Die Welt in mir (German Edition)
unverschämten Verhaltens und
seiner Wortwahl überkam. Aber ich ließ mich nicht darauf ein. Auch wenn ich ihm
den Hals umdrehen könnte. Stattdessen drehte ich den Schlüssel rum. Komisch,
die Tür war nicht abgeschlossen, was mir gar nicht ähnlich sah. Normalerweise schloss
ich immer ab. Noch bevor ich die Tür restlos öffnete, wurde sie schon
aufgemacht. Ich taumelte nach vorne, weil ich immer noch den Schlüssel festhielt,
der in der Tür steckte.
Von hinten umfassten mich
starke Arme und stellten mich wieder auf die Beine. Für einen Bruchteil einer
Sekunde lehnte ich mich an ihn, bevor ich ihm den Ellenbogen in die Seite stieß.
„Lass mich los!“, knurrte ich,
und er gab mich frei. Ich war mir sicher, sein Lächeln in meinem Rücken zu
spüren, ohne dass ich es sehen konnte.
Erst jetzt galt meine
Aufmerksamkeit wieder der Tür und ich bemerkte, wieso sie sich geöffnet hatte.
Ich traute meinen Augen kaum. Vor mir stand der gutaussehende Kerl, den ich
glaubte, beim Wegfahren vom Treffen mit meinen Freundinnen gesehen zu haben.
Als er mich jetzt anlächelte, hatte ich überhaupt keine Zweifel mehr, dass er
es gewesen war. Dieses Lächeln war einmalig. Ich hätte es unter Millionen erkannt.
Seine blonden Haare waren kurz geschnitten. Er trug Jeans, ein weißes Shirt und
Boots. Er sah zum Anbeißen aus. Er hielt mir die Tür auf und ich ging langsam,
aber ohne ihn aus den Augen zu lassen, in die Wohnung. Erst nachdem ich an ihm
vorbeigegangen war und ein zwei Schritte von ihm entfernt war, schaltete sich
mein Gehirn wieder zu. Was machte er in meiner Wohnung, und was wollten die zwei
Männer von mir?
Mich überkam die Erinnerung,
dass ich schon beim Überfall dachte, dass sich die zwei kennen müssten. Und
damals hatte ich mich gewundert, was so gegensätzliche Kerle verband. Auch
jetzt beobachtete ich sie und stellte mir die gleiche Frage.
Sie flüsterten aufgeregt miteinander
und hatten die Köpfe zusammengesteckt. Ich konnte nicht hören, was sie sagten.
Aber der Mann, der mich hierhergebracht hatte, sah wütend aus. Was er
allerdings öfter zu sein schien. Der andere redete eher beruhigend auf ihn ein,
was seine Wirkung verfehlte. Ab und an schenkte er mir ein Lächeln und ich merkte,
dass die Anspannung von mir abfiel. Als er mir ein weiteres Mal zulächelte,
erwiderte ich es und schaute aber sofort zum Boden. Wieder einmal brachte mich
sein zauberhaftes Lächeln aus dem Konzept. Als ich mich auf das Sofa setzte,
musste ich an meinen Traum denken und daran, dass ich mir ausgemalt hatte, dass
er Einfluss auf mich und meinen Gemütszustand hatte. Hatte ich es noch heute
Morgen als nächtliche Spinnerei abgetan, war ich mir plötzlich nicht mehr so
sicher, ob es nur Hirngespinste gewesen waren.
Seitdem ich ihn gesehen hatte,
musste ich gestehen, fühlte ich mich besser. Die Wut war verraucht und auch
sonst war mein Gefühlszustand harmonischer geworden. Anders sah es aus, als ich
Mr. Bad Boy begegnet war. Er machte mich wütend mit seiner Art. Diese Wut hatte
ich dann an meinem Chef, auch wenn er es verdient hatte, und Judi ausgelassen.
Ich erinnerte mich, dass ich ebenso empfunden hatte, als ich angegriffen wurde.
Ich hatte keine Angst gespürt, sondern Zorn und war bereit gewesen, zu kämpfen.
Die Vorstellung, dass mein Retter mich rächte, hatte mich beflügelt und meine
Wut angestachelt. Statt Furcht zu empfinden, wurde ich von meinen Gefühlen
geleitet. Und langsam, aber sicher beschlich mich der Gedanke, dass ich mit
meinen nächtlichen Überlegungen goldrichtig gelegen hatte. Aber es beschränkte
sich nicht auf den einen Mann, sondern auf beide. Offenbar brachten mich beide
Männer auf ihre Art und Weise aus dem Konzept. Der eine stiftete Frieden in mir
und der andere Wut. Doch es stellte sich mir dennoch eine wichtige Frage. Nein,
in Wirklichkeit waren es zwei Fragen. Zum einen konnte ich keine Lösung dafür finden,
wieso das alles passierte, zum anderen konnte ich mir auch nicht erklären, was
sie von mir wollten.
Während es in meinem Kopf
ratterte und ich zu keinem Ergebnis kam, hatten die Männer offenbar ihr
Gespräch beendet und kamen zu mir ins Wohnzimmer.
„Lass mich reden“, bat der Mann
mit dem entzückenden Lächeln und drehte sich zu meinem wütenden Begleiter von
vorhin.
Der hob nur die Hände und zuckte
mit den Schultern, was wohl so viel wie ‚von mir aus’ heißen sollte. Ganz
lässig, als würde ihn nichts auf der Welt kümmern, ließ er sich auf einen Stuhl
am
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