Die Welt der Drachen
Lärm.
Verängstigt folgte Lessa F'lar ins Freie.
Als sie den Vorsprung erreichte, sah sie Drachen aller Farben und Größen auf den Eingang der Brutstätte zusteuern.
Drachenreiter, Frauen und Kinder strömten durch den Felskessel. Auch sie näherten sich der Brutstätte.
Lessa schäumte. F'lar war verschwunden. Sie musste die steile Treppe nach unten laufen und dann noch einen Bogen machen, da die Stufen zur Futterstelle führten und die Brutstätte am anderen Ende des Kessels lag. Ausgerechnet sie, die Weyrherrin, würde als letzte ankommen!
Warum hatte Ramoth sich heimlich entfernt? Sie hätte zumindest ihre Betreuerin verständigen können!
Ein Drache weiß, was er tut, erklärte Ramoth ruhig.
Während F'lar große Reden über frühere
Drachenköniginnen und ihre Wundergelege führte, hatte Ramoth ihnen ein Schnippchen geschlagen.
Lessas Laune besserte sich nicht gerade, als sie bemerkte, dass sie nur ihre Sandalen trug. Der Boden der Brutstätte war tatsächlich so heiß, wie F'lar ihn geschildert hatte. Ihre Sohlen brannten. Die Menge drängte sich in einem Halbkreis um die Höhle.
»Lasst mich durch!« verlangte sie energisch und trommelte mit den Fäusten auf die breiten Rücken von zwei Drachenreitern. Zögernd bildete sich eine schmale Gasse, und sie zwängte sich durch, ohne nach links oder rechts zu schauen.
Sie war wütend, verwirrt, gekränkt, und sie wusste, dass sie lächerlich aussah, weil sie wegen des heißen Sandes nur kurze, trippelnde Schritte machen konnte.
Dann starrte sie die Drachenkönigin an und vergaß die Brandblasen an den Füßen.
Ramoth hatte den biegsamen Körper um die Eier gerollt und sah sehr selbstzufrieden drein. Offenbar wurde die Mulde auch ihr zu heiß, denn sie verlagerte ihr Gewicht und spreizte einen Flügel schützend über das Gelege.
Niemand nimmt sie dir, du dummes Ding, meinte Lessa. Ich will sie doch nur zählen.
Gehorsam zog Ramoth die Flügel ein, aber sie ließ kein Auge von der glänzenden, gesprenkelten Pracht. Immer wieder schnellte ihre Zunge nervös vor.
Ein gewaltiger Seufzer ging durch die Menge. Denn zwischen den gesprenkelten Eiern leuchtete Gold.
Ein Königinnenei!
»Ein Königinnenei!« Der Ruf pflanzte sich fort.
Stimmengewirr klang auf. Die Menge begann zu jubeln.
Jemand packte Lessa und wirbelte sie herum. Ein Kuss landete auf ihrer Wange. Dann umarmte sie Manora. Ein wilder Freudentaumel hatte die Bewohner des Weyrs erfasst. Lessa wurde von der Begeisterung angesteckt.
Dann löste sie sich von den anderen und lief auf Ramoth zu.
Sie beugte sich über die Eier. Die Schalen wirkten weich und schienen zu pulsieren. Lessa hätte schwören können, dass die Eier, die sie bei ihrer Gegenüberstellung gesehen hatte, hart gewesen waren Sie wollte sich vergewissern, wagte es aber nicht, die Schalen zu berühren.
Ich erlaube es dir, erklärte Ramoth herablassend. Sie stupste Lessas Schulter leicht mit der Zunge an.
Das Ei war tatsächlich weich, und Lessa zog rasch die Hand zurück, um es nicht zu beschädigen.
Die Hitze wird es noch härten, sagte Ramoth.
»Ramoth, ich bin so stolz auf dich!«
Lessa seufzte und sah bewundernd in die großen Augen, die in allen Regenbogen farben schillerten. »Eine bessere Königin als dich gibt es nicht.
Die leeren Weyr werden sich wieder mit Drachen füllen, davon bin ich überzeugt. Und das alles haben wir dir zu verdanken.«
Ramoth neigte huldvoll den Kopf, doch dann begann sie plötzlich zu zischen und mit den Flügeln zu schlagen. Sie bäumte sich auf und legte das nächste Ei.
Das Weyrvolk zog sich allmählich aus der heißen Höhle zurück, jetzt, da es das goldene Ei gebührend bewundert hatte.
Es hatte keinen Sinn, noch länger zu warten. Eine Drachenkönigin benötigte mehrere Tage, bis sie alle Eier gelegt hatte. Acht waren es bereits jetzt, und das stimmte die Menge optimistisch.
»Ein Königinnenei, wie ich es vorhergesagt hatte!« flüsterte F'lar Lessa ins Ohr. »Und ich möchte wetten, dass zehn Bronzedrachen dabei sind.«
Sie sah zu ihm auf, und zum ersten Mal war sie ganz seiner Meinung. Mnementh kauerte auf einem Felsvorsprung und beobachtete voller Stolz seine Gefährtin. Impulsiv legte Lessa F'lar die Hand auf den Arm.
»F'lar, ich glaube dir!«
»Jetzt erst?« spöttelte er, aber er lachte dazu, und in seinen Augen stand Zärtlichkeit.
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