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Die Weltgeschichte der Pflanzen

Die Weltgeschichte der Pflanzen

Titel: Die Weltgeschichte der Pflanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Seidel
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Das ist eine eigene Geschichte großflächiger Holznutzung mit ungeheurer technischer Raffinesse von der Frühantike bis zur Hochphase der Segelschifffahrt. Natürlich verbraucht der Schiffsbau sehr viel Holz. Aber heute »kahle« Gegenden wie Spanien, Apulien und Schottland wurden nicht wegen der Flottenbauprogramme in Antike und Mittelalter so großflächig entwaldet. Das ist eine Legende. Sondern wegen der intensiven Schafweide, die keinen Baumkeimling hochkommen lässt. Und die am Mittelmeer und im Orient sehr viel häufigeren Ziegen fressen selbst dornige Sträucher. Viehweide ist eine Form der Pflanzennutzung – und kann sehr zerstörerisch sein.
    Eine neue Nutzung des Holzes entstand im Mittelalter: die Forstwirtschaft. Auch wenn sich eine aktive Bewirtschaftung des Waldes damals noch sehr in Grenzen hielt, begriff man Waldgebiete erstmals als Nutzungsraum. Die Erscheinungsformen waren von Grundherr zu Grundherr sehr unterschiedlich. Kleinere Rodungen innerhalb eines Waldes spielten eine Rolle für die bäuerliche Weidewirtschaft und das adelige Jagdprivileg. Es gab im späteren Mittelalter schon – lokal sehr begrenzte – Waldanpflanzungen, zum Beispiel die Lohwälder für die Gewinnung von Gerberlohe. Auch die »Stadtwälder« haben hier ihren Ursprung. Systematische Waldwirtschaft oder gar Wiederaufforstung wurde jedoch noch nicht betrieben.
    Und immer wieder Brennholz in wahrhaft rauen Mengen: Ein klassischer Holzberuf war der Köhler, der Holz zu Holzkohle umwandelte. Wegen ihres sehr hohen Holzverbrauchs arbeiteten die Köhler, die Holz in Gruben oder Kohlemeilern zu Holzkohle verbrannten, und die Glashütten, die sehr hohe Schmelztemperaturen erzeugen mussten, direkt in den Wäldern. Im Mittelalter wurde ja keine Kohle abgebaut. Für alles, was hohe Temperaturen verlangte, war daher Brennholz nötig.
    Aus Holz wurden außerdem Harz, Pech und Teer gewonnen.
    Großverbraucher von Brennholz waren im Mittelalter und in der Frühneuzeit die zahlreichen Schmiede in den Städten wie auf den Dörfern (bevorzugt Holzkohle). Die zahlreichen Bierbrauereien (allein in einer Stadt wie Hamburg gab es im 14. Jahrhundert 400 Brauereien.) Die Küfer und Fassbinder (viele Massengüter wurden in Fässern transportiert, nicht nur Bier und Wein). Die Schreiner. Die Töpfereien (bevorzugt Holzkohle). Die Ziegelbrennereien. Die Kalkbrennereien. Die Salzsiedereien. Die Erzschmelzen. Die Metzger und Fischer zum Räuchern. Die Bäckereien und Dorfbacköfen. Die Hausherde und Kamine, später die Kachelöfen.
    Alles, alles brauchte Brennholz. Holz war der wichtigste Brennstoff, bevor man die »Fossilien« Kohle, Erdöl und Erdgas nutzte.
    Mit dem Aufkommen der Städte im Mittelalter wurden diese Großverbraucher von Holz nicht nur als Brennholz, sondern vor allem auch für den Holzbau: Wehranlagen, Häuser, Brücken, Gerüste für die Steinbauten (etwa die Dome und Kathedralen), alles war aus Holz. Dementsprechend leicht brannte ein Stadtviertel oder eine Stadt ab; dann wurden große Mengen neues Holz für den Wiederaufbau benötigt. Primär versorgten sich die Städte aus eigenen Stadtwäldern. Von hier nahm auch der Waldschutz seinen Ausgang.
    Bereits im frühen Mittelalter wurde der wertvolle Rohstoff Holz in den küstennahen Städten Westeuropas Mangelware. Schon zur Römerzeit waren Baumstämme aus (gebirgigen) Gegenden rund ums Mittelmer aus dem Landesinnern an die Küsten geflößt worden. Die Flößerei gewann nun große Bedeutung; Holz wurde eine Handelsware und das erste über weite Strecken transportierte, großkalibrige Massengut. Das Flößen langer Baumstämme begann im Hochmittelalter und nahm bis ins 18. Jahrhundert immer mehr zu. So erhielten die besonders waldarmen Niederlande Holz aus dem Schwarzwald, den Vogesen, dem Spessart und dem Frankenwald über Rhein, Main und Neckar sowie etliche ihrer Nebenflüsse – wofür eine weitverzweigte, entwickelte Infrastruktur benötigt wurde mit Kanälen, Wehren, Teichen und Floßländen. Nach Bremen kam Holz aus dem Weserbergland, nach Hamburg über die Elbe aus Böhmen und Sachsen. Unterwegs wurden die zahlreichen an den Flüssen gelegenen Städte ebenfalls mit Holz versorgt.
    Im 18. Jahrhundert hatte dieser Raubbau derart gigantische Ausmaße angenommen, dass auch Deutschland so gut wie entwaldet war. Damals begannen weitsichtige Landesherren von den wenigen verbliebenen Waldinseln aus mit der langwierigen Wiederaufforstung. Der Begriff der Nachhaltigkeit wurde

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