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Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition)

Titel: Die Welt als Wille und Vorstellung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schopenhauer
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violente, il me semble toujours que, quelque[s] soient les obstacles qui les séparent, un mari, des parens etc., les deux amans sont l'un à l'autre, de par la Nature , qu'ils s'appartiennent de droit divin , malgré les lois et les conventions humaines. . Wer sich hierüber ereifern wollte, wäre auf die auffallende Nachsicht zu verweisen, welche der Heiland im Evangelio der Ehebrecherin widerfahren läßt, indem er zugleich die selbe Schuld bei allen Anwesenden voraussetzt. – Der größte Theil des Dekameron erscheint, von diesem Gesichtspunkt aus, als bloßer Spott und Hohn des Genius der Gattung über die von ihm mit Füßen getretenen Rechte und Interessen der Individuen, – Mit gleicher Leichtigkeit werden Standesunterschiede und alle ähnlichen Verhältnisse, wann sie der Verbindung leidenschaftlich Liebender entgegenstehn, beseitigt und für nichtig erklärt vom Genius der Gattung, der seine, endlosen Generationen angehörenden Zwecke verfolgend solche Menschensatzungen und Bedenken wie Spreu wegbläst. Aus dem selben tief liegenden Grunde wird, wo es die Zwecke verliebter Leidenschaft gilt, jede Gefahr willig übernommen und selbst der sonst Zaghafte wird hier muthig. – Auch im Schauspiele und im Roman sehn wir, mit freudigem Antheil, die jungen Leute, welche ihre Liebeshändel, d.i. das Interesse der Gattung, verfechten, den Sieg davontragen über die Alten, welche nur auf das Wohl der Individuen bedacht sind. Denn das Streben der Liebenden scheint uns um so viel wichtiger, erhabener und deshalb gerechter, als jedes ihm etwan entgegenstehende, wie die Gattung bedeutender ist, als das Individuum. Demgemäß ist das Grundthema fast aller Komödien das Auftreten des Genius der Gattung mit seinen Zwecken, welche dem persönlichen Interesse der dargestellten Individuen zuwiderlaufen und daher das Glück derselben zu untergraben drohen. In der Regel setzt er es durch, welches, als der poetischen Gerechtigkeit gemäß, den Zuschauer befriedigt; weil dieser fühlt, daß die Zwecke der Gattung denen der Individuen weit vorgehn. Daher verläßt er, am Schluß, die sieggekrönten Liebenden ganz getrost, indem er mit ihnen den Wahn theilt, sie hätten ihr eigenes Glück gegründet, welches sie vielmehr dem Wohl der Gattung zum Opfer gebracht haben, dem Willen der vorsorglichen Alten entgegen. In einzelnen, abnormen Lustspielen hat man versucht, die Sache umzukehren und das Glück der Individuen, auf Kosten der Zwecke der Gattung, durchzusetzen: allein da empfindet der Zuschauer den Schmerz, den der Genius der Gattung erleidet, und wird durch die dadurch gesicherten Vortheile der Individuen nicht getröstet. Als Beispiele dieser Art fallen mir ein Paar sehr bekannte kleine Stücke bei: La reine de 16 ans , und Le mariage de raison. In Trauerspielen mit Liebeshändeln gehn meistens, indem die Zwecke der Gattung vereitelt werden, die Liebenden, welche deren Werkzeug waren, zugleich unter: z.B. in Romeo und Julia, Tankred, Don Karlos, Wallenstein, Braut von Messina u.a.m.
    Das Verliebtseyn eines Menschen liefert oft komische, mitunter auch tragische Phänomene; Beides, weil er, vom Geiste der Gattung in Besitz genommen, jetzt von diesem beherrscht wird und nicht mehr sich selber angehört: dadurch wird sein Handeln dem Individuo unangemessen. Was, bei den höhern Graden des Verliebtseyns, seinen Gedanken einen so poetischen und erhabenen Anstrich, sogar eine transscendente und hyperphysische Richtung giebt, vermöge welcher er seinen eigentlichen, sehr physischen Zweck ganz aus den Augen zu verlieren scheint, ist im Grunde Dieses, daß er jetzt vom Geiste der Gattung, dessen Angelegenheiten unendlich wichtiger, als alle, bloße Individuen betreffenden sind, beseelt ist, um, in dessen speciellem Auftrag, die ganze Existenz einer indefinit langen Nachkommenschaft, von dieser individuell und genau bestimmten Beschaffenheit, welche sie ganz allein von ihm als Vater und seiner Geliebten als Mutter erhalten kann, zu begründen, und die außerdem, als eine solche , nie zum Daseyn gelangt, während die Objektivation des Willens zum Leben dieses Daseyn ausdrücklich erfordert. Das Gefühl, in Angelegenheiten von so transscendenter Wichtigkeit zu handeln, ist es, was den Verliebten so hoch über alles Irdische, ja über sich selbst emporhebt und seinen sehr physischen Wünschen eine so hyperphysische Einkleidung giebt, daß die Liebe eine poetische Episode sogar im Leben des prosaischesten Menschen wird; in welchem letzteren

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