Die Weltgeschichte der Pflanzen
Labrador (Kanada). Banks wurde für England so eine Art Alexander von Humboldt, zumindest in Sachen Botanik.
Die Reise der Endeavour war von Anfang an ein gemeinsames Projekt der Royal Navy und der Royal Society, der führenden Gelehrtenvereinigung in England. Banks war Mitglied der Society. Die Gentlemen fuhren über Brasilien, wo Banks die Bougainvilleaerstmals wissenschaftlich beschrieb, nach Tahiti, wo der Venustransit von 1769 beobachtet wurde, der wissenschaftliche Hauptzweck der gesamten Reise. (Der Venustransit vor der Sonnenscheibe war für die damalige astronomische Wissenschaft wichtig für die Bestimmung der Entfernung von der Erde zur Sonne. Er findet zwar regelmäßig, aber nur relativ selten, etwa alle 110 Jahre statt, also nur einmal in drei Generationen.)
Dann landete die Endeavour in der legendären Botany Bay, heute im Herzen von Sydney, wo, der Name sagt es bereits, die botanische Arbeit begann. Da die Endeavour überholt werden musste, war dies der erste längere Aufenthalt von Europäern in Australien. Banks und zwei skandinavische Botaniker sammelten, beschrieben und zeichneten annähernd 800 neue Arten. Die Skandinavier waren damals durch den bahnbrechenden Taxonomen Linné die führende Nation in Sachen Botanik. Ein Pflanzenillustrator war extra mitgenommen worden.
Auch die Anregung, englische Strafgefangene in das damals noch »Neu Holland« genannte Gebiet des heutigen Sydney zu bringen, stammte von Banks. Sie wurden die ersten europäischen Siedler auf dem Fünften Kontinent.
Die Reise war ein Triumph für alle Beteiligten. Cook bereitete sogleich seine zweite Reise vor (an der Banks nicht teilnahm). Banks war nun 28 Jahre alt und schlagartig berühmt geworden. Unter anderem wurde er Mitglied der Schwedischen Akademie der Wissenschaften; das ist diejenige, die heute die Nobelpreise vergibt. Sieben Jahre darauf wurde Banks mit Mitte dreißig zum Präsidenten der Royal Society gewählt und behielt diese ehrenvolle Position, die er ausgezeichnet ausfüllte, 41 Jahre lang. In solchem Ansehen stand damals die Botanik. Als botanischer Berater des Königs für Kew Gardens war Banks inoffiziell deren Direktor und nahm wesentlichen Einfluss auf die Pflanzenpolitik seiner Zeit.
Selbstverständlich war Banks in seiner Position ein bedeutender Wissenschaftsorganisator und Grundlagenforscher zugleich. Ströme neuentdeckter Pflanzen gelangten aus allen Teilen der Welt nach England. Und zwar nicht zuletzt, weil Banks Forscher und Abenteurer mit gezielten Sammelaufträgen aussandte. Man verfolgte wissenschaftliche Interessen, aber auch das Potenzial für die Nutzung von Pflanzen wurde klar erkannt. Banks initiierte die Forschungs- und Entdeckungsreise von George Vancouver (1792) entlang der nordamerikanischen Pazifikküste (nach Vancouver ist die westkanadische Großstadt benannt) und die Reise von William Bligh in den Südpazifik, die durch die Meuterei auf der Bounty berühmt wurde. Blighs Auftrag bestand darin, von dort Brotbaumfruchtpflanzen in die Karibik zu bringen, wo man sie zur Ernährung der Sklaven auf den Zuckerrohrplantagen anpflanzen wollte.
Etwa seit seinem sechzigsten Lebensjahr litt Banks so stark an Gicht, dass er auf den Rollstuhl angewiesen war, trotzdem blieb er bis zum Ende seines Lebens hochaktiv und wurde mit zahllosen Ehrungen überhäuft. Sein Porträt ziert die australische Fünf-Dollar-Note.
Myrtengewächse sind eine entwicklungsgeschichtlich sehr alte Pflanzenfamilie. Nur die für die Gattung namengebende Myrte kommt in Europa – im Mittelmeergebiet – vor, alle anderen in den Tropen. Als Speisepflanzen aus dieser Gattung sind die Gewürznelken und die Guaven bekannt. Die Pflanzen beziehungsweise ihre Vorfahren entstanden in Gondwana-Land, dem großen Südkontinent der Jura-Zeit (vor 200 bis 150 Millionen Jahren), als Südamerika, Afrika, Indien, Australien und die Antarktis noch eine zusammenhängende Landmasse waren. In der Jura-Zeit lebten die Dinosaurier. Auch diese Pflanzen waren also Dinosaurierfutter. Die Entstehung in Gondwana erklärt, warum Myrtengewächse hauptsächlich in der Südhemisphäre zu Hause sind, dort aber auf allen heutigen Kontinenten. Und es erklärt außerdem, warum sie in ihren Formen und Arten sehr verschieden sind. Sie haben sich eben über viel längere Zeiträume entwickelt und diversifiziert als die bedecktsamigen Pflanzen aus der Zeit nach der Meteoritenkatastrophe von Yucatan, als so viele Arten ausstarben, auch die Dinosaurier. Die
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