quellen haben, und daß allerdings der Intellekt physisch bedingt, die Funktion eines materiellen Organs, daher von diesem abhängig, und ohne dasselbe so unmöglich sei, wie das Greifen ohne die Hand, daß er demnach zur bloßen Erscheinung gehöre und also das Schicksal dieser theile, – daß hingegen der Wille an kein specielles Organ gebunden, sondern überall gegenwärtig, überall das eigentlich Bewegende und Bildende, mithin das Bedingende des ganzen Organismus sei, daß er in der That das metaphysische Substrat der gesammten Erscheinung ausmache, folglich nicht, wie der Intellekt, ein Posterius , sondern das Prius derselben, und diese von ihm, nicht er von ihr, abhängig sei. Der Leib aber wird sogar zu einer bloßen Vorstellung herabgesetzt, indem er nur die Art ist, wie in der Anschauung des Intellekts, oder Gehirns, der Wille sich darstellt. Der Wille hingegen, welcher in allen früheren, sonst noch so verschiedenen Systemen als eines der letzten Ergebnisse auftritt, ist bei mir das Allererste. Der Intellekt wird, als bloße Funktion des Gehirns, vom Untergang des Leibes mitgetroffen; hingegen keineswegs der Wille. Aus dieser Heterogeneität Beider, nebst der sekundären Natur des Intellekts, wird es begreiflich, daß der Mensch, in der Tiefe seines Selbstbewußtseyns, sich ewig und unzerstörbar fühlt, dennoch aber keine Erinnerung, weder a parte ante noch a parte post , über seine Lebensdauer hinaus haben kann. Ich will hier nicht der Erörterung der wahren Unzerstörbarkeit unsers Wesens, als welche ihre Stelle im vierten Buche hat, vorgreifen, sondern habe nur die Stelle, an welche sie sich knüpft, bezeichnen wollen.
    Daß nun aber, in einem allerdings einseitigen, jedoch von unserm Standpunkt aus wahren Ausdrucke, der Leib eine bloße Vorstellung genannt wird, beruht darauf, daß ein Daseyn im Raum, als ein ausgedehntes, und in der Zeit, als ein sich änderndes, in Beiden aber durch Kausalnexus näher bestimmtes, nur möglich ist in der Vorstellung , als auf deren Formen jene Bestimmungen sämmtlich beruhen, also in einem Gehirn, in welchem demnach ein solches Daseyn als ein objektives, d.h. ein fremdes, auftritt. Daher kann

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