Die Welt in mir (German Edition)
bereit
mich zu fangen, weil ich drohte, zu stürzen. Ich blickte ihn etwas verwundert
an und sagte, dass alles in Ordnung sei und ich lediglich duschen wolle.
Er antwortete, dass ich
Bescheid sagen sollte, wenn ich etwas bräuchte.
Auf dem Weg zum Badezimmer
spielte ich verschiedene Szenarien durch, was ich auf Joshs letzten Worte hätte
erwidern können. Ich hätte ihm gestehen können, dass ich ihn liebte und ihn
brauchte. Oder ihn anbrüllen können, dass er ein Idiot war, wenn er nicht merkte,
wie sehr ich ihn wollte. Aber all dies hatte ich nicht getan und war
stattdessen ohne ein Wort gegangen. Nur mit einem schlichten Nicken hatte ich
Josh zu verstehen gegeben, ihn verstanden zu haben. Dabei verstand ich ihn
keineswegs. Wieso war er erst so abweisend und dann so fürsorglich?
Als ich nach der Dusche und in
bequemen Sachen wieder ins Wohnzimmer kam, saß Josh immer noch am selben Platz.
Langsam machte ich mir Sorgen,
ob mit ihm irgendetwas nicht stimmte. Als ich mein Glas mit Wein nahm, stellte
ich fest, dass es lauwarm war. Ich ging mit der Flasche und dem Glas in die
Küche. Dort schüttete ich den Rest aus dem Glas in den Abfluss und stellte die
Flasche wieder in den Kühlschrank.
Erst jetzt bemerkte ich meinen
großen Hunger. Immerhin hatte ich nicht wie üblich nach der Arbeit gegessen,
sondern war dabei gewesen, als ein Mann getötet wurde. Ich beschloss, zu kochen
und nahm die Zutaten für einen Nudelauflauf mit Hühnchen aus dem Kühlschrank.
Ich schnitt gerade das Gemüse,
als Josh in den Türrahmen trat.
Er schaute mich erwartungsvoll
an, daher fragte ich, ob er mir beim Kochen helfen wolle. Ohne weitere Worte nahm
er sich ein Schneidebrett und zerlegte das Fleisch in kleine Stücke. Auch wenn
er mich ab und an aus dem Augenwinkel beobachtete, wirkte er nun schon ein
weniger lockerer.
Ich genoss diesen Moment, mit
Josh in der Küche zu stehen und schweigend das Essen vorzubereiten. So
friedlich war unser Schweigen in den vergangenen Tagen nicht gewesen. Sonst war
es stets angespannt und eher unangenehm sowie bedrückend, aber heute fühlte ich
mich in seiner Gegenwart wohl und er sich offenbar auch in meiner. Auch wenn
wir nichts zueinander sagten. Beinahe konnte ich mich der Idylle hingeben, dass
alles zwischen uns gut sei, so wie früher.
Als das Essen im Ofen stand,
machten wir es uns auf dem Sofa gemütlich. Wir sprachen weiterhin nicht viel
miteinander, aber die Stimmung war immer noch eher entspannt als angespannt.
Gerade, als das Essen fertig war,
kam Alex herein.
Hätte ich nicht gewusst, was
vor wenigen Stunden passiert war, hätte ich glatt behauptet, dass dies einer
der schönsten Abende war, die wir zu dritt erlebt hatten.
„Ah Kleine, endlich hast du
begriffen, wie man Männer umsorgt“, bemerkte Alex spöttisch mit dem Blick auf
das Essen, was ich mit einem Lächeln quittierte.
„Josh hat mir geholfen, was
zeigt, dass er im Gegensatz zu dir weiß, dass richtige Männer durchaus selbst
den Kochlöffel schwingen.“
Darauf erntete ich ein
ausgelassenes Lachen von Alex. Als ich Josh anschaute, entdeckte ich ein
kleines zaghaftes Lächeln auf seinen Lippen. Sofort versetzte es mir einen
Stich ins Herz. Wie sehr ich es vermisst hatte! Unwillkürlich musste ich
ebenfalls lächeln.
Beim Essen sprachen wir nicht
über den Vorfall, aber dieses Gespräch war nur aufgeschoben und nicht
aufgehoben. Dessen war ich mir vollkommen bewusst. Dennoch genoss ich den
Moment der Ruhe und des Friedens am Tisch, bevor der Ernst der Lage mit voller
Wucht auf mich niederprasseln würde.
Als das Essen vorbei war, verfielen
wir in ein unbehagliches Schweigen. Uns allen drei war klar, was jetzt kam und
dass dieses Gespräch mehr als unangenehm werden würde. Ich verfluchte mich
innerlich dafür, dass ich nicht auch noch Nachtisch gemacht hatte. So hätte ich
die Sache noch für ein paar weitere Minuten vertagen können.
„Gut dann wollen wir mal“,
leitete Alex das unangenehme Gespräch ein.
„Also, der Kerl war, wie ich es
mir gedacht habe, ein Späher, der uns erschreckend nahe gekommen ist“, sprach
Alex das aus, was ich mir schon selbst gedacht hatte, als ich den Mann vor dem
Kampf in Augenschein genommen hatte.
„Denkst du, er wusste, wer
Clara ist?“, fragte Josh besorgt und stellte damit die Frage, die mir hätte
einfallen müssen.
Alex schüttelte den Kopf und
erklärte, dass der Späher wohl so schlau nicht gewesen sei. Er hatte Alex als
einen aus der anderen Welt erkannt und
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