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Die Weltgeschichte der Pflanzen

Die Weltgeschichte der Pflanzen

Titel: Die Weltgeschichte der Pflanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Seidel
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Jahrhundert systematisch betrieben wurde. Immerhin: Heute gibt es in Mitteleuropa wieder mehr Wald als jemals zuvor in den vergangenen 1000 Jahren.
    Es gab vor der Wiederaufforstung, die um 1750 einsetzte, auch keine Fichtenwälder im Flachland. Die Fichte ist ein Baum der Taiga oder hoher Gebirgslagen, sie hält starke, langandauernde Kälte aus. Daher gab es zu dieser Zeit natürliche Bergfichtenwälder nur in den Alpen und in den Hochlagen einiger Mittelgebirge. In niedrigeren Lagen kommen Fichten nicht natürlich vor, sondern sie wurden großflächig angepflanzt. Die Fichten, die wir im Wald sehen, sind durchweg Kulturpflanzen – wie sämtliche Getreidearten. Unsere Wälder sind keine naturbelassenen Wälder mehr, sondern eigentlich Holzplantagen. »Urwälder« gibt es in Mitteleuropa so gut wie gar nicht.
    Inzwischen ist die schnell wachsende Fichte der ökonomisch wichtigste Baum – nicht nur Mitteleuropas. Weil sie schnell wächst.
    Wie konnte es dazu kommen?
    Die elementarste und sicherlich uranfänglichste Form der Holznutzung ist das Brennholz. Anfangs durch das Einsammeln abgestorbener dürrer Äste, solange man kein geeignetes Werkzeug zum Umhauen oder Absägen hatte. Feuerholz sammelten schon die Vor- und Frühmenschen in Afrika, seit sie es verstanden, Feuer zu machen – vor ungefähr einer Million Jahren. Feuerholz sammeln war bis ins 19. Jahrhundert auch in Europa nicht ungewöhnlich für die Ärmsten der Armen. In Ländern der Dritten Welt ist es nach wie vor gang und gäbe.
    Ansonsten steht das Baumfällen am Anfang jeder Wirtschafts- und Kulturgeschichte der Holznutzung. Geht es darum, Wald in Ackerflächen umzuwandeln, wie es bereits die ersten Ackerbauern taten (noch ohne Metallsägen!), spricht man von Rodung.
    Gerodet wurde seit Beginn der Sesshaftigkeit der Menschen im Nahen Osten sowie in allen übrigen frühen Ackerbaugebieten. Die Ackerbauern verwendeten Jahrtausende vor irgendeiner Kupfer-, Bronze- oder Eisenzeit Steinäxte, später natürlich Metalläxte. Beim Axtgebrauch zum Baumfällen blieb es praktisch 10000 Jahre lang, bis man ab dem 15. Jahrhundert Sägen aus Stahl fertigte. Antike Sägen waren fürs Baumfällen einfach zu klein.
    Jedes Schulkind weiß, wie sich durch das Roden die Beschaffenheit des Bodens verändert, wie leicht die Erdkrume weggeschwemmt werden kann. In den regenarmen, ohnehin nicht waldreichen Gebieten des Nahen Ostens wurden die Gehölze, die eine klimatisch ausgleichende Wirkung haben, zugunsten der noch nicht besonders ertragreichen, daher großflächig anzubauenden Getreide rasch beseitigt. Nun mussten die Böden bewässert werden. Im Zusammenhang mit dieser technisch aufwendigen Kanalbaukunst, eine der frühesten zivilisatorischen Errungenschaften, die einen hohen Organisationsgrad erforderte, entstanden die ersten Hochkulturen. Doch bei starken Regenfällen – und das Klima verschlechterte sich vorübergehend – kam es zur Bodenerosion und Versalzung der Böden mit dementsprechenden Folgen für die Anbaupflanzen und damit zu Hungersnöten. Die nahöstlichen Sintflutberichte sind wohl ein Echo solcher Klimakatastrophen.
    Sesshaftigkeit bedarf der Behausung. Die zweite Holznutzungsart nach dem Verbrennen war und ist der Holzbau. Im jungsteinzeitlichen Europa war es völlig elementar, Stütz- und Querbalken in den Boden zu rammen, eventuell primitive Holzwände aufzustapeln und das Ganze oben abzudecken – damals mit Schilf und Reet. Die geläufige Vorstellung eines Pfahlbaudorfes gibt ein anschauliches Bild solcher jungsteinzeitlichen Siedlungen.
    So hausten noch die Kelten und Germanen, bis die Römer kamen und die Steinbaukunst in den nordalpinen Gebieten bekannt machten. (Im Frühmittelalter nur für Kirchen, Wehrbauten und ganz wenige Repräsentationsbauwerke.) »Mauer« ist ein lateinisches Wort: murus . Bis dahin hatten die Germanen allenfalls »Wände«. Dieses Wort kommt von »winden«, nämlich dem Zusammenflechten von Zweigen, die Zwischenräume wurden mit Lehm verschmiert. So im Prinzip auch noch im mittelalterlichen Fachwerkbau, wo die Zwischenräume der Holzkonstruktionen in ähnlicher Weise verfüllt wurden. Im nordalpinen Europa überwog die schöne Kunst des Fachwerkbaus bis in die Barockzeit.
    Auch heute noch ist Holz ein im wahrsten Sinne des Wortes tragendes Element im Hausbau: vom Eichenparkett bis zum Dachstuhl – um eine sehr lange Geschichte radikal abzukürzen.
    Baumfällen war auch die Voraussetzung für den Schiffsbau.

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