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Die Weltgeschichte der Pflanzen

Die Weltgeschichte der Pflanzen

Titel: Die Weltgeschichte der Pflanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Seidel
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hingegen wurde »das« neue bürgerliche Modegetränk, auch wenn die fortschrittlichen Adeligen – damals natürlich nur Männer – ebenfalls ins Kaffeehaus gingen. Woanders war diese Mischung der Stände in geselliger Form nicht möglich. Restaurants gab es überhaupt noch nicht. Der Adelige speiste nur in seinem Palais, die reichen Bürgerlichen aßen ebenfalls zu Hause und dorthin lud man seine Gäste ein. Wirtshäuser und Schenken, in denen allerlei alkoholische Getränke angeboten wurden, frequentierten nur die einfachen Leute, auf dem Lande wie in der Stadt.
    Das Kaffeehaus war »der« mondäne Treffpunkt der Aufklärungszeit und damit eine der Geburtsstätten der Moderne. Neu war auch das Zeitungslesen, was eng mit der Kaffeehauskultur verknüpft blieb. »Zeytungen« waren damals eine Art fliegende, lose Blätter, in denen Nachrichten und vor allem Klatsch- und Tratsch-Geschichten zusammengestellt und rasch gedruckt verbreitet wurden – ein völlig neuartiges Medium.
    Die Unterhaltungen über diese Neuigkeiten und politische Diskussionen wurden Teil der Kaffeehauskultur. Die müßigen Adeligen und wohlhabenden Bürger hatten genügend Zeit. So entwickelten sich die Kaffeehäuser zu Umschlagplätzen für neue Ideen, gerade der Aufklärung – wie übrigens viele Adelsalons auch. Die intellektuelle Teilnahme am Zeitgeschehen war enorm ausgeprägt. Man konsumierte Nachrichten ja noch nicht zu Hause durch Radio, Fernsehen oder Internet. Jeder Kaffeehausbesuch war insofern auch ein mediales Ereignis. Im 18. und bis weit ins 19. Jahrhundert hinein wurden manche Kaffeehäuser regelrechte Debattierklubs, oftmals nur von Anhängern bestimmter gesellschaftlicher und politischer Strömungen besucht. Bis heute werden Kaffeehäuser in italienischen oder spanischen Provinzstädten nur von Angehörigen bestimmter Schichten aufgesucht. Der einfache Handwerker oder Arbeiter oder die kleine Verkäuferin »geht nicht« in gewisse aufgeputzte, verspiegelte Café-Bars, die von wohlgekleideten Wohlhabenden der Stadt frequentiert werden, auch wenn sie nur am anderen Ende der Piazza, in Sichtweite des eigenen Stammcafés, liegen. Der durchreisende Tourist nimmt dies im Allgemeinen nicht wahr, aber solche Klassenschranken existieren.
    Nicht wegen der Kaffeehäuser, sondern weil es sich bis weit ins 19. Jahrhundert hinein für Frauen generell nicht schickte »auszugehen« (schon gar nicht alleine), blieb die Kaffeehauskultur rund zwei Jahrhunderte lang eine Männerdomäne. Das tortenüberladene Plüschcafé als weitgehend männerfreies Reservat für Damenkränzchen behauptete sich eigentlich nur in den gut 30 bis40 Jahren Nachkriegszeit in Deutschland. Sowohl im österreichischen Kaffeehaus wie in den südeuropäischen Café-Bars hat sich im 20. Jahrhundert immer eine ausgewogene Klientel aus beiden Geschlechtern eingefunden, bis seit den Siebzigerjahren durch die Toskana- und Provence-Fraktion das urbane, moderne Café auch in Deutschland wieder in Mode kam.
    Die ersten Verbreiter des Kaffeestrauchs aus seiner abessinischen Heimat waren die Holländer. Java war einer der ersten Orte, wo sie um 1700 versuchten, die »arabische« Pflanze zu kultivieren, und Java (Indonesien) ist ein wichtiges Kaffeeanbauland geblieben.
    Nachdem der Kaffee seine äthiopische Heimat einmal verlassen hatte, ging die Ausbreitung bemerkenswert schnell vor sich. 1704 nahmen die Holländer Kaffeepflanzen mit zurück nach Amsterdam und von dort aus 1714 nach Südamerika. 1721 begann der Anbau an der venezolanischen Küste, 1727 in Haiti, 1748 in Kuba, 1770 in Brasilien, 1790 in Mexiko.
    1727 legten Portugiesen die ersten Kaffeeplantagen in Brasilien an, heute das führende Kaffeeanbauland auf dem Weltmarkt mit annähernd drei Milliarden Tonnen, wovon zwei Drittel in den Export gehen. Zweitgrößter Exporteur ist Vietnam (eine Milliarde Tonnen), erst dann folgen traditionelle Kaffeeanbauländer wie Kolumbien, Indonesien und Äthiopien.
    Arabica ist die Sorte, die vorwiegend in Ostafrika und Lateinamerika angebaut wird; sie enthält nur halb so viel Koffein wie Robusta , aber sehr viel mehr Aromen. Es gibt zweieinhalb mal so viele Arabica -Pflanzen wie Robusta -Pflanzen. Hauptanbaugebiete für Robusta sind Westafrika, Indonesien und Vietnam. Beide zusammen machen weltweit 98 Prozent der Kaffeepflanzen aus.
    Die Kaffeesträucher blühen weiß, und es dauert ein Dreivierteljahr, bis die Früchte reif zur Ernte sind. Die Sträucher gedeihen nur im

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