Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Weltgeschichte der Pflanzen

Die Weltgeschichte der Pflanzen

Titel: Die Weltgeschichte der Pflanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Seidel
Vom Netzwerk:
neuenglischen Häfen. Am bekanntesten ist der Zwischenfall in Boston 1773: Als Indianer verkleideteBostoner enterten drei Schiffe der BEC und warfen die gesamte Teeladung ins Hafenbecken. Die Parole der Kolonisten lautete: No taxation without representation ! Sie wollten keine Steuern und Zölle bezahlen, ohne im britischen Parlament vertreten zu sein. Der Teesteuerstreit eskalierte zur amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung. Es folgten die Unabhängigkeitserklärung (4. Juli 1776) und der amerikanische Unabhängigkeitskrieg (1775-1783).
    Danach wurden die Amerikaner aus verständlichen Gründen Kaffeetrinker.
    Auch so etwas hat wirtschaftsgeschichtlich erhebliche Folgen: Wären die Amerikaner mit ihrem erheblichen Weltmarktpotenzial Teetrinker wie die Engländer geblieben, hätte Kaffee nicht die Bedeutung, die er als führendes agrarisches Welthandelsprodukt heute hat, sondern eben der Tee, sicher mit ganz anderen Warenströmen.
    In den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts war das Teehandelsvolumen enorm gestiegen, der Teepreis hingegen enorm gefallen: von 4000 Pfund pro Tonne auf 350 Pfund pro Tonne (Großhandelspreis in London). Das zehrte an den Margen. Damals wurde noch kein Tee in Ceylon, Assam oder Darjeeling angebaut. Die Chinesen hatten immer noch das Monopol und verlangten wie eh und je Silbertaels. Und Westeuropäer wie Amerikaner wollten partout nicht vom Teetrinken ablassen. Man schätzt, dass im 18. Jahrhundert ein Viertel aller in den amerikanischen Kolonien erwirtschafteten Erträge wegen des Tees via London in die chinesische Staatskasse flossen.
    Zu Beginn des 19. Jahrhunderts ging die BEC buchstäblich das Geld für die Teerechnungen aus. Die westliche Welt konnte so viele Silberlinge gar nicht aufbringen, wie sie Tee wegschlürfte. So viel Silber wie benötigt worden wäre, war auch aus den Minen nicht mehr zu beschaffen. (Die Ökonomen sprechen in solchen Fällen nebulös von einem »Ungleichgewicht in der Handelsbilanz«.)
    Die Engländer verfielen nun auf einen perfiden Plan, durch densie das riesige Reich der Mitte tatsächlich in die Knie zwangen: eines der düstersten Kapitel der Kolonialgeschichte.
    Die BEC ließ in Indien vermehrt Opium produzieren, das nach China eingeschmuggelt wurde. Opium war in China begehrt, aber verboten, der Handel wurde strengstens bestraft. Aber da an solchen Prohibitionen gerade wegen der Risiken sehr viel verdient wird, organisiert sich das Verbrechen. Und die BEC sorgte dafür, dass genau dies geschah. Schnell stieg die Menge von 60 Tonnen im Jahr 1776 auf 300 Tonnen 1790 und 1500 Tonnen im Jahr 1830. In ganz China grassierte die – wie immer bei Rauschgiften – eben nur sehr schwer einzudämmende (Opium-)Sucht. Die »Geschäfte« wurden auf tausend verschlungenen Wegen des Schmuggels und der Bestechung abgewickelt, aber für das Opium flossen nun umgekehrt so große Mengen Silber an die BEC , dass die chinesische Handelsbilanz negativ zu werden drohte. Offiziell wusch die BEC der chinesischen Regierung gegenüber die Hände in Unschuld.
    Die kaiserliche Regierung unternahm viel, um sowohl die Opiumsucht wie den Opiumhandel einzudämmen: Aufklärung, Verhaftungen, Beschlagnahmung Zehntausender Kilo Opium und Pfeifen, Inhaftierung ausländischer Händler bis hin zu einem Totalverbot des ausländischen Handels und der Entsorgung von 1400 Tonnen Rauschgift im Meer im Jahr 1839. Nichts half. Die Ausweisung von Ausländern lieferte den Briten den Vorwand für militärisches Vorgehen. Gepanzerte Kanonenboote fuhren chinesische Flüsse hinauf und zerschmetterten, was sich ihnen in den Weg stellte (die klassische Kanonenbootpolitik). Mit ihren wahrhaft antiquierten Waffen und Verteidigungsanlagen hatten die Chinesen dem nichts entgegenzusetzen.
    So erzwangen die Briten die Öffnung Chinas. Der Erste Opiumkrieg (1839-1842) führte zur Abtretung Hongkongs an das Vereinigte Königreich und zu den ersten Ungleichen Verträgen. China musste neben Kanton einige weitere Häfen für die Briten öffnen (aber vorläufig nur die Häfen). Im Zweiten Opiumkrieg (1856-1860)wurden Kanton und Peking erobert und der kaiserliche Sommerpalast geplündert. Auf beiden Seiten wurden die Kriege mit großer Grausamkeit geführt. Durch die sogenannten und wahrhaft »Ungleichen Verträge« wurde das Kaiserreich trotz formaler Beibehaltung seiner Souveränität auf den Status eines Koloniallandes gedrückt und gedemütigt. Die Chinesen mussten Reparationszahlungen leisten, den

Weitere Kostenlose Bücher