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Die Weltgeschichte der Pflanzen

Die Weltgeschichte der Pflanzen

Titel: Die Weltgeschichte der Pflanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Seidel
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meisten Bedecktsamer, zu denen viele der uns vertrauten Pflanzen zählen, entstanden erst danach.
    Eukalypten sind also erdgeschichtlich gesprochen »vorsintflutliche« Pflanzen, wenn man im übertragenen Sinn die Yucatan-Katastrophe mit der legendären Sintflut gleichsetzt, die ja auch das meiste Leben auslöschte. Sie haben einige bemerkenswerte Eigenschaften. Eukalypten lieben Waldbrände. Wegen ihres hohen Gehaltes an Ölen brennen sie lichterloh. Das ist in bebauten Regionen natürlich ein Problem. In Kalifornien, wo Eukalypten seit Mitte des 19. Jahrhunderts eine willkommene Neuanpflanzung waren, werden die Bestände inzwischen wegen der Brandgefahr für die Zivilisation wieder reduziert und durch einheimische Bäume ersetzt. Aber davon abgesehen nutzen die Brände dem Baum. Seine Wurzeln und Samen überleben das Feuer sogar nach völliger Zerstörung, sie wachsen schnell wieder empor und verschaffen sich so einen Vorteil gegenüber anderen Pflanzen.
    Eukalypten werfen Rinde in langen Streifen oder Flocken ab, die sich dann auf dem Boden unter dem Baum haufenweise ansammeln. Gleichwohl bilden die Stämme Jahresringe und wachsen im Durchmesser; sie werden ja sehr hoch.
    Und sie wachsen sehr schnell. Eukalypten ziehen sehr viel Wasser aus dem Boden, sodass sie für die Trockenlegung von Sümpfen eingesetzt werden konnten, was in malariaverseuchten Gebieten durchaus wünschenswert sein kann. Zunächst verwechselte man hierbei allerdings Ursache und Wirkung. In den Siebzigerjahren des 19. Jahrhunderts sandte der Erzbischof von Melbourne Eukalyptussamen nach Italien, wo vielerorts bis ins 20. Jahrhundert hinein die Malaria grassierte. Der Bischof pries Eukalyptus als Heilmittel gegen die Seuche. Im sehr altehrwürdigen Zisterzienserkloster Tre Fontane, südlich vor den Mauern von Rom gelegen, unternahmen die Mönche alles, um die Eukalypten erfolgreich anzupflanzen, indem sie Sträucher beseitigten und Sumpfgelände trockenlegten.Seit Jahrhunderten mussten sie wegen der Malaria im Sommer in die Berge ausweichen. Und siehe: Als die Bäume emporgewachsen waren, war auch die Malaria beseitigt. Allerdings nicht wegen der Eukalypten, sondern weil die Sümpfe trockengelegt worden waren, die Brutstätte der Überträgermücke Anopheles (siehe das Kapitel »Chinarindenbaum«).
    Kloster Tre Fontane liegt nahe dem in den Vierzigerjahren unter Mussolini erbauten Stadtviertel EU R, das für die Weltausstellung Esposizione Universale di Roma errichtet wurde, ein seinerzeit architektonisch wegweisendes Projekt. Inzwischen hatte man den Zusammenhang zwischen Malaria und Sumpfgebieten erkannt. Erst unter Mussolini wurden in Italien viele dieser Gebiete systematisch trockengelegt – gerade auch in Gegenden, die nach dem Zweiten Weltkrieg bei Urlaubern sehr beliebt wurden: an der Adriaküste. So verfuhr man auch in Kalifornien und in Israel, wo jüdische Siedler Eukalyptusbäume in den Zwanzigerjahren anpflanzten. Aber im Umkreis eines Eukalyptusbaums wächst dann auch ansonsten nichts mehr.
    In Kalifornien mit seinem dem australischen ähnlichen Klima wurden Eukalypten während des ersten kalifornischen Goldrausches um 1850 von Australiern eingeführt. Sie sind dort auch ein Windschutz für die Orangenplantagen und ein beliebter Schattenspender für Gärten.
    Sehr erfolgreich war die Einführung von Eukalyptus in Brasilien (1910), wo die Bäume besonders schnell wachsen und vor allem industriell genutzt werden: für Holzkohle für die Stahlindustrie und die Papierherstellung. Eukalyptus ist übrigens weltweit der wichtigste Rohstofflieferant für Papier und Zellstoffprodukte (Papiertaschentücher, Kleenex, Küchenkrepp), allerdings nicht in Europa. Hier stehen andere, einheimische Baumarten als Rohstoffe in ausreichender Menge zur Vefügung.
    In Afrika begann die Einführung von Eukalyptusbäumen kurz vor 1900 auf Initiative der kaiserlich-äthiopischen Regierung. Esging um die Wiederaufforstung des wegen Brennholzübernutzung völlig entwaldeten Gebietes rund um die Hauptstadt Addis Abeba, und auch diese Maßnahme war erfolgreich. Wegen des schnellen Wachstums werden sie ebenfalls angepflanzt, um Bodenerosion zu verhindern.
    Eukalyptus-Holz ist eine der härtesten Holzarten; manche sind schwerer als Wasser.
    Koalabären fressen mit Vorliebe Eukalyptusblätter (was bleibt ihnen anderes übrig, wenn Eukalyptus die in Australien dominierende Baumart ist?). Die ätherischen Öle, meist unbekömmlich für Tiere, machen ihnen nichts

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