Die Weltenspieler - Insignia I: Roman (German Edition)
vermischen und zuschauen, was geschah. Da würde nichts Gutes bei herauskommen.
»Meine schon«, sagte Beamer. »Und meine Schwester auch. Und deine, Vik?«
»Mom kommt von Indien hergeflogen.« Vik strich sich mit der flachen Hand über das Haar, das mittlerweile in ungleichmäßigen, langen Büscheln wuchs. »Beim letzten Videochat hat sie damit gedroht, den ganzen Weg auf sich zu nehmen, bloß um mir eine neue Frisur zu verpassen. Sie meinte, allmählich sähe ich so aus, als läge bei mir auf dem Kopf ein verendetes Tier.«
Die Bemerkung rief bei Beamer ein gackerndes Lachen hervor, und er fing an, Mutmaßungen darüber anzustellen, welchen Tierfellen Viks Haar ähnlich sah. Tom lachte mit ihnen, obwohl er mittlerweile nicht mehr wirklich zuhörte. Er machte sich nach wie vor Sorgen darüber, was sein Dad anstellen würde, falls er hierherkam. Eines wusste er: Neil würde nicht in die Hochburg dessen marschieren, was er »das Kriegskartell« nannte, bloß um ihm eine neue Frisur zu verpassen.
Später am Abend trudelten nach und nach alle Mitglieder der CamCo in der Kantine ein, um etwas zu essen. Sie ließen die Schultern hängen, und die Erschöpfung stand ihnen im Gesicht geschrieben. Die Nachricht von ihrer jüngsten Niederlage machte schnell die Runde. Die russisch-chinesischen Kombattanten hatten die Werften und sämtliche Schiffe zerstört, mit denen die CamCo-Kämpfer sich ihnen entgegengestellt hatten. Zu verdanken war dies größtenteils Medusa, dem es irgendwie gelungen war, die in dem Bereich versteckten indo-amerikanischen Satelliten zu enttarnen und die meisten von ihnen in der Schlacht zu blenden. Die CamCo- Leute waren daraufhin auf die begrenzten Sensoren der Raumfahrzeuge angewiesen gewesen. Ohne Satellitenunterstützung kämpften sie praktisch wie blind – und waren leichte Beute.
»Mann, ohne Medusa würde die Sache anders aussehen«, bemerkte Vik, während sie in Richtung des Lafayette-Raums gingen.
»Allerdings«, stimmte Tom zu, »total anders.« Es wäre allerdings auch nicht halb so spannend gewesen. Er brannte darauf, sich eine Aufnahme von der Schlacht herunterzuladen und Medusas Verhalten bei einem Kampfeinsatz erneut zu beobachten.
Sie waren alle zusammengerufen worden, um einer Rede von General Marsh beizuwohnen. Im alltäglichen Leben im Turm war er nicht präsent, doch nach Schlachten der CamCo kam er immer zur Nachbesprechung des Einsatzes vorbei. Offenkundig hatte er dieses Mal beschlossen, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen und auch das bevorstehende Elternwochenende anzusprechen. Die Auszubildenden nahmen allesamt auf ihren Bänken Platz. Dann stieg General Marsh auf die Bühne und hielt ihnen einen Vortrag, als wären sie nicht imstande, sich die Regeln darüber, welche Informationen sie ihren Eltern enthüllen durften und welche nicht, welche Bereiche des Turms den Eltern zugänglich waren und welche nicht, herunterzuladen.
Als Marshs Profil auf Toms Infoscreen eingeblendet wurde, schnippte er es weg.
Name: Terry Marsh
Rang: Brigadegeneral
Einheit: US Air Force 0-7, Aktiver Dienst
Sicherheitsstatus: Topsecret LANDLOCK -16
»Ihre Eltern müssen während ihres Aufenthalts hier stets ein Namensschild tragen«, erklärte Marsh, »und Sie müssen bei ihnen bleiben. Sie dürfen die Namen Ihrer Kameraden nicht preisgeben. Es ist mir egal, wie oft sie Sie nach Ihren Freunden fragen. Sie geben ihnen keine Antwort. Falls sie irgendwie eine Kamera einschmuggeln, müssen Sie diese konfiszieren. Außerdem sind Sie verantwortlich für jeden Akt von Spionage oder Sabotage, den Ihre Eltern während ihres Besuchs hier verüben.« Das Gekicher, das er damit hervorrief, schien Marsh nicht zu gefallen. »Durch eine solche Einstellung sind schon ganze Länder verraten worden! Sie können von Glück sagen, überhaupt ein Elternwochenende zu haben. Ginge es nach mir und nicht nach dem Verteidigungsausschuss des Kongresses, dann würden wir Sie hier einsperren und hätten einen wesentlich höheren Sicherheitsstandard.«
Bei Tom rief Marshs Besorgnis über Sabotageakte im Turm kein Kichern hervor. So etwas traute er Neil glatt zu. Was seinen Dad anging, konnte er gar nichts vorhersagen.
Nach dem Briefing sprach Olivia ihn im Flur an. »Tom, ich habe eine Liste von Eltern zusammengestellt. Es ist mir noch nicht gelungen, mich mit deinem Vater in Verbindung zu setzen, um ihm eine Einladung zuzustellen.«
Toms Schultern entspannten sich. Tiefe Erleichterung durchschoss ihn,
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