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Die Welt in mir (German Edition)

Die Welt in mir (German Edition)

Titel: Die Welt in mir (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Neuberger
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aufzuheben, betrat Josh das
Wohnzimmer.
    Obwohl
ich mit dem Rücken zu ihm stand, spürte ich seine Anwesenheit. Seine Präsenz im
Raum jagte mir eine Gänsehaut über den Körper. Ich atmete tief ein und aus, um
den Drang, ihm um den Hals zu fallen, zu unterdrücken. Meinen Plan umzusetzen,
würde wohl doch schwieriger werden, als ich gedacht hatte. Ich stellte auch den
zweiten Stuhl zurück und drehte mich zu ihm um.
    Er
stand einige Meter von mir entfernt. Dennoch merkte ich seine Anspannung. Die
Diskussion saß ihm merklich in den Knochen. Er fuhr sich mit den Händen durch
die Haare, und ich saugte seinen Anblick förmlich in mir auf. Danach steckte er
die Hände in die Taschen und hob seinen Blick.
    Ich
schaute ihm direkt in die Augen und schmolz dahin. Dieser Mann war einfach
wunderschön.
    Das Schweigen zwischen uns
dehnte sich aus. Keiner wusste offensichtlich, was er tun sollte. Daher nahm
ich allen Mut zusammen und stellte ihm die erste Frage: „Warum willst du nicht,
dass ich in deiner Welt lebe?“ Ich wollte aus seinem Mund hören, was er gegen
ein Leben dort hatte. Zwar glaubte ich, die Antwort zu kennen, dennoch wollte
ich eine Bestätigung.
    „Ich sagte doch schon, dass
dort kein Mensch von hier lebt. Es bringt Chaos“, antwortete er mir.
    Es war nicht das, was ich hören
wollte. Aber es war wahrscheinlich einfach nur ein Versuch, das Thema damit
abzuwenden. Obwohl Josh eigentlich kein Mann war, dem es schwerfiel, einfühlend
zu sein oder über seine Gefühle zu reden, lag der Fall hier anders. Zu sagen,
dass er glaubte, ich würde dort zu sehr beeinflusst, war auch das Eingeständnis
für seine Einschätzung, ich würde immer noch von ihm gelenkt werden. Und auch
das Eingeständnis, dass er glaubte, meine Gefühle und mein Verhalten kämen
nicht von mir. Aber ich musste dies von ihm hören, um ihm klarzumachen, wie
falsch er lag. Es musste aber von ihm aus kommen. Sprach ich es an, vermutete
er zweifellos, dass ich darauf kam, weil ich nur fühlte, was er fühlte.
    „Ist das der einzige Grund?“, bohrte
ich noch einmal nach. Ich wollte ihn nicht unter Druck setzen oder es aus ihm
herausquetschen, aber ich wollte auch nicht einfach aufgeben. Die Sache war zu
wichtig. Hier ging es um mein Herz und um seins und um unsere Zukunft. Einen
Rückzieher zu machen, kam nicht infrage.
    „Du würdest dich dort bestimmt
nicht wohlfühlen“, antwortete Josh mir erneut ausweichend. Er redete weiterhin
um den heißen Brei, aber so schnell würde ich nicht locker lassen.
    „Warum?“, fragte ich. Nun
musste er es zugeben. Es gab keinen Ausweg mehr.
    Dies erkannte offenbar auch
Josh. Er trat leicht von einem Fuß auf den anderen und fuhr sich wieder durch
die Haare. Zweifellos wollte er die Antwort darauf nicht geben und überlegte,
was er sagen konnte. Er ließ die Schultern fallen und senkte den Kopf.
    „Es wäre zu viel für dich. Die
ganzen Empfindungen von allen, die dir begegnen. Du würdest dich verlieren.“
    Obwohl ich innerlich vielleicht
jubeln sollte, endlich das zu hören, was ich wollte, konnte ich mich nicht
freuen. Er sah so traurig aus. Kein Wunder, wenn er dachte, dass keine Gefühle
von mir echt waren. In dem Fall musste er sich Sorgen um mich machen und die
Vorstellung, mich in seiner Welt zu sehen, ihm Unbehagen bereiten. Aber das
wollte ich nicht. Der Moment, ihm zu erklären, dass es nicht so war, wie er
glaubte, war gekommen.
    „Das glaube ich nicht. Ich
würde mich nicht verlieren.“
    Er schaute hoch, und ich war
mir seiner Aufmerksamkeit bewusst. Er runzelte die Stirn und konzentrierte sich
auf meine Worte. Wachsam und fokussiert, schaute er mich an. So, als wolle er
sichergehen, nichts zu verpassen.
    „Ich würde nicht alles fühlen,
was die anderen spüren. Ihre Gefühle würden mich nicht beeinflussen. Ich bleibe
ich“, gestand ich.
    Er sah mich erstaunt an.
Offensichtlich glaubte er mir nicht restlos.
    „Aber wenn Alex und ich dich
beeinflussen, dann würden es die anderen auch tun“, widersprach er mir und gab
damit zu, was ich vermutet hatte.
    „Ihr beeinflusst mich nicht
mehr.“
    Der Ausdruck auf Joshs Miene
wurde noch erstaunter.
    „Ich fühle, dass eure
Empfindungen in mir sind. Aber ich konnte sie mittlerweile von meinen abgrenzen
und wusste, dass es nicht meine sind. Alles, was du in den letzten Tagen
gesehen hast, war ich. Nur ich.“
    Meine Worte sickerten langsam
in Joshs Bewusstsein. An seinem Gesicht konnte ich erkennen, dass er sich klar
machte, was ich

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