Die Weltgeschichte der Pflanzen
gefährlich, anders als bei Kartoffel, Tomate und Paprika. Auch Tabak ist ein Nachtschattengewächs. Alraune enthält in allen Teilen Atropin, Hyoscyamin und Scopolamin. Die Wirkung ist eine Lähmung der Nerven, insbesondere Atemlähmung, ähnlich wie beim Coniin des Schierlings.
Bilsenkraut
Bilsenkräuter (es gibt mehrere) sind ebenfalls Nachtschattengewächse, die in Eurasien und Nordafrika natürlich vorkommen. Die giftigen Inhaltsstoffe sind ebenfalls Hyoscyamin und Scopolamin und auch schon bei geringer Dosierung tödlich. Das prominenteste literarische Opfer des Bilsenkrauts ist Hamlets Vater. In einer Geistererscheinung auf der Schlossterrasse von Helsingör enthüllt er seinem Sohn persönlich, wie er von seinem eigenen Bruder im Schlaf umgebracht wurde: »Mit Saft verfluchten Bilsenkrauts im Fläschchen und träufelt in den Eingang meines Ohrs das schwärende Getränk.«
In geringeren Dosierungen wurde Bilsenkraut im Mittelalter aber auch als krampflösendes Heilmittel verwendet. Eine ganz große Bedeutung hatte es als Zusatz zum Bier. Bis zur Einführung des Reinheitsgebots 1516 wurden die Bilsenkraut-Samen jahrhundertelang allgemein als Bierwürze verwendet, um das Gerstengebräu haltbarer zu machen. An dessen Stelle trat dann der Hopfen. Diesvollzog sich nicht überall gleichzeitig und nicht von heute auf morgen; mancherorts geschah es auf fürstliche Anordnung, da man erkannt hatte, dass zu viele Todesfälle auf das Bilsenkraut im Bier zurückzuführen waren. Das berühmte Reinheitsgebot in Bayern war in erster Linie ein Bilsenkrautverbot sowie das Verbot weiterer vorher sehr gebräuchlicher Bierwürzen (siehe das Kapitel »Gerste«).
Brechnuss
Die Samen des südostasiatischen Brechnussbaums liefern bis heute Strychnin. Die (tropische) Pflanzenfamilie der Brechnussgewächse gehört zur Ordnung der Enzianartigen. Auch die Pflanzenfamilie der Rötegewächse (Kaffee, Krapp) zählt zu dieser Ordnung.
Der Brechnussbaum ( Strychnos nux-vomica) wächst von Indien bis Australien und erreicht stattliche Höhen. Die pfenniggroßen Samen sind flache Beeren mit einer extrem harten Schale und brechen bei Feuchtigkeit explosionsartig auf. Samen, Rinde und Blätter enthalten mehrere hochwirksame Nervengifte. Das sehr bitter schmeckende Alkaloid Strychnin ist das klassische Rattengift, mit dem natürlich auch andere unerwünschte Tiere – Füchse, Krähen, Hunde – getötet wurden. Strychnin gelangte während der Renaissancezeit nach Europa, nachdem es im Mittelalter bereits die arabischen Ärzte verwendet hatten.
In geringeren Dosierungen wirkt Strychnin wie ein Rauschmittel halluzinogen. Noch geringer dosiert wird es als Heilmittel verwendet. Es ist beispielsweise in dem bekannten Herzmittel Marcumar enthalten.
Curare, d as Pfeilgift der südamerikanischen Indianer, ist ein Mix aus giftigen Alkaloiden verschiedener Pflanzen. Die Zusammenstellungen variieren, die Hauptbestandteile stammen jedoch meist von Strychnos toxifera , einer Brechnussart, und vom Behaarten Knorpelbaum ( Chondrodendreon toementosum ), einer Liane aus der tropischen Familie der Mondsamengewächse. Die Alkaloide lähmen die Bewegungs- und Atemmuskulatur und wirken nur, wenn sie mit Blut in Berührung kommen.
Fingerhut
Wo der unter Naturschutz stehende Fingerhut wächst, kann man von einer ökologisch intakten Umgebung ausgehen. Digitalis aus der Familie der Wegerichgewächse gilt als die giftigste Pflanze Europas. Wirksam sind die im Wolligen und Roten Fingerhut enthaltenen Glykoside, also Zuckerverbindungen, die den Herzrhythmus positiv beeinflussen. Digitalis wird daher als Heilmittel bei »schwachem Herzen« verwendet. Eine Überdosierung hingegen kann tödlich sein.
Fliegenpilz
In Pilzen sieht man heute keine Pflanzen mehr, sondern sie bilden ein eigenes Reich. Pilze haben kein Chlorophyll, das ist der wichtigste Unterschied zu Pflanzen, weshalb sie kein Kohlenhydrat bilden. Weil sie dieses aber brauchen, zapfen viele Pilze dafür Bäume an. Was wir Pilze nennen, sind bloß die Fruchtkörper.
Der auffällige und sehr bekannte Fliegenpilz mit seinem leuchtend roten Hut und den Resten einer weißen Haut, die den Jungpilz bedeckte, wird allgemein als giftig angesehen, aber er ist zumindest nicht tödlich. Amanita muscaria enthält Ibotensäure, die zu Muscimol zerfällt, das als Rauschgift wie ein starker Alkoholrausch am Rande des Deliriums wirkt. Daher empfiehlt sich der Genuss wirklich nicht.
Muscimol aus dem Fliegenpilz war und
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