Die Weltenspieler - Insignia I: Roman (German Edition)
seinem Bewusstsein schwirrte. Und schließlich ging er das höchste Risiko seines Lebens ein:
Du hast mich durch den Schmutz gezerrt und mich getötet. Ich will Rache. Mit freundlichen Grüßen, dein Gestörter. Er hängte die URL für die Internetseite an, auf der seine Lieblings- VR -Simulation mit Duellen lief, und hinterlegte das Ganze direkt auf Medusas Neuronalprozessor.
Ruckartig kehrte Tom wieder in sich zurück. Die Kühnheit dessen, was er gerade getan hatte, ließ ihn vor Aufregung am ganzen Körper zittern. Seine Hände waren schweißnass, und sein Herz hämmerte nach wie vor wie wild in seiner Brust. Hatte es funktioniert? Hatte Medusa die Nachricht erhalten?
Es gab nur eine Möglichkeit, es herauszufinden.
Er loggte sich ins Internet ein und ging auf die besagte URL . Er machte sich darauf gefasst, lange und möglicherweise vergeblich zu warten. Das, was er wahrnahm, veränderte sich. Um ihn herum erwuchsen Steinmauern, in deren Nischen flackernde Fackeln eingelassen waren. Jemand hatte bereits ein Duell vorbereitet, was bedeutete, dass Medusa bereits hier sein musste.
Tom fing zu lachen an, ein Freudentaumel überkam ihn.
Das hier passierte wirklich. Es passierte.
Er bewegte sich – und stellte überrascht fest, dass seine Muskeln sich wölbten. Der Neuronalprozessor nahm die normalen Parameter des Videospiels und stellte sie ihm dreidimensional dar. Tom schaute an sich herunter. Eine Informationsblase verzeichnete die Identität seiner Figur: Siegfried, ein legendärer Held von unübertrefflicher Kraft.
»Ich glaube, du bist mir eine Antwort schuldig.«
Die Frauenstimme klang tief und nachhallend. Tom wirbelte herum. Die hochgewachsene, muskulöse Blondine stand auf der gegenüberliegenden Seite der ausgedehnten Felskammer. Ein rundes Becken, in dem ein Feuer brannte, befand sich zwischen ihnen beiden. Der flackernde Lichtschein der Flammen huschte über ihr Gesicht, und auf seinem Infoscreen erschienen die Informationen über sie: Brunhilde, eine legendäre Walküre, die aus der Walhalla vertrieben worden war. Sie war die Königin von Island und die mächtigste Kriegerin der Welt – abgesehen von Siegfried, ihrer wahren Liebe und dem einzigen Mann, der imstande war, sie zu besiegen.
Tom lachte. Er konnte nicht anders, denn diese beiden Figuren hätte sich ein Junge niemals ausgesucht. »Ich wusste, dass du im echten Leben ein Mädchen bist. Ich wusste es.«
Sie schluckte den Köder nicht. »Wie hast du es geschafft, mir heimlich eine Nachricht in meinen Neuronalprozessor zu senden?«, wollte sie wissen, während sie langsam auf ihn zuging.
»Mit der Netsend-Funktion. Dein Neuronalprozessor muss sie auch haben, sonst hättest du sie nicht empfangen können. Du kannst etwas eintippen oder es auch nur hinausdenken , und es wird gesendet. Tippen ist allerdings viel einfacher.« Er hatte über die Gedankenschnittstelle versucht, Vik eine Nachricht zu schicken, doch wirre Gedanken, die ihm durch den Kopf schossen, hatten die Nachricht völlig verzerrt. Er hatte es nicht gewagt, so etwas bei Medusa zu riskieren.
Sie dachte darüber nach. »Du hast also direkt auf dieses Programm in meinem Neuronalprozessor zugegriffen. Das beantwortet aber nicht meine andere Frage. Wie bist du an unserer Firewall vorbeigekommen?«
»Vielleicht bin ich ja einfach der Hammer«, deutete Tom an.
»Das ist keine Antwort.«
»Ich würde eher sterben, bevor ich es dir verrate.« Er hoffte, dass diese Worte sie in Kampflust versetzen würden.
Sie taten es. »Oh, keine Sorge, sterben wirst du«, erwiderte Medusa unverblümt. »Wieder . «
Tom stieß ein amüsiertes Lachen aus, ließ seine Figur die Pike zücken und griff an. Siegfried war kraftvoll genug, um über die Flammen in dem Feuerbecken zu springen. Er sauste auf die blonde Frau hinab. Kaum berührte sein Pikenschaft ihr Schwert, bildeten die beiden Waffen zwei Flammensäulen.
Tom trat einen Schritt zurück und hob seinen Spieß, um ihn zu bewundern. »Feuerwaffen. Ist ja krass.«
»Ich bin häufig auf dieser Site. Ich habe die Add-ons programmiert.«
»Sie ist super.«
»Danke.« Medusa zielte auf seine Kehle.
Es war die Umkehrung ihres ersten Kampfes: Er war stärker, sie war beweglicher. Es gelang ihm, ihr das Schwert aus der Hand zu schlagen, doch die Wucht, die hinter seinem Hieb lag, brachte ihn aus dem Gleichgewicht – und sie zog sich hoch auf seine Schulter und sprang von dort über das Feuerbecken.
»Netter Zug, Medusa.« Tom trat das
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