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Die Weltgeschichte der Pflanzen

Die Weltgeschichte der Pflanzen

Titel: Die Weltgeschichte der Pflanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Seidel
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wachsen jährlich nach, 70 Millionen Kubikmeter werden geerntet. Das nennt man Nachhaltigkeit. Gegenwärtig sind gut ein Viertel aller Bäume Fichten, knapp ein Viertel Kiefern. Mithin entfallen 50 Prozent des Baumbestandes auf diese beiden Nadelbaumarten. Früher betrug der Anteil von Laubbäumen 80 Prozent.
    Seit einiger Zeit wird wieder mehr Holz verfeuert – nicht nur für den Hausgebrauch. Dort stieg die Zahl der Pelletheizungen in den letzten zehn Jahren von 3000 auf 150000. Auch zur Strom- und sonstigen Energieerzeugung wird so viel Holz verbrannt wie schon lange nicht mehr. Dabei wird – völlig klar – das von den Pflanzen so mühsam gespeicherte CO 2 im Handumdrehen wieder freigesetzt.
    Große, um nicht zu sagen riesige Holzverbraucher sind gegenwärtig die Verarbeitungsindustrien für Papier und Zellulose, dann Bau und Chemie, die zu 90 Prozent Nadelholz, vor allem Fichte und Kiefer, bevorzugen. Das hat nicht nur mit deren schnellem Wachstum, sondern auch mit den Fasern dieser Bäume zu tun, die sich für bestimmte technische Anwendungen und Verarbeitungen hervorragend eignen.
Kiefer
    Für diesen Baum (botanisch Pinus ) gibt es auch die ältere Bezeichnung Föhre. Dieses Wort ist offensichtlich verwandt mit perkos und quercus , dem griechischen und lateinischen Wort für »Eiche«, sowie mit Sanskrit paraktah (»heiliger Feigenbaum«). Bei »Föhre« handelt es sich also ganz allgemein gesprochen um ein »Baum-Wort«, das in der langen Sprachgeschichte auf ganz unterschiedliche Baumarten angewendet wurde, was keineswegs unnormal war, sondernin der Geschichte der Botanik häufig vorkam. Das prominenteste Beispiel solcher botanischen Wechselwörter ist »Apfel«, was auf alle möglichen runden Früchte angewendet wurde.
    Das besonders harzhaltige Föhren-/Kiefernholz wurde seit ältester Zeit für Fackeln verwendet, den Kienspan. Der »Kien« ist der gut brennende Holzscheit. »Kiefer« hat sich erst in der Renaissancezeit aus der Zusammenziehung von dem älteren Wort »Kien-Föhre« gebildet.
    Kiefern zählen wie die Birken zu den ersten Baumarten, welche nach der letzten, langen und sehr kalten Würmeiszeit von der Mittelmeerregion her wieder nördlich der Alpen heimisch wurden. Die Ausbreitung und Nordwanderung der Baumarten folgte nach dem Ende der Eiszeit der allmählichen Erwärmung. Erste Kiefernwälder bildeten sich ab 15000 v. Chr. am Nordrand der Alpen und sind bis circa 11000 v. Chr. bis nach Südschweden vorgedrungen. Ihnen folgten der Haselstrauch, der einmal ganz stark verbreitet war, und die Weiden. Die Fichte verblieb in den hohen Bergregionen, dann kamen Eiche und Tanne aus Süditalien und Griechenland via Balkan, Apennin und Westalpen in die nordalpinen Gebiete, mitsamt den anderen Bäumen wie Ulme, Linde und Esche. Doch der immense Artenreichtum wie er noch vor den Eiszeiten im Tertiär bestanden hatte, wurde nie mehr erreicht. Wälder in Mitteleuropa sind ausgesprochen artenarm im Vergleich mit Nordamerika oder Ostasien. In dem ständigen Hin und Her von Eiszeiten und Warmzeiten starben sehr viele Arten aus, da sie nur kleine Gebiete im Mittelmeerraum als Rückzugsgebiete hatten und zum Schluss die Rückkehr nicht mehr schafften.
    Sozusagen die italienische oder Mittelmeerverwandte der Kiefer ist die Pinie ( Pinus pinea ), ein harzig riechender Baum mit weit ausladenden schirmartigen Ästen. Ihre Samen, die Pinienkerne, sind für den menschlichen Verzehr höchst geeignet. Sie stecken in den wohlgeformten Pinienzapfen, die im Mittelmeerraum sogar ein Vorbild für schmückende Architekturelemente sind.
    Eine kopfverdrehende Begriffsverwirrung entsteht, wenn man die Kiefer-Föhre-Pinie-Wörter im Englischen betrachtet.
    Was im Deutschen als »Kiefer« bezeichnet wird, ist im Englischen fir , das alte »Föhre«-Wort. So weit, so nachvollziehbar. Spricht der Engländer indessen von fir , meint er meistens »Tanne«. Spricht der Engländer von pine oder pine-tree, ist in der Regel »Kiefer« gemeint und nicht »Pinie«. Wenn es darauf ankommt, kann man wirklich nur versuchen, aus dem Zusammenhang zu erschließen, von welchem Baum gerade die Rede ist, was in vielen (Roman-)Übersetzungen dann oft nicht gemacht wird; die Übersetzer benügen sich mit der erstbesten, meistens irreführenden Wortbedeutung.
    Die heutige Verwendung des Kiefernholzes entspricht der von Fichte und Tanne. Ein Großabnehmer für Holz ist die Papier- und Zellstoffindustrie.
    Papier wird zu 95 Prozent aus Holz

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