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Die Welt in mir (German Edition)

Die Welt in mir (German Edition)

Titel: Die Welt in mir (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Neuberger
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in
Tränen auszubrechen.
    Ich hasste unsere Situation;
ich hasste es auch, dass ich nicht schlau aus ihm wurde. Die meiste Zeit ging
er mir aus dem Weg und wirkte, als würde er nur ungern in meiner Nähe sein, und
dann war er nett. Statt einfach nur „Tschüss“ zu sagen, wünschte er mir einen
schönen Tag. Solche Dinge ließen unwillkürlich Hoffnung in mir aufkeimen, dass
wir noch nicht verloren waren. Dass es doch noch eine kleine Chance auf ein
Happy End gab und er mich doch liebte. Aber da dachte ich an die Male, wo Alex
ihn hatte überreden müssen, hereinzukommen und mir gegenüberzutreten. Schlagartig
verflog der kleine Funke Hoffnung, der sich in mir geregt hatte. Vielleicht war
Josh einfach nur unheimlich nett, und seine Worte zum Abschied hatten weniger
zu bedeuten, als mein trauriges Herz hineininterpretierte. Ich war hin und her
gerissen und frustriert, weil ich nicht wusste, woran ich bei ihm war. Ich beschloss,
mich heute Abend beim Training mit Alex richtig auszupowern und meine
Frustration herauszulassen.
      So vergingen auch die nächsten Tage.
Während ich auf der Arbeit war, versuchte ich, nicht an das Chaos in meinem
Herzen zu denken. War Alex am Abend bei mir, trainierten wir und ich legte mich
ins Zeug. Es war eine wirklich gute Art, um die aufgestaute Frustration
rauszulassen.
    Alex störte es allem Anschein
nach nicht, dass ich härter und intensiver trainierte als jemals zu vor. Ganz
im Gegenteil freute er sich offensichtlich darüber, dass mich endlich der
Ehrgeiz gepackt hatte. Manchmal scherzte er, er selbst würde Angst vor meiner
Kampfkunst bekommen.
    Aber ich kannte ihn zu gut, um
zu wissen, dass dies nicht ernst gemeint war, sondern ein Witz war. Dennoch genoss
ich die Zeit mit ihm, weil es so leicht und unbesorgt war. Alex versteckte
nichts und war genauso, wie er sich gab. Ich wusste stets, woran ich bei ihm war
und wie er tickte.
    Anders war es bei Josh. Unser
Verhältnis war weiterhin schwierig. Wir beherrschten mittlerweile die Kunst des
Small-Talks und sprachen über unseren Tag. Aber diese Gespräche dienten einzig
dem Zweck, um das unbehagliche Schweigen zwischen uns zu durchbrechen. Er hielt
Sicherheitsabstand zu mir, sowohl körperlich als auch seelisch.
    Manchmal bröckelte seine
Fassade und es wirkte so, als wolle er mir doch wieder näher kommen. Als steckte
auch in ihm eine Sehnsucht nach unserer Beziehung, wenn man es so nennen durfte,
bevor er gegangen war. Aber sobald ich das Gefühl hatte, wir würde uns näherkommen,
blockte er sofort wieder ab und windete sich aus der Situation und der kurzen
hoffnungsvollen Stimmung. Dieses Wechselbad der Gefühle zwischen Hoffnung und
Verlust raubte mir den letzten Nerv. Ich war meist schlecht gelaunt oder deprimiert.
Der Schmerz, den ich seit seiner Rückkehr empfand, war nicht vergangen. Er war
stets da und verfolgte mich auch auf der Arbeit und während der Zeit mit Alex.
Ein dumpfer Schmerz war zu meinem ständigen Begleiter geworden.
    Wenn ich mit Josh zusammen war,
war er natürlich deutlich stärker und präsenter. Aber viel schlimmer als der
Schmerz war das Gefühl der Sehnsucht. Fast unerträglich spürte ich sie in
seiner Nähe. Statt mit Tränen kämpfte ich mittlerweile mit Wut. Der Wut darüber,
dass er so anders geworden war und ich es nicht verstand. Am liebsten hätte ich
ihn zeitweise angeschrien, dass er endlich aufhören solle, so abweisend zu sein
und zu mir zurückkehren solle. Oder mir wenigstens sagen sollte, was los war.
All dies machte ich natürlich nicht. Ich unterdrückte die Wut. Aber vermutlich
nicht gut genug, denn wenn sie in mir aufkeimte, war ich offenbar auch
äußerlich so angespannt, dass Josh sich noch mehr zurückzog.
    Ab und an passierte mir dies
auch, wenn Alex bei uns war. Wir aßen mittlerweile jeden Abend zusammen. Es war
ein „Ritual beim Schichtwechsel“, wie Alex so passend sagte.
    Wütend auf Josh wurde ich vor
allem dann, wenn er beim Essen mit Alex plauderte und mich vollkommen ignorierte.
Als hätte ich nicht auch am Tisch gesessen. Um es ihm heimzuzahlen, machte ich
es ihm gleich und sprach ausschließlich mit Alex. Witzelte mit ihm herum, was immer
in kleinen Neckereien endete.
    Dies verfehlte meist seine
Wirkung nicht. Josh wirkte dann sehr angespannt und auch etwas nachdenklich, sogar
misslaunig. Mittlerweile machte ich dies aber nur, wenn Alex an den Abenden
auch bei mir blieb. Denn wenn Josh an den Abenden bei mir blieb, an denen ich
ihn ignorierte und nur mit Alex

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