Die Weltenspieler - Insignia I: Roman (German Edition)
jedem Nervenstrang rissen. Er bekam keine Luft mehr, konnte nicht mehr atmen …
Medusa kniete sich neben ihn. »Bestimmt wünschst du dir jetzt, du wärst mit den anderen rausgegangen.«
Toms Blickfeld verdunkelte sich an den Rändern, während sein Körper sich beim vergeblichen Ringen um Sauerstoff vor Schmerz zusammenkrümmte; der Federbusch auf Medusas Helm wurde größer und dunkler, während dieser sich noch näher zu ihm herunterbeugte, um ihn sterben zu sehen. Tom bekam noch halb mit, wie Medusas Hand ihm den bleischweren Hinterkopf hob und ihm den Helm abstreifte, sodass sein blutiges Haar herausquoll. Achilles nahm sich einen Moment Zeit, um auf die sterbende Penthesilea hinabzuschauen. Und während Tom allmählich das Bewusstsein verlor, glaubte er zu sehen, wie sich Medusas Lippen zu einem leisen Lächeln kräuselten – und trotz seiner Höllenqualen verzog auch er die Lippen zu einem blutigen Grinsen.
Du bist haargenau so, wie ich dich erträumt habe.
Das Letzte was er spürte, waren Medusas Hände, die seinen Kopf umschlossen und ihn wiegten, bis er in die Dunkelheit glitt.
Im Simulationsraum riss Tom die Augen auf.
Elliot saß mit verschränkten Armen am Ende seines Feldbettes. Der Rest der Simulationsgruppe hatte sich hinter ihm versammelt und starrte auf Tom herab, als wäre dieser ein sonderbares wissenschaftliches Experiment. Als Tom sich aufrichten wollte, halfen ihm gleich mehrere Hände.
Er betastete seinen schmerzenden Kopf. Elliot sprang vom Bett und kam zu ihm herüber. Er wölbte seine dunklen Brauen. »Deine Herzfrequenz ist da drüben am Ende ein bisschen durchgedreht. Wir haben uns Sorgen gemacht. Wie ist es gelaufen?«
»Kalaschnikow, Roter Terror und Rusalka ausgeschaltet.«
Elliot lachte. »Rusalka von einem Rekruten ausgeschaltet. Das werde ich Svetlana aufs Butterbrot schmieren, wenn wir das nächste Mal am gleichen PR-Event teilnehmen.«
»Dann hat mich Medusa erwischt.«
Elliot schockierte ihn, indem er ihm auf die Schulter klopfte. »Gut gemacht, Tom.«
Tom erwiderte Elliots Grinsen. Elliot hatte ihn dort gelassen, hatte ihm eine Chance gegeben, Medusa herauszufordern. Er war überrascht. Nun war es ihm nicht mehr möglich, Elliot Ramirez als Idioten Ramirez zu betrachten.
Die Gruppe um ihn lichtete sich, und alle verstauten die Kabel unter den Betten im Simulationsraum. Tom blieb noch eine Weile liegen. Ihm schwirrte der Kopf von all dem, was geschehen war. Als er schließlich aufstand, tat er dies nur, um zu Beamer zu gehen, der auf seinem Feldbett lag, die Beine bis an die Brust angezogen, die Arme um sie geschlungen. Er wirkte blasser als seine Figur in der Simulation, und seine Sommersprossen hoben sich deutlich von seiner weißen Haut ab.
Tom winkte mit der Hand vor seinen Augen hin und her. Beamer schreckte vor ihm zurück und kroch, nach Luft schnappend, aus dem Bett. »Lass mich!«
»Tom, lass ihn in Ruhe«, befahl Elliot leise.
»Wir sind Freunde.«
Elliot zog ihn mit festem Griff zurück. »Überleg doch mal: Du hast ihn vorhin getötet.«
»Jetzt hör aber auf.« Ungläubig wandte sich Tom Beamer zu. »Ich habe dich nicht wirklich getötet. Und hey, ich bin auch gestorben. Tod durch Schwert in den Bauch.« Er umklammerte seinen Unterleib und imitierte sein eigenes Gurgeln, um dann in einer theatralischen Geste zusammenzubrechen und zu Boden zu fallen. Doch als er wieder auf die Beine kam, schaute Beamer ihn gar nicht an.
Tom wurde ärgerlich. Beamer starb doch ständig. Dieser Tod war nun nicht gerade glücklich für ihn gelaufen – aber mittlerweile ging es ihm wieder gut. Auch Tom war gestorben, und er hatte sich noch nie in seinem Leben so lebendig und aufgekratzt gefühlt.
»Nun komm schon, Beamer! Ich hab dich doch nur zu deinem eigenen Besten enthauptet.«
Beamer bedachte ihn mit einem düsteren Blick, so als sähe er ihn gar nicht wirklich. Elliot trat zwischen die beiden und zog dessen verschwommenen Blick damit auf sich. »Stephen, soll ich die Sozialarbeiterin für dich rufen?«
»Ja, dann fühlt er sich bestimmt besser«, sagte Tom. »Nenn den Kerl ruhig Warmduscher.«
Beamers Blick schnellte nun über Elliots Schulter hinweg zu ihm. Er fixierte Tom eine ganze Weile und stürzte dann aus dem Raum.
Elliot seufzte und wandte sich Tom zu. »Ich glaube, wir müssen uns irgendwann mal darüber unterhalten, wie man emotionale Sensibilität an den Tag legt.«
Verwirrt von alledem kehrte Tom zu seinem Feldbett zurück. Er steckte sein
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