Die Welt in mir (German Edition)
Vielleicht wäre es auch so bei
Josh, wenn er für immer aus meinem Leben verschwunden wäre. Dies war vielleicht
humaner, als ihn täglich zu sehen mit der Gewissheit, wie unglücklich ihn meine
Nähe machte.
Doch so sehr ich mir einredete,
es wäre besser, wenn er für immer verschwinden würde, konnte ich mich selbst
nicht recht überzeugen. Alleine die Vorstellung, ihn nie wieder zu sehen,
bereitete mir Angst und löste Panik in mir aus. Ich wusste, dieser Schmerz wäre
viel größer als alles, was ich jetzt gefühlt hatte. Zudem war ich mir sicher,
dass er niemals vorbeigegangen wäre und die Wunden auch nach all der Zeit nicht
geheilt wären. Es war vielleicht egoistisch, aber ich musste Josh einfach
wiedersehen. Ohne ihn würde ich sterben, weil ein Teil von mir gefehlt hätte.
Mein Herz und meine Seele wären mit ihm gegangen, ich bliebe als körperliche
Hülle zurück, ohne Sinn für mein Dasein. Eine einzelne Träne rollte mir über
die Wange und tropfte herunter.
„Willst du das Becken wegputzen
oder was tust du da“, katapultierten mich Alex' Worte in die Realität und aus
meiner Gefühlswelt heraus. Ich wischte mir schnell die feuchte Spur der Träne
von der Wange, drehte mich von Alex weg und schmiss den Schwamm in den Eimer.
Ob er gesehen hatte, wie ich
weinte, wusste ich nicht. Aber wenn er es gesehen hatte, behielt er es für sich
und sagte nichts.
Er verschwand wieder aus dem
Bad, und ich beschloss, dass es nun mit der Putzerei reichte. Ich schüttete das
dreckige Wasser in die Toilette und räumte alles wieder ordnungsgemäß in die
Abstellkammer. Ich zog meine Putzsachen aus und schmiss sie in den Wäschekorb.
Mit frischen Kleidern und ein wenig Wimperntusche, Concealer und Lip Balm fühlte
ich mich besser. So waren wenigstens die äußerlichen Spuren meiner Trauer fast
verschwunden und die alte Clara wenigstens optisch wieder zurück.
Als es an der Tür klopfte, ging
ich ganz automatisch hin und machte auf.
Alex war direkt hinter mir, als
ich die Tür öffnete und mich Josh gegenüber sah.
Erst schaute er mich und dann
Alex an, der die Tür nun am Türrahmen festhielt. Wieder hatte er Tüten mit
Essen dabei, aber er wirkte noch unsicher, ob er reinkommen sollte oder nicht.
„Du kannst doch nicht einfach
so die Tür aufmachen, bevor du dich vergewissert hast, wer davor steht. Ehrlich
Kleine, so naiv kannst du doch nicht sein!“
Ohne auf Alex' Standpauke
einzugehen, trat ich beiseite, um Josh einzulassen, während sich Alex bereits
wieder auf den Weg ins Wohnzimmer gemacht hatte.
Als Josh an mir vorbeiging,
flüsterte er ein „Danke“. Seine guten Manieren hatten ihn offensichtlich nicht
verlassen, nur die Gefühle für mich. Wobei diese vielleicht auch nie da gewesen
waren.
Frustriert schloss ich die Tür
und folgte den beiden Männern, die so unterschiedlich waren und mich verrückt
machten.
Die Stimmung beim Abendessen war
gedrückt und schweigsam. Dies entging auch Alex nicht, der als Einziger so
etwas wie ein Gespräch versuchte. Immer wieder stellte er Fragen oder versuchte
sich selbst an einer Plauderei, was gar nicht zu ihm passte. Aber allem
Anschein nach war selbst ihm die Stimmung zwischen uns so unangenehm, dass er
versuchte, sie zu lockern. Da er aber nur einsilbige Antworten von Josh und mir
erhielt, gab auch er irgendwann auf.
„Ich verschwinde. Hier kann man
es ja kaum aushalten. Ihr zwei habt echt einen an der Waffel“, erklärte Alex,
bevor er regelrecht aus der Wohnung flüchtete.
Tatsächlich hatte er mit seiner
Einschätzung gar nicht so Unrecht. Es war tatsächlich kaum auszuhalten, aber
immer noch besser, als Josh nicht zu sehen. Seitdem er die Wohnung betreten
hatte, war ich mir meiner Sache sicherer denn je. Ich wollte ihn nicht gehen
lassen. Ich konnte einfach nicht, auch wenn dies Qualen für mich und vermutlich
für ihn bedeuteten.
„Er hat recht. Du solltest
nicht einfach so die Tür aufmachen. Das ist zu gefährlich. Ich hätte nicht
klopfen sollen. Entschuldige.“, sagte Josh nach einer Ewigkeit, die wir
schweigend da gesessen hatten.
Seine Worte brachten mich aus
dem Konzept. War er wirklich um meine Sicherheit besorgt oder um das
Gleichgewicht seiner Welt? Tatsächlich hatte ich mich gewundert, dass er geklopft
hatte, obwohl er sonst immer einfach mit seinem Schlüssel hereinkam. Dass beide
allem Anschein nach einen Schlüssel zu meiner Wohnung hatten, war mir erst aufgefallen,
als ich darüber nachdachte hatte, wie Josh in meiner Wohnung
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