Die Weltgeschichte der Pflanzen
geläufige Bezeichnungen für Tees.
In Assam wurden wild wachsende Teesträucher aber erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts entdeckt und danach kultiviert. Entgegen einer weit verbreiteten Vorstellung wurde in Indien vor 1850 kein Tee getrunken. Das Teetrinken machten die Inder den Engländern nach.
Die ersten Teetrinker waren wohl Angehörige von Bergstämmen im Norden von Burma und Laos am Oberlauf des Irawadi in den schwer zugänglichen Bergtälern Ostassams oder Manipurs – alles in der bezeichneten Gegend. Die Ausbreitung des kultivierten Teestrauchs und des Teetrinkens erfolgte dann aber nicht über Assam nach Indien, sondern über Yünnan nach China.
Die südwestliche chinesische Provinz, die sich sozusagen an den Himalaja anlehnt und westlich an Tibet grenzt, ist mit ihren Nachbarregionen die Urheimat sehr vieler Pflanzen, da sich hier, auf vergleichsweise kleinem Raum, viele verschiedene Vegetationszonen finden, vom Hochgebirge bis zu subtropischen und sogar tropisch-feuchten Flusstälern. Auch der Teestrauch liebt, wie der Wein, Feuchtigkeit und Wärme. Er ist eine Tropenpflanze, abernicht der heißen Niederungen (wie der Kakaobaum), sondern der klimatisch ausgeglicheneren Bergzonen (wie der Kaffee) und verträgt sogar einigen Frost.
Der Teestrauch ist ein Kameliengewächs; der botanische Name lautet schlicht Camellia sinensis (»chinesische Kamelie«), aber deswegen ist eine gute Tasse Tee kein »chinesischer Kamillentee«; die Echte Kamille gehört zu einer anderen Pflanzenfamilie.
Gleichwohl wurde das Trinken eines Aufgusses von Teestrauchblättern, das vielleicht Jahrtausende zurückgeht, in der engeren botanischen Heimat eher als Heilanwendung gesehen. Die Sitte breitete sich in den Zeiten der kaiserlichen Tang-Dynastie (um 600-900) in China von Süden nach Norden aus, und seit dieser Zeit sah man im Tee mehr und mehr ein Genussmittel.
Noch in der Tang-Zeit wurde der Tee aus »Ziegeltee« bereitet, das ist pulverisierter Grüntee, der mit Reiswasser besprengt und zu Blöcken gepresst wird, wie es traditionell in Tibet üblich ist. (Die Tibeter bereiten daraus ihren »Buttertee«, eher eine Art gewöhnungsbedürftiger Suppe.) Die Ziegel erleichtern den Transport. So gelangte er überhaupt erst über Teekarawanen ins tibetische Hochland, wo kein Tee wächst. Auch Persien, die Türkei und Russland lernten Tee zunächst als Ziegeltee-Export kennen. Für den Teeaufguss wurden kleine Bröckchen vom Ziegel in heißem Wasser aufgelöst. Erst seit der Ming-Zeit (1368-1644) verwendete man auch ganze Teeblätter. So lernten es dann im 16. Jahrhundert die Europäer kennen.
Das hochchinesische Tee-Wort cha ist im Russischen chai für Europäer sehr präsent; auch das Türkische und Persische folgen dieser Aussprache. Diese Länder wurden seit dem Mittelalter auf dem Landweg durch Karawanen mit Tee beliefert. Durch die Missionstätigkeit buddhistischer Priester gelangte Tee auch nach Japan, wo sich sein Genuss zu einem noch bedeutenderen kulturellen Faktor entwickelte als in China selbst.
Die Aussprache te folgt einem südchinesischen Dialekt, und sowurde das Wort in die Sprachen derjenigen europäischen Länder übernommen, die durch den Seehandel versorgt wurden. Das Hauptanbaugebiet blieb Südchina.
Der Teestrauch kann nach rund fünf Jahren Wachstum erstmals abgeerntet werden, und das etwa 25 Jahre lang. Etwa nach dem zwölften Jahr sinken allerdings die Erträge. Man schneidet die Sträucher immer wieder zurück auf die für das Pflücken angenehme Höhe von anderthalb Metern. Ausgewachsene Teebäume, die bis zu zwölf Metern Höhe erreichen können, hat man lange nicht mehr gesehen – zumindest nicht auf den Teeplantagen. Auch das ist ein Teilaspekt einer »Kulturpflanze«: Die Menschen züchten sie sich so zurecht, wie sie sie brauchen.
Die besten Sorten sind die oberen Blattknospen und die beiden jüngsten Blätter. Sie ergeben den Flowery Orange Pekoe. Es folgen Orange Pekoe, Pekoe, Pekoe Souchong. Die Europäer bevorzugen traditionell die fermentierten Pekoes; Orange Pekoe für die gehobene, »königliche« Qualität heißt so nach dem niederländischen Königshaus Oranien.
Tee kann nach wie vor nur von Hand gepflückt werden. Alle seit dem 19. Jahrhundert unternommenen Versuche, Pflückwerkzeuge oder gar Pflückmaschinen zu konstruieren, sind gescheitert. Teepflücken ist fast ausschließlich schlecht bezahlte Frauenarbeit.
Nach der Ernte lässt man die Blätter etwas welken, um den
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