Die Welt in mir (German Edition)
zwei Schläge verpasst. Aber ich unterdrückte den Drang, loszupreschen,
blieb wie versprochen auf meiner Position stehen und beobachtete das
Schauspiel.
Es war eine ernste Schlägerei.
Beide konnten ein paar Treffer bei dem anderen landen. Keine Seite war bereit,
sich geschlagen zu geben. Dies hätte nämlich bedeutet, den eigenen Tod
hinzunehmen. Zweifellos war nicht nur Alex bewusst, dass dies ein Kampf um
Leben und Tod war, sondern auch seinem Gegner.
Auf der Wange von unserem Feind
klaffte mittlerweile eine Wunde, aus der Blut strömte. Alex hatte ein paar
Schläge eingesteckt, aber ich konnte kein Blut sehen. Was mich beruhigte und mir
zeitgleich auch die Gewissheit gab, dass wir dem Dreckskerl den Arsch aufreißen
würden. Doch noch war der Kampf lange nicht vorbei und beide Männer noch nicht
am Ende ihrer Kräfte.
Beim Zusehen erkannte ich ein
paar Schläge und Techniken, die Alex mir beigebracht hatte. Gleichzeitig sah
ich auch, dass sein Gegner ebenso die meisten Abwehrhaltungen und Bewegungen kannte.
Aber er hatte nicht auf alles eine Antwort und musste deutlich mehr Schläge
einstecken als Alex. Doch die Sache wurde immer härter zwischen den beiden.
Alex versetzte ihm mit seinem Ellenbogen in einer Drehbewegung, die fast nach
einem Tanz aussah und mit Leichtigkeit vollführt war, einen Schlag auf die Nase.
Sofort sprudelte auch an dieser Stelle Blut heraus. Wieder schoss mir der
Gedanke von einem Panther beim Anblick von den geschmeidigen und verletzenden
Bewegungen, die Alex machte, durch den Kopf. Alles nur mit dem Zweck, seine
Beute, in seinem Fall seinen Gegner, zu töten. Doch nach einem winzigen fast
unmerkbaren Moment hatte sich der Mann wieder gefangen, und das Blut, das ihm
aus der Nase lief, störte ihn allem Anschein nach nicht. Ohne Zögern setzte er
seinen Angriff auf Alex fort.
Und da passierte es, ohne dass
ich bemerkte, warum. Der Gegner ließ eine Reihe von Schlägen auf Alex
niederprasseln. Er schlug ihm ins Gesicht, gegen den Arm und gegen die Seite.
Alex steckte alle Schläge ein, kam
aber selbst nicht dazu, anzugreifen. Bevor mich die Panik ergreifen konnte und
die Angst, zu verlieren, hörte ich genau auf seine Gefühle in mir. Dort war
keine Angst. Nur weiterhin Entschlossenheit und auch nicht einmal ein Funke an
Verunsicherung. Dies machte mich wieder stark und gab mir die Kraft, das Schauspiel
weiterhin zu verfolgen, ohne meine Sorgen zuzulassen.
Aber dann schlug der Gegner fest
und hart auf Alex' Brust. Ich hörte, wie Alex keuchend den Atem ausstieß, auch
mir blieb die Luft weg. Mit einem Mal sackte er in sich zusammen und fiel auf
seine Knie.
Der Gegner hatte ganz klar die
Oberhand und, ohne es kontrollieren zu können, entfuhr mir reflexartig ein
lauten und klares: „Nein!“
Dies machte den Mann auf mich
aufmerksam, sodass er sich von Alex abwendete. Offensichtlich hatte er mich
über den Kampf vergessen und er schaute mich an, als würde er erst jetzt
bemerken, dass ich da war. Er drehte sich in meine Richtung und ging langsam
auf mich zu. Ich sah, wie er ein Messer aus seiner Tasche zog.
Obwohl ich es hätte mit der
Angst zu tun bekommen müssen, war ich ganz ruhig. Noch immer hüllten mich die
Gefühle von Alex ein. Mir blieb keine Zeit, um mich darüber zu wundern, warum
sie immer noch einen so großen Einfluss auf mich hatten, obwohl er am Boden lag.
In diesem Moment war es mir egal. Ich wusste, was ich konnte, und fühlte mich
stark genug, um dem Mann mit dem Messer entgegen zu treten. Ich hatte einen
guten Lehrer gehabt. Alex hatte sogar darauf bestanden, dass wir auch den Kampf
mit Waffen lernten, wofür ich ihm gerade sehr dankbar war. Mein Selbstvertrauen
erreichte neue Höhen, und beinahe freute sich auch ein Teil in mir, den Kerl zu
schlagen und auch Alex zu rächen. Jetzt wusste ich, was Alex meinte, als er
sagte, dass Weglaufen keine Option sei. Diesem Kampf wollte ich mich stellen.
Kurz bevor mich der Mann
erreichte und ich angreifen konnte, sah ich, wie sich etwas Silbernes an seinen
Hals legte. Fast so, als wäre es ein Schmuckstück, das wunderschön in der Sonne
schimmerte und ihre Strahlen brach. Es sah so kostbar und spiegelnd aus. Mit einer
geschmeidigen Bewegung fuhr es den Hals des Mannes entlang und zog eine rote
Spur hinter sich her. Die ganze Szene spielte sich vor mir wie in Zeitlupe ab,
als könne ich jede Sekunde gestochen scharf wahrnehmen.
Ich schaute ins Gesicht des
Mannes, der den Mund und die Augen vor Schreck aufgerissen
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