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Die Welt ist nicht immer Freitag

Titel: Die Welt ist nicht immer Freitag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Evers
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völlig gefesselt und begeistert. Meine Hand zitterte, als ich die Brötchenhälfte zum Mund führte. Gott, wie langweilig mein Frühstück früher gewesen war. Jahrelang mit nur einem Glas Marmelade, praktisch immer die gleiche Sorte, kein Wunder, daß ich danach jedesmal gleich so müde wurde, daß ich am liebsten sofort zurück ins Bett wäre.
    Aber jetzt, seit ich vor vier Wochen diese brillante Idee hatte. Immer vier verschiedene Sorten von der gleichen Marke, so daß alle Gläser identisch sind, dann eine Augenbinde aufgesetzt, damit ich nichts mehr sehen kann, und die Gläser im Stile eines Hütchenspielers so lange auf dem Tisch hin- und herschieben, bis ich beim besten Willen nicht mehr sagen kann, in welche Sorte ich mein Messer gleich eintauche:
    Diese Spannung, wenn ich dann die beschmierte Schrippenhälfte zum Mund führe………Boaarrhhh… Da brennt die Luft, ich kann dir sagen, das ist der Siedepunkt der Spannung.
    Erst recht, seit ich vor gut einer Woche auch noch die phantastische Idee hatte, als fünfte Alternative ein leeres Glas dieser Marmeladenmarke mit dieser roten, superscharfen asiatischen Pfefferpaste zu füllen. Yo mann, das ist Dramatik pur, volles Risiko, Suspense total. Ja so bin ich, und das ist das Leben, daß ich mir gewählt habe: furchtlos, die Gefahr suchend, Leben auf der Kante, kurz… wild!!! Keiner, der den einfachen Weg geht.
    Noch immer schwebt die Brötchenhälfte vor meinem Mund, als es an der Wohnungstür klingelt. Ich erschrecke total, stopfe das Brötchen in meinen Schlund, spüre, wie sich die gesamte Flüssigkeit meines Körpers zusammenzieht und in den Mund schießt, um die beißende Schärfe der Pfefferpaste zu neutralisieren, stürze mit der Augenbinde, also blind, zur Spüle, klemme meinen Kopf unter den Wasserhahn, bemerke dabei, daß das gesamte Spülbecken mit kaltem, abgestandenem Spülwasser gefüllt ist, registriere einen stechenden Schmerz im Ohr, den ich als: »vermutlich ne Gabel« interpretiere, ziehe die Augenbinde ein wenig hoch, um wenigstens etwas zu sehen, reiße den Kaltwasserhahn voll auf, wodurch das ohnehin volle Spülbecken natürlich überläuft, über T-Shirt und Hose auf den Boden, der dadurch rutschig wird, weshalb ich ins Schliddern gerate und kurzzeitig drohe, in meinem Spülwasser zu ertrinken.…
    Das genau mein ich mit: »Ich bin keiner, der den leichten Weg wählt!«
    Es klingelt nochmal. Ich gehe zur Tür, gehe zurück, stelle den Wasserhahn ab, gehe nochmal zur Tür und öffne. Etwas in mir weiß von meinen durchnäßten Sachen, den Marmeladenflecken auf dem T-Shirt und der Augenbinde vorm Kopf. Trotzdem versuche ich einigermaßen würdevoll auszusehen, obwohl die Pfefferpaste mir immer noch ziemlich zu schaffen macht. Durch einen kleinen Spalt unter meiner Binde erkenne ich den alten Jennatschek aus dem vierten Stock.
    - Hallo Herr Evers, Mensch schön, daß wir uns zufällig treffen!
    - Häääähhhhh… Wie, zufällig? Sie hamm bei mir geklingelt.
    - Ja, auch wieder richtig, Herr Evers, darf ich kurz reinkommen?
    - Nee, is grad schlecht.
    - Wieso?
    - Ich… ich… ich sterbe gerade? Er schaut mich irritiert an.
    - Mensch Herr Evers, Sie haben aber auch schonmal besser gelogen.
    Das stimmt. Herr Jennatschek drängt sich an mir vorbei in die Wohnung und setzt sich auf einen Küchenstuhl. Ich will die Wohnungstür schließen und erkenne durch den Spalt unter meiner Augenbinde Frau Petrescu aus dem zweiten Stock, die sich mit ihrem Kinderwagen durchs Treppenhaus quält. Nun, da sie mich eh schon gesehn hat, nicke ich ihr freundlich zu. Dabei jedoch fällt die Binde wieder ganz vor meine Augen, ich sehe kurzzeitig gar nix mehr, verliere in der Bewegung die Orientierung, schlage mit der Schulter gegen den Türrahmen, komme dadurch aus dem Gleichgewicht, stolpere mit voller Wucht in die Wohnungstür, die somit wieder ganz aufschlägt und an die Flurwand donnert, wodurch sich, aufgrund der Erschütterung ein recht großes Stück Mörtel aus der Decke lost und direkt auf den Kinderwagen zuschießt. Bzw. darauf zugeschossen wäre, wäre ich nicht mittlerweile in meinem Prozeß des Taumelns und Fallens so weit fortgeschritten gewesen, daß nun die Phase des »der Länge nach Hinschlagens« beginnt, wobei mein Hinterkopf exakt die Flugbahn des Mörtelstückes kreuzt, welches daraufhin mehr oder weniger deftig auf meinem Hinterkopf einschlägt. Dies rettet den Kinderwagen allerdings auch nur kurzzeitig, da ich direkt im Anschluß mit meinem

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