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Die Weltgeschichte der Pflanzen

Die Weltgeschichte der Pflanzen

Titel: Die Weltgeschichte der Pflanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Seidel
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entwickelte.
    Cattley war nicht der erste, aber einer der ersten Orchideensammler in Europa, der sich in einer Privatzeitschrift um die Verbreitung von Wissen über diese damals für Europa neuartigen Pflanzen bemühte. In diesem Zusammenhang kam er in Kontakt mit dem damals noch jungen John Lindley (1799-1865). Dieser sollte der erste und bedeutendste Orchideenbotaniker und -taxonom werden, der die blaue Orchidee später nach seinem Freund Cattleya labiata benannte.
    Cattleys Fund löste ein regelrechtes Orchideenfieber in Europa aus, das zwar nicht so spekulativ wie die Tulpenmanie im 17. Jahrhundert in Holland betrieben wurde, aber einigen namhaften Gartenbaubetrieben in England im 19. Jahrhundert schöne Gewinne einbrachte. Orchideen waren damals Raritäten, für die jeder geforderte Preis gezahlt wurde. Kew Gardens baute ein Orchideenhaus, und manche Gärtnerei bot die eine oder andere der bizarr-schönen air plants an, die mit ihren Luftwurzeln oft nicht unbedingt auf den Boden reichen. Eine dieser schmetterlingshaften Pflanzen faszinierte 1833 den Herzog von Cavendish so sehr, dass er beschloss, Orchideen zu sammeln. Sein Tropenhaus auf seinem Landsitz Chatsworth wurde zu einem Mekka des pflanzeninteressierten Adels; selbst Königin Victoria stattete ihm einen Besuch ab.Aufgeblühte Orchideen oder neue Sammlungsstücke musste man gesehen haben. Dieser Adelstick befeuerte die Orchideenmode der Wohlhabenden, die auf ganz Europa übergriff und bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts anhielt.
    So wie die Deutschen durch das zufällige Zusammenfallen von Wiederaufforstung und dem Naturgefühl der romantischen Bewegung vom Phänomen Wald regelrecht besessen wurden, waren die Briten von der vielfältigen exotischen neuen Flora berückt, die aus ihren Kolonien und von Entdeckungsfahrten ins Land strömte. Die Briten vereinnahmten sie in Topfpflanzen auf den häuslichen Fensterbänken und in allerlei blumenornamentalem Zierrat auf Tapeten und Textilien. Der Laura-Ashley-Stil hat hier seine Wurzeln.
    Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Orchideengeschäft ein Massengeschäft. Die Massenproduktion der Zierpflanzen wird heute vor allem in Taiwan, Thailand, Singapur und den Niederlanden betrieben, in den USA vorwiegend in Florida, Kalifornien und Hawaii mit riesigen Orchideenplantagen für die Aufzucht von Schnittblumen und Topfpflanzen. Die Niederlande sind das größte Orchideenland mit einer Massenvermehrung von Topfpflanzen. Vor allem Phalaenopsis , Paphiopedilum , Cattleya und Dendrobium .
    Orchideen bilden die zweitgrößte Familie unter den bedecktsamigen Blütenpflanzen. Die größte Familie sind die Korbblütler. Man kennt etwa 900 Gattungen mit 20000 bis 35000 Arten; festgestellt sind circa 25000 Arten. Jährlich kommen immer noch Hunderte verschiedener Sorten hinzu; davon gibt es mittlerweile rund 100000.
    Orchideen kommen praktisch überall auf der Erde vor, besonders viele in den Tropen Asiens und Südamerikas. Auf den Nordkontinenten Eurasien und Nordamerika ist die Formenvielfalt nicht so groß, aber Orchideen sind nicht unbedingt auf tropische Wärme angewiesen. Es gibt sogar welche im kalten Norden Japans, wie auf Inseln im Südatlantik, und in großen Höhen der Anden wie des Himalaja. Nur in Wüsten und in der Antarktis wächst natürlich nichts dergleichen.
    Zu den bekannten Gattungen der gemäßigten Zone zählen Frauenschuh, Knabenkraut, Hundswurz, Grüne Hohlzunge und Kuckucksblume. Sie leben auf dem Boden und nicht wie manche ihrer tropischen Verwandten auf Bäumen. Die genügsamen Pflanzen gedeihen gerade in unseren Breiten besonders gut auf nährstoffarmen Böden, etwa in den Alpen, auf sandigen Böden oder auf Feuchtwiesen. Auf landwirtschaftlich intensiv genutzten Flächen können Orchideen wegen ihrer langen Entwicklungszeit nicht hochkommen, und weil dort zu viele Nährstoffe vorhanden sind.
    Die ganze Pflanzenfamilie ist nach der Gattung Knabenkraut ( Orchis ) benannt. Der antike griechische Botaniker Theophrast, ein Schüler von Aristoteles und Leiter der Akademie nach dessen Tod, lieferte die erste Beschreibung dieser Pflanze, deren Wurzelknollen ihn an Hoden (griechisch orchis ) erinnerten. Auch in China gibt es etwa aus dieser Zeit die ersten schriftlichen Aufzeichnungen über Orchideen. In der chinesischen Kultur repräsentieren Bambus, Pflaumenblüte, Orchidee und Chrysantheme die vier Jahreszeiten.
    Außer für die Gartenzier gibt es so gut wie keine Nutzpflanzen unter den Orchideen außer

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