Die Welt in mir (German Edition)
hinweg
gespült und mich hüllten Alex Empfindungen ein. Ich spürte Kampfbereitschaft,
Wut und Entschlossenheit. Auch einen Hauch von Freude. Was ich nicht fühlte, war
Unsicherheit und dies verlieh mir ungeahnte Stärke. Mein Gang wurde sicherer
und mein Blick konzentrierter. Ich nahm den Gegner deutlich klarer wahr und
schätzte seine Kraft sowie Schwachpunkte ein, so wie Alex es mir beigebracht
hatte. In mir herrschten Ordnung und der Fokus auf das, was als Nächstes
passierte.
Als Alex meinen Arm losließ, blieb
ich, wie besprochen, stehen. Er schaute mich noch einmal eindringlich an. Ich
nickte zur Bestätigung. Gerne hätte ich ihn umarmt und ihm Mut gemacht, aber
ich wusste, dass ihm dies nicht helfen würde. Außerdem spürte ich, dass er
keinen Mut brauchte. Denn diesen hatte er und auch Selbstbewusstsein, das sich
auch auf mein Selbstvertrauen auswirkte und es wachsen ließ.
Der Mann war gut zwanzig Meter
von uns entfernt.
Mit ein wenig Sorge betrachtete
ich die Distanz. Selbst wenn sie sich in der Mitte trafen, waren diese zehn
Meter, die Alex von mir entfernt wäre, mehr als üblich, um die Gefühle aufrecht
zu halten. Normalerweise hatte sich der Einfluss, den sie auf mich hatten, nur
auf wenige Meter beschränkt, wenn überhaupt. Diese Distanz zwischen Alex und
mir war mehr als sonst und bisher außerhalb meiner Reichweite. Doch ich beschloss,
mir darüber keine Gedanken zu machen. Stattdessen hielt ich ganz fest an seinen
Empfindungen und ließ sie noch einmal durch mich hindurchströmen. Jeden kleinen
Teil füllten sie nun aus. Sogar der dumpfe Schmerz, den Josh verursacht hatte,
schwächte noch ein wenig mehr ab. Zwar verschwand er nicht ganz, aber Alex'
Einfluss durchdrang auch diesen Teil von mir und verschaffte sich Platz.
In mir hatten sich seine innere
Entschlossenheit und Abgeklärtheit ausgebreitet. Noch nie hatte ich seine
Gefühle so stark empfunden. Und auch wenn er sich mittlerweile weiter von mir
entfernte, wurde sein Einfluss nicht geringer, sondern war weiterhin gestochen
scharf.
Je näher er dem Mann kam, umso
mehr spürte ich auch seinen Willen zu kämpfen und auch etwas anderes, das
darüber hinausging. Ich fühlte Mordlust, fast so, als würde ich innerlich
darauf brennen, Blut zu sehen. Ich wusste, dass es Alex' Gefühle waren und er
zu den Bösen gehörte, aber ich hatte es bisher noch nie so deutlich gespürt wie
jetzt.
Nun wurde mir bewusst, dass es
ein Kampf auf Leben und Tod werden würde. Ich wusste, dass Alex nicht bereit war,
zu verlieren. Dies kam für ihn nicht infrage. Er würde kämpfen und war
entschlossen, den Mann zu töten. Dies fühlte ich ganz genau. Unbewusst ballte
ich die Hände zu Fäusten, weil ich so von seinem Zorn eingenommen war. Meinen
Blick richtete ich jetzt auf den Mann. Auf mich wirkte es so, als habe er
seinen Schritt etwas verlangsamt, um den Kampf hinauszuzögern. Auch er spürte
offensichtlich Alex' Entschlossenheit und konnte sie vermutlich auch an seiner
Körperhaltung erkennen. Mittlerweile atmete ich schwer und knurrte ganz leise.
Fast wie eine Raubkatze, bevor sie zum tödlichen Satz ausholte. Auch als ich
Alex ansah, fiel mir auf, dass er wieder wie ein Panther aussah. Düster,
bedrohlich, in seinen Bewegungen dennoch geschmeidig, aber kraftvoll.
Der erste Schlag traf den
Gegner mitten ins Gesicht, sodass er leicht zurücktaumelte. Er sah überrascht
aus. Auch ich hatte nicht gesehen, wie Alex ausgeholt hatte. Aber Alex gönnte
dem Gegner keine Verschnaufpause, sondern stürzte sich auf ihn und packte ihn
am Kragen.
So leicht ließ sich sein Gegner
nicht abschütteln und stieß mit seinem Ellenbogen in Alex’ Seite.
Dies ließ Alex vollkommen kalt.
Ich konnte fühlen, wie neue Wut
in mir aufstieg, als ich sah, wie sich die zwei prügelten. Alle meine
Empfindungen waren weiterhin sein Einfluss, der trotz der Distanz unaufhörlich
in mir tobte und meine Gefühlswelt in Besitz genommen hatte.
Alex holte zu einem weiteren
Schlag aus und traf erneut das Gesicht des anderen, der sich noch schnell zur
Seite drehte und daher nicht die volle Wucht des Schlages abbekam.
Stattdessen setzte er an und
prallte erneut mit seinem Ellenbogen gegen Alex’ Seite, der die leicht
vorgebückte Position seines Gegners nutzte, um ihn zu packen und ihm das Knie
in den Magen zu rammen. Der Gegner stöhnte angesichts des Schmerzes auf.
In meinen Adern rauschte das
Adrenalin. Am liebsten hätte ich mich selbst auf den Gegner gestürzt und ihm
ein oder
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