Die Weltgeschichte der Pflanzen
religiöser Gemeinschaft (Native American Church), bei der ein Peyote-Ritual im Mittelpunkt steht. Für diese »Kirche« gibt es sogar Ausnahmebestimmungen im amerikanischen Betäubungsmittelgesetz, sodass sie Peyote besitzen dürfen.
Schöllkraut
Dichtere Bestände von Schöllkraut sind für Archäologen oft ein Hinweis auf untergegangene Siedlungen im Boden, etwa der Germanen. Schöllkraut ( Chelidonium majus ), ein Mohngewächs, das in ganz Eurasien heimisch ist, wächst auch heute stets am Rande menschlicher Siedlungen.
In China gehört es zur traditionellen Medizin, und in der Volksmedizin wurde es als Warzen- und Lebermittel verwendet. Die Warzen betupfte man mit dem gelbfarbenen Milchsaft, der aus Stängel oder Blättern austritt. Er enthält Dutzende von Alkaloiden, vor allem Chelidonin. Starke Konzentrationen davon finden sich im Herbst in der Wurzel. Eine Überdosierung kann zu schwersten Vergiftungen und bis zum Tod führen.
Stechapfel und Tollkirsche
Stechapfel ( Datura ) und Tollkirsche sind beides Nachtschattengewächse sowie bekannte Gift- und Rauschmittel. Stechapfelarten finden sich überall auf der Welt, die Herkunft ist daher nicht geklärt. Wie Schierling und Schöllkraut bevorzugt die Pflanze stickstoffreiche Böden, daher wächst sie gut auf Müll und Mist und an Wegrändern eher wie ein Unkraut. Die wichtigen Inhaltsstoffe sind die gleichen wie bei Schierling und Tollkirsche: Hyoscyamin und Scopolamin. Ein Umwandlungsprodukt von Hysocyamin ist Atropin. Mit Atropin aus der Schwarzen Tollkirsche ( Atropa belladonna ) erreicht man die Vergrößerung der Pupillen.
Die schwarzen Beeren schmecken lecker und süß, daher kommt es immer noch zu mehr oder weniger schweren Vergiftungen, die manchmal tödlich verlaufen. Als Symptome zeigen sich zuerst starke Erregung, Hitze, trockene Schleimhäute und Durst. Dann folgen unkontrollierbare Gefühlsausbrüche – Lachen wie Weinen, Rededrang, Bewegungsdrang, Halluzinationen, Zittern, Übelkeit. Man bemerkt alle Anzeichen einer Tollheit, die mit epileptischen Anfällen vergleichbar ist. Daher der Name der Pflanze im Deutschen. Im Extremfall ist Atemlähmung die Todesursache.
Die toxischen Wirkungen waren, wie in den meisten Fällen von »altem Pflanzenwissen«, schon in der Steinzeit bekannt. Nicht nur die Amazonas-Indianer, auch die europäischen Jäger und Sammler vergifteten damit ihre Pfeile. Tollkirschenauszüge gehören zu jenen Tinkturen, die man unliebsamen Mitmenschen in den Wein träufelte, um sie ohnmächtig zu machen oder, in höherer Konzentration, gleich umzubringen. Die griechische Moire Atropos, von der sich der wissenschaftliche Name herleitet, war unter den drei Schicksalsgöttinnen diejenige, die den Lebensfaden durchschneidet. (Den Moiren entsprechen in der germanischen Mythologie in etwa die Nornen.)
Tollkirsche, Stechapfel und Bilsenkraut galten in Mittelalter und Früher Neuzeit als Grundbestandteile der »Rezepturen« von »Hexensalben«. Diese sollten vor allem die Flugfähigkeit der Hexe beim Hexensabbat gewährleisten. Was immer bei den Hexensabbat-Veranstaltungen vor sich ging – sie verweisen strukturell auf uralte schamanistische Praktiken der Rauscherzeugungzur »Jenseitsreise«. Wegen der halluzinogenen Wirkungen der genannten (Rausch-)Giftpflanzen sind eingebildete »Flugreisen« nach Einnahme der »Hexensalbe« keineswegs abwegig.
Die Wohlgerüche Arabiens
Weihrauch
Ein nachhaltig angenehmes Duftaroma muss vor dem Hintergrund allgegenwärtigen Gestanks bis zur Einführung von Kanalisation im 19. Jahrhundert sensationell wohltuend gewirkt haben. Überall, wo Menschen siedelten, ob auf dem Land oder in den Städten, war die Welt – ohne geregelte Müllabfuhr – voll von Fäkalien, Haus- und Gewerbeabfällen, kurz: allem Möglichen, was verrottete. Ahnungsvoll schrieb man diesem pestilenzialischen Gestank verderbenbringende Wirkung zu. Die genauen Zusammenhänge zwischen mangelnder Hygiene und der Übertragung von Krankheit erregenden Keimen entdeckte man jedoch erst spät im Lauf des 19. Jahrhunderts: die winzigen Keime (Bakterien und Viren). Für diese Erkenntnisse stehen die Namen Louis Pasteur, Robert Koch und Paul Ehrlich. Davor gab es seit der Antike die Vorstellung, die Luft selbst sei Träger von Krankheiten. Begriffe wie der Pesthauch, Miasma (griechisch »übler Dunst«) und »Malaria« (wörtlich »schlechte Luft«) zeugen davon. Die Miasma-Lehre von der Entstehung giftiger Ausdünstungen im Boden und
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