Die Weltgeschichte der Pflanzen
der Vanille und einigen wenigen Parfümpflanzen. Entferntere Pflanzenverwandte sind Spargelartige wie Spargel, Lauch, Zwiebel, Knoblauch, Hyazinthen, Amaryllis, Iris und Gladiolen. Alle sind einkeimblättrige Pflanzen.
Die Blütengröße ist sehr unterschiedlich: von wenigen Millimetern bis zu 20 Zentimetern. Alle haben sechs Blütenblätter; fünf sind mehr oder weniger ähnlich, das sechste wölbt sich meist lippenförmig vor: der Landeplatz für die Bestäuberinsekten. In der Natur gibt es angesichts der Artenvielfalt der Orchideen häufig ein sehr spezielles Zusammenspiel mit speziellen Insekten zur Bestäubung. Und es geht sogar noch spezieller: Manche Orchideen verströmen ihre Duftlockstoffe nur für kurze Zeit bei Tagesanbruch, wenn eine bestimmte Bienenart unterwegs ist, oder sie locken nachts Falter an. Andere Orchideen verströmen statt süßen Düften Aas- oder Pilzgeruch, um bestimmte Fliegen oder Käfer anzulocken.
Orchideensamen sind winzig wie Staubkörner. Sie haben nichts, womit sie sich in der Anfangsphase ernähren können, und sind daher auf einen Pilz angewiesen, dessen Fäden in die Samenzelle wandern, wo sie von ihr verdaut werden. Ohne diesen Pilz gibt es keine Samenkeimung. Diese Phase dauert je nach Art ein halbes bis zu einem Jahr. Erst dann kann sich die Keimpflanze entwickeln.
Bis Orchideen erstmals blühen, vergehen vier bis fünf, bei manchen Arten 15 Jahre. Da man diese Zusammenhänge erst Anfang des 20. Jahrhunderts erkannte, war die Anzucht und Vermehrung im 19. Jahrhundert noch schwierig. Die Pflanzen blieben verhältnismäßig rar und damit auch im pekuniären Sinne »kostbar«.
Orchideen gelten entwicklungsgeschichtlich als recht junge Pflanzen. Sie entstanden vermutlich im tropischen Klima in der Kreidezeit noch zu Lebzeiten der Dinosaurier. Die Entwicklungszeit der gemeinsamen Vorfahren aller Orchideen datiert etwa 100 bis 80 Millionen Jahre zurück. Damals war der Atlantik noch schmal, und die Kontinente, vor allem Afrika und Südamerika, lagen noch eng beieinander. Erst nach der Trennung der Kontinente setzte die eigentliche Entwicklung der Artenvielfalt bei den Orchideen ein.
Mit anderen Worten, sie erlebten ihren »Aufschwung« auch erst nach der Yucatán-Katastrophe vor 65 Millionen Jahren, als neben den Dinosauriern viele andere Tier- und Pflanzenarten ausstarben. Danach begann der Aufstieg der Bedecktsamer, zu denen die meisten Blütenpflanzen und die meisten heutigen (Nutz-)Pflanzen zählen.
Viele Orchideen entwickelten sich zu sogenannten Epiphyten, die auf anderen Pflanzen aufsitzen, in erster Linie natürlich auf Bäumen. So klammern sich die Orchideen an deren Äste und Zweige und leben auf den Wipfeln der Regenwälder, wo sie das richtige Maß an Sonne und Schatten finden. Orchideen sind von der Ernährung her äußerst genügsam. Sie schmarotzen nicht an den Bäumen, auf denen sie wachsen; diese dienen ihnen nur als Aufstiegshilfe. Sie leben von Verwitterungsprodukten auf den Ästen oder lassen ihre Wurzeln einfach in die Luft ragen und nehmen mit ihnen Feuchtigkeit auf. Etliche Arten leben sogar auf Felsen.
Die erste tropische Orchidee kam 1615 nach Holland. Die nächsten Nachrichten von einzelnen Pflanzenimporten gibt es aus den Dreißigerjahren des 18. Jahrhunderts. Diese Orchideen kamen von den Bahamas nach England. Bis 1800 sammelten sich rund zwei Dutzend Arten in Kew Gardens. Die Kultivierung erwies sich als schwierig, weil man wenig über die natürlichen Lebensumstände der Pflanzen wusste.
Die sensationelle Cattleya labiata von William Cattley weckte dann seit 1818 das Interesse des Publikums und den »Bedarf«. Schon seit Ende des 18. Jahrhunderts waren etliche Botaniker und Pflanzensammler in den Tropen unterwegs, überwiegend aus wissenschaftlichem Interesse. Der bekannteste Deutsche unter ihnen war Alexander von Humboldt, der von 1799 bis 1804 den ganzen karibischen Raum bereiste, sich aber auch für Geografie, Geologie, Vulkane, Tiere, Klima und vieles mehr interessierte. Er war also kein reiner Pflanzensammler. Und das Pflanzensammeln, gerade auch das Sammeln von Orchideen, war alsbald deutlich von kommerziellen Interessen unterlegt.
Systematisches Pflanzensammeln für den Bedarf von Gärtnereien begann um 1840. Die Firma Veitch and Sons betrieb eine Baumschule und Gärtnerei in Exeter, die später auch in London eine Filiale unterhielt. James Veitch führte den Familienbetrieb damals bereits in der dritten Generation. Eine Ausweitung der
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