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Die Weltgeschichte der Pflanzen

Die Weltgeschichte der Pflanzen

Titel: Die Weltgeschichte der Pflanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Seidel
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dank gestiegener Weltmarktpreise die Nachfrage. Opium/Heroin aus dem Goldenen Dreieck bedient in erster Linie den pazifischen Raum. Nur für die Mohnsamen als Gewürz und zur pharmazeutischen Morphiumgewinnung wird die Schlafmohnpflanze auch legal angebaut, vor allem in Indien und in der Türkei.

Leichen pflastern ihren Weg
Schierling
    Sokrates, der Begründer der abendländischen Philosophie, ist das bekannteste Todesopfer des Schierlings. Er trank das Gift allerdings nicht aus Versehen, sondern weil er von einem athenischen Gericht dazu verurteilt worden war. Die Anklage lautete auf »Verführung der Jugend«. Wohlgemerkt: nicht Verführung Minderjähriger. Das hatte der Philosoph gar nicht nötig, denn der bestaussehende und strahlendste Jüngling Athens, Alkibiades himmelte ihn an, und selbst auf dessen Verführungsversuche hatte sich der äußerlich wenig attraktive Sokrates nicht eingelassen. (Alkibiades wurde später einer der bedeutendsten Staatsmänner Athens.) Die Athener waren vielmehr von Sokrates’ philosophischer Methode beunruhigt, mit der er im Sinne des Wortes alles hinterfragte und den jungen Menschen selbstständiges Denken beibrachte. Er ging damit so vielen eitlen Besserwissern auf die Nerven, dass sie eine Verleumdungskampagne starteten, die zu seiner Verurteilung führte.
    Ein bevorzugter Standort des Schierlings sind – stickstoffreiche – Misthaufen, und deswegen heißt er so: Der Pflanzenname gehört im Deutschen zu einer Gruppe sprachlich eng verwandter Begriffe, die mit Ausscheidungen zu tun haben. Etwas derb gesagt: Schierling ist die Scheiße-Pflanze. Der Doldenblütler mit dem botanischen Namen Conium maculatum ähnelt dem Kerbel und der Petersilie, welche völlig ungiftig sind. Schierling hingegen ist hochgiftig. Ein Gramm des besonders in den Wurzeln und den unreifen Früchten enthaltenen Alkaloids Coniin lähmt das Zentralnervensystem, führt schnell zu Krämpfen und Atemlähmung.
    Auch Wasserschierling ( Cicuta virosa ) und Hundspetersilie ( Aet h usa cynapium ) sind sehr giftige Doldenblütler. Andere Doldenblütler wie der Anis werden in der Küche als feine Gewürzpflanzen sehr geschätzt. Das Coniin ist außer im Schierling noch in der Hundspetersilie und in der Gelben Schlauchpflanze, einer fleischfressenden Pflanze Nordamerikas, enthalten. Das Alkaloid ist chemisch gesehen ein Derivat des Piperdins, welches wiederum als Bestandteil von Piperin im Schwarzen Pfeffer vorkommt.
Alraune
    Mandragora officinarum galt schon in der Antike wegen des menschenähnlichen Aussehens ihrer Wurzel als Zauberpflanze.
    Die archaische Vorstellung, dass Dinge von zufällig ähnlicher Gestalt innere Gemeinsamkeiten hätten und sich dadurch bestimmte Wirkungen, unter anderem Zauberwirkungen, erzielen ließen, war bei den Völkern auf allen Kontinenten sehr weit verbreitet und ist es als Aberglaube teilweise heute noch. Wie man aus Horrorfilmen weiß, glaubt man, im Voodoo Menschen umbringen zu können, indem man Nägel oder Nadeln in Fetisch-Puppen sticht. Eine andere Variante ist die Zuschreibung von aphrodisischer Wirkung an alle möglichen Naturgegenstände vom Spargel bis zum Nashorn des Nashorns, nur weil sie zufällig ein phallisches Aussehen haben. Wegen der Nashorn-Manie der Chinesen werden zum Beispiel nach wie vor viele Nashörner in Afrika gewildert.
    Die Mittelmeerpflanze Mandragora, die praktisch ohne Stängel nahe am Boden ihre Blätter und Blüten ausbreitet, war wegen ihrer Wurzel auch so ein Mittelmeer-Voodoo. Man unterschied sogar männliche und weibliche Wurzelgestalten und benannte sie dementsprechend mit unterschiedlichem grammatischem Artikel »der« Alraun oder »die« Alraune. Das deutsche Wort ist eine Zusammensetzung aus »Alb« (eine Abwandlung von »Kobold«) und »Runen«, der angeblichen Zauberschrift der Germanen. »Runen« ist eng verwandt mit »raunen«, dem geheimnisvollen Sprechen.
    Zur Alraune gibt es schon in Antike und Mittelalter bis in die Frühe Neuzeit eine umfangreiche botanische Literatur sowie eine unüberschaubare Legendenbildung. Sie wurde unter speziellen Ritualen aus der Erde gezogen, als Amulett getragen, nachgeschnitzt, vergraben, um Reichtum zu erlangen, und vieles mehr. Eine Kult-Pflanze wie kaum eine andere.
    Nicht alles an dieser Wurzel ist aufgeladen mit mysteriösem Klimbim. Manches ist durchaus real. Mandragora gehört zu den Nachtschattengewächsen, von denen die meisten gefährliche Giftstoffe enthalten. Bei Mandragora sind sie sehr

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