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Die Weltgeschichte der Pflanzen

Die Weltgeschichte der Pflanzen

Titel: Die Weltgeschichte der Pflanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Seidel
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der »Jesuitenrinde« beispielsweise im dezidiert antikatholischen England nicht über den Weg traute.
    Malariaseuchen gab es seit der Antike bis ins 20. Jahrhundert auch in Süd- und Mitteleuropa. Man stirbt nicht immer gleich an Malaria, doch die immer wieder auftretenden Fieberschübe schwächen den Körper. Die Krankheit fordert hohe Opferzahlen, namentlich unter Kindern, auch heute noch. Wo die Malaria grassierte, dezimierte sie die Bevölkerung wie die Pest. Dass für ihre Ausbreitung ein enger Zusammenhang mit sumpfartigen stehenden Gewässern besteht, hatte man schon in der Antike beobachtet. Stechmücken lieben solche Feuchtbiotope. Wer heutzutage solche Biotope »schützt« und womöglich noch den Einsatz von Insektiziden verhindert, leistet der Ausbreitung von Malaria Vorschub.
    Der Erreger ist Plasmodium , ein winziger einzelliger Schmarotzer mit erstaunlich kompliziertem Lebens- und Vermehrungszyklus. Er ist so eine Art Alien der menschlichen roten Blutkörperchen, die er zum Platzen bringt, weil er sich von ihnen ernährt. Das bekommt uns auf die Dauer nicht gut.
    Plasmodium wird durch den Stich der weiblichen Anopheles-Mücke übertragen, in der Umgangssprache Moskito genannt, vermehrt sich unter anderem in der Leber und schädigt diese. Nur in Westafrika gibt es schwarze Bevölkerungsgruppen, die, wie man heute weiß, aufgrund einer abweichenden genetischen Kodierung gegen Malaria immun sind. Diese Menschen bildeten die wesentliche Ressource an Sklaven in der Kolonialzeit.
    Die Europäer hatten Anopheles nach Amerika und Asien verschleppt. In tropischen Gebieten mit stehenden Gewässern – ein wassergefüllter Hufabdruck im Schlamm genügt – findet die Mücke ideale Lebensbedingungen vor, insbesondere in den Flussdeltas großer Ströme. Trockenheit und Kälte kann sie nicht ertragen; daher gehen Malariaseuchen drastisch zurück, wenn Sumpfgebiete entwässert werden, trockene Wohnorte sind viel weniger betroffen. Die Moskitos fliegen höchstens drei Kilometer weit und Plasmodium  – nicht die Moskito! – braucht, wie gesagt, den Menschen zur Vermehrung. Da die Moskito außerdem nur nachtaktiv ist, schläft man in den Tropen unter Moskitonetzen. Diese Beschränkungen erklären, warum nicht ständig und überall in den Tropen Malariaseuchen herrschen, selbst in Indien nicht. Aber wenn es stark regnet, vermehren sich auch die Moskitos schnell, und damit steigt natürlich die Ansteckungsgefahr.
    In den ersten 150 Jahren der Kolonialgeschichte waren die Opferzahlen der Malaria enorm. Nach der Entdeckung des Heilmittels stiegen die Nachfrage und damit selbstverständlich die Preise in Europa enorm an. Denn auch hier grassierte ja die Malaria. Wie immer profitierten als Erste und lange Zeit ausschließlich die wohlhabenden Schichten von der neuen Therapie.
    Die Versorgung mit Chinarinde blieb wegen unterschiedlicher Qualitäten der Pflanzen sehr schwankend. Erst allmählich identifizierte man die wertvollen Chinarindenbaumarten. Nur in den Anden waren Chinarindensammler unterwegs. Als Alexander von Humboldt um 1800 nach Südamerika kam, stellte er fest, dass die Baumbestände weitgehend abgeschält waren. An nachhaltige Ernte oder Neupflanzung hatte niemand gedacht. Angesichts der hohen Preise war Chinarinde ein einträgliches Geschäft. Um 1840 wurde eine Million Pfund Rinde aus Südamerika exportiert, hauptsächlich nach Europa und Nordamerika, wo vor allem die Südstaaten unter Malariaseuchen litten.
    Seit der Entdeckung um 1650 bis etwa 1850 wurde Chinarinderund 200 Jahre lang ausschließlich aus den Anden bezogen. Das änderte sich nun. Die Herrschaft des Welthandelsgroßkonzerns des Kolonialzeitalters, der britischen East India Company ( BEC ) über Indien, neigte sich dem Ende entgegen. Die BEC hatte im Lauf des 18. Jahrhunderts den gesamten indischen Subkontinent unter ihre Herrschaft gebracht. Die Mogul-Kaiser waren nur noch Marionetten der englischen Kaufleute. Diese regierten mit großer Härte, wurden der dadurch entstehenden Schwierigkeiten aber nicht mehr Herr. Hinzu kamen weltpolitische Verwerfungen durch die Amerikanische und die Französische Revolution.
    Der britische Staat musste eingreifen und die Handelsgesellschaft 1858 letztlich übernehmen und damit die Regierungsbefugnisse in Indien. Der Mogul-Kaiser wurde abgesetzt, Indien eine britische Kronkolonie. Englische Militärs und Kolonialbeamte wurden in größerer Zahl nach Indien entsandt. Sie brauchten eine zuverlässige

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