Die Welt ohne uns
hängt, so McGrath, von ihrer Zusammensetzung ab.
»Lehm, der wenig wasserdurchlässig ist, wird sie siebenmal so lange festhalten wie sandige Böden, weil lehmiger Untergrund das Wasser nicht so leicht passieren lässt.« Torf, ebenfalls schwer zu entwässern, kann Blei, Schwefel und Dioxin noch länger speichern als lehmige Böden. McGraths Karten zeigen hohe Konzentrationen in der Hügellandschaft der englischen und schottischen Hochmoore.
Auch sandige Böden können schädliche Schwermetalle an sich binden, wenn sie mit Klärschlamm gemischt sind. Anhand archivierter Proben von Karotten, Rüben, Kartoffeln, Lauch und verschiedenen Getreide sorten, die seit 1942 in Rothamsted mit Klärschlamm behandelt wurden, hat McGrath errechnet, wie lange Metalle, die einem solchen Boden hinzugefügt wurden, dort bleiben – vorausgesetzt, es wird auch weiterhin gesät und geerntet.
Aus einem Aktenschrank zieht er eine Tabelle, die die schlechte Nachricht enthält. »Ohne Auswaschung beträgt die Verweildauer von Zink nach meiner Schätzung 3700 Jahre.«
Das entspricht der Zeitspanne, welche die Menschen brauchten, um von Bronzezeitalter in die Gegenwart zu kommen. Doch im Vergleich zur Verweildauer anderer metallischer Schadstoffe haben wir es hier noch mit einem kurzen Zeitraum zu tun. Kadmium, das im Kunstdünger enthalten ist, so erklärt er, werde doppelt so lange brauchen: 7500 Jahre oder den Zeitraum, der verging, seit die Menschen begannen, Mesopotamien und das Nildelta zu bewässern.
Es kommt noch schlimmer. »Schwerere Metalle wie Blei und Chrom werden in der Regel nicht so leicht von Pflanzen aufgenommen und auch nicht durch Auslaugung entzogen. Sie gehen einfach Verbindungen ein.« Blei, das Metall, mit dem wir den Boden am rücksichtslosesten verseucht haben, braucht fast zehnmal so lange wie Zink, um zu verschwinden – die nächsten 35000 Jahre. 35000 Jahre zurück, und wir befinden uns mitten im Eiszeitalter.
Aus ungeklärten chemischen Gründen ist Chrom das hartnäckigste Metall überhaupt: McGrath schätzt seine Verweildauer im Boden auf 70000 Jahre. Chrom ist giftig, wenn es mit Schleimhäuten Kontakt hat oder verschluckt wird, und tritt vor allem als industrieller Gerbstoff auf. Kleinere Mengen lösen sich von alten verchromten Wasserhähnen, Bremsbelägen und Abgaskatalysatoren. Doch im Vergleich zu Blei ist Chrom relativ harmlos.
Schon früh entdeckten die Menschen das Blei, doch erst vor Kurzem fanden sie heraus, wie schädlich es sich auf Nervensystem, Lernentwicklung, Gehör und allgemeine Hirnfunktionen auswirkt. Außerdem verursacht es Nierenerkrankungen und Krebs. In Großbritannien schmolzen die Römer das Blei aus Erzadern im Gebirge und stellten daraus Rohre und Trinkgefäße her – eine unbedachte Wahl, deren Folgen viele Menschen das Leben oder den Verstand gekostet haben dürften. Die Verwendung von Rohrleitungen aus Blei war noch während der industriellen Revolution gang und gäbe – Rothamsted Manors historische, mit dem Familienwappen geschmückte Dachrinnen sind noch heute aus Blei.
Doch alte Sanitärinstallationen und Verhüttung vermehren das Blei in unserem Ökosystem nur um wenige Prozent. Werden unsere Besucher, wenn sie irgendwann während der nächsten 35000 Jahre eintreffen, zu dem Schluss gelangen, dass Autokraftstoffe, industrielle Abgase und Kohlekraftwerke das Blei in die Umwelt geschleudert haben, das sie überall entdecken? Da niemand ernten wird, was nach unserem Verschwinden noch auf den metallgesättigten Feldern wachsen wird, vermutet McGrath, dass die Pflanzen es auch weiterhin aufnehmen werden, um es, wenn sie absterben und verfaulen, in einer Endlosschleife wieder an den Boden abzugeben.
Durch Genmanipulation hat man die Tabakpflanze und die Ackerschmalwand so modifiziert, dass sie Quecksilber, eines der gefährlichsten Schwermetalle überhaupt, aufnehmen und ausatmen. Leider legen die Pflanzen Metalle nicht wieder tief in der Erde ab, wo wir sie ursprünglich ausgegraben haben. Wenn Quecksilber in die Luft freigesetzt wird, regnet es andernorts wieder ab. Ähnliches geschieht, so Steve McGrath, mit PCBs – den polychlorierten Biphenylen-, die früher in Kunststoffen, Pestiziden, Lösungsmitteln, Fotokopierpapier und hydraulischen Flüssigkeiten Verwendung fanden. Diese 1930 erfundenen Substanzen wurden 2001 endgültig verboten, weil sie Immunsystem, motorische Fertigkeiten und Gedächtnis schädigen und die Geschlechterbestimmung zur Glückssache
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