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Die Weltenspieler - Insignia I: Roman (German Edition)

Die Weltenspieler - Insignia I: Roman (German Edition)

Titel: Die Weltenspieler - Insignia I: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. J. Kincaid
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die auf ihn gerichtet waren, gleichgültig waren. Weshalb er eigentlich hier oben war, hatte er ohnehin vergessen. Mit den Zähnen riss er die Verpackung des Nährstoffriegels auf und verschlang den halben Riegel mit einem einzigen Bissen, ohne sich auch nur die Mühe zu machen, ein Gedankenbild von etwas zu formen, das ihm schmeckte.
    »Die Neuronen in Ihrem Gehirn kommunizieren durch eine Abfolge elektrischer Signale«, erklärte Blackburn der Klasse. »Der Neuronalprozessor macht diese Signale nach und interpretiert sie. Mit dem richtigen Programm kann ich fast jeden Teil des Gehirns manipulieren. Der Verstand ist alles. Manipuliere den Verstand, und du manipulierst die ganze Welt, so weit es die jeweilige Person angeht. Genau so funktionieren Ihre Programme bei Angewandte Simulationen. Um Sie davon zu überzeugen, dass Sie ein Tier sind, um Sie mit einem Trick dazu zu bringen, dass Sie glauben, sich in einer künstlichen Landschaft zu befinden.»
    Auf Toms Infoscreen wurde erneut ein Text eingeblendet, und das Programm endete. Nun erblickte Tom zum ersten Mal die klumpige, graugrüne Masse des Nährstoffriegels und ließ ihn angewidert fallen. Ohne das Gedankenbild von Essen, das ihm schmeckte, sah er bloß so aus, wie er wirklich aussah, nämlich wie etwas, das jemand verdaut und dann wieder erbrochen hatte.
    Derweil rief Blackburn einen Jungen namens Karl Marsters auf die Bühne. Ein großer Junge mit Hängebacken und dem Abbild einer Dschingis-Axt auf dem Ärmel seines Hemdes stieg die Stufen empor. Blackburn sagte leise etwas zu ihm und gab anschließend etwas auf seiner Unterarmtastatur ein. Erneut tauchte aufToms Infoscreen eine Textzeile auf: Datenstrom empfangen: Programm » Kampf-oder-Flucht « initiiert.
    Plötzlich war Tom mit seiner Geduld am Ende. Er würde nicht länger hier herumhängen, um zu sehen, womit Blackburn ihn als Nächstes traktieren würde. Er wollte aus dem Raum hinausstürmen, doch Karl Marsters fing ihn ab. Unbezähmbare Wut kochte in Tom hoch. Er musste diesen Kerl umbringen ! Er versetzte Karl einen heftigen Kinnhaken. Karl brüllte auf und hob seine gewaltige Faust, um ihm seinerseits einen Schlag zu versetzen. Doch in diesem Moment schritt Blackburn ein und legte ihm beruhigend die Hand auf den Arm.
    »Beherrschen Sie sich.« Er schob Karl zurück. Dann beendete er das Programm mit einigen wenigen Eingaben auf seiner Tastatur.
    Karl sah Tom finster an und rieb sich am Kinn.
    Es folgten weitere Virenprogramme. Nach einer Manipulation seines limbischen Systems verknallte sich Tom in Blackburns Podium. Als er es gerade mit seinen Armen umschlang und ihm ewige Hingabe gelobte, steuerte Blackburn seinen Hippocampus an, woraufhin Tom vollkommen perplex vom Podium zurücktaumelte. Er hatte alles vergessen, was im vergangenen Jahr geschehen war. Er begann Erklärungen darüber einzufordern, warum er hier in diesem seltsamen Raum mit diesen seltsamen Leuten war, und wo steckte sein Vater? Ein Programm, das es auf die Amygdala abgesehen hatte, ließ ihn erneut auf das Podium reagieren – doch dieses Mal erschreckte er sich zu Tode davor. Als Karl ihn packte und näher in Richtung des Podiums schieben wollte, rammte Tom ihm den Ellbogen in den Magen, woraufhin Karl sich vor Schmerz krümmte. Karl wollte erneut auf ihn losgehen, doch Blackburn stellte sich ihm in den Weg.
    Zudem musste er das Virusprogramm abgebrochen haben, denn Tom bekam wieder einen klaren Kopf. Er stellte fest, dass er mit hämmerndem Herzen auf das eindeutig nicht bedrohliche Podium starrte, während sein Atem in kurzen, abgehackten Stößen ging. Als er herumwirbelte, sah er, wie Blackburn Karl warnte: »Beherrschen Sie Ihren Zorn, Marsters.«
    Karls Gesicht war knallrot, und er hatte seine kräftigen Fäuste in die Hüften gestemmt. »Aber Sir, er …«
    »Ist halb so groß wie Sie, stand unter dem Einfluss von bösartiger Software und hat Sie trotzdem fertiggemacht. Zweimal. Das ist Ihr Problem, nicht seines. Sie setzen sich jetzt lieber wieder hin.«
    Karl warf Tom einen vernichtenden Blick zu und verließ die Bühne.
    Blackburn drehte sich um und betrachtete Tom, der versuchte, die Orientierung zurückzugewinnen. »Geht es noch, Raines?«
    Tom warf einen Blick auf das Publikum, in dem einige der Auszubildenden versuchten, ihr Lachen zu unterdrücken. Seine Wangen brannten. Bewusst trat er näher an das blöde Podium heran, um zu beweisen, dass er wirklich keine Angst vor ihm hatte, aber auch nicht zu nah, weil er

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