Die Weltgeschichte der Pflanzen
ein Grundsatz der Forstwirtschaft: Es darf höchstens so viel eingeschlagen werden wie nachwächst. Wäre das nicht geschehen, wäre es mit den blühenden Waldlandschaften in Deutschland bereits um 1700 vorbeigewesen, und es gäbe heute nur noch Heidelandschaften wie in vielen Teilen Englands oder in der Lüneburger Heide, die, ehemals waldreich, wegen des ungeheuren Holzverbrauchs für die Salzgewinnung großflächig abgeholzt worden war.
Natürlich konnten keine Naturwälder mehr entstehen, sondern reine Kulturanlagen, die in Baumschulen vorbereitet wurden. Keimlinge hätte das Wild verbissen. Wälder wurden von nun an angelegt wie andernorts Plantagen; es wurden Holzplantagen zur Aufzucht des stets begehrten Rohstoffes, und so ist es bis heute geblieben. Sehr deutlich wird dies am flächendeckenden Wald bewuchs mit der schnell wachsenden und durchaus hochwertigen Fichte, die im 18. Jahrhundert nur sehr spärlich in entlegenen Gebirgsregionen vorkam. Sie wurde nun zum Standardprodukt nicht nur des Schwarzwalds und der anderen Gebirgswälder, sondern auch im Flachland, wo sie zuvor nie natürlich vorgekommen war. Die Holznot nahm erst im 19. Jahrhundert ein Ende, als man begann, in größerem Umfang Kohle zu fördern.
Durch die Wiederaufforstung, die nirgendwo sonst in Europa im 18. und 19. Jahrhundert so intensiv betrieben wurde wie in den deutschen Ländern, hat sich der »Wald« seit den Frühromantikern mit ihrer gefühlsmäßigen Hinwendung zur »Natur« tief ins deutsche Gemüt eingeprägt. Besonders die verdrängte Eiche und die kaum noch vorhandene Linde wurden in zahllosen Liedern und Gedichten besungen und geradezu zu Symbolbäumen der Deutschen.
Von Anfang an war die Fichte bei der Wiederaufforstung führend mit dabei, weil sie vergleichsweise schnell wächst und vergleichsweise gut nutzbares (»astreines«) Holz abgibt. Da bis Ende des 18. Jahrhunderts noch die Kleine Eiszeit herrschte, waren die klimatischen Voraussetzungen für die Fichte günstig. In der Warmzeit des Hochmittelalters wäre das nicht möglich gewesen.
Immerhin ist die Fichte ( Picea abies ) in Europa heimisch.
Das deutsche Wort kommt aus einer Wortwurzel, welche »dieStechende« bedeutet. Die lateinische Bezeichnung picea deutet auf den hohen Harzgehalt, denn pix, picis heißt »Pech, Harz«. Als man es mit botanischen Namen noch nicht so genau nahm, wurden oftmals auch Tannen und Kiefern als Fichten bezeichnet.
Die seit rund 250 Jahren angebauten Fichtenwälder machen rund 40 Prozent des Waldbestandes in Deutschland aus. Diese Wälder sind einsame, dunkle Forste. Auf den dicht mit Nadeln bedeckten, versauerten Böden wächst sonst fast nichts, nur Moose und Gras. Außer Ameisen, Blattläusen, Borkenkäfern und ein paar Vögeln gibt es kaum Tierleben. Wie verheerend sich Schädlingsvermehrung in Monokulturen auswirkt, lernt man in der Grundschule. Weil die Fichten Flachwurzler sind, sind Fichtenmonokulturen besonders anfällig gegen Sturmschäden, wie sich in den Orkanstürmen der Neunzigerjahre gezeigt hat. Solche Wälder sind – wie übrigens fast alle Wälder – reine Holzplantagen.
Nach 50 bis 70 Jahren kann man bei der Fichte mit dem Einschlag beginnen (bei der Buche erst nach 100 bis 150 Jahren). Für die Forstwirtschaft ist die Fichte das Brot- und Buttergeschäft. Ihr Holz ist in der Bauwirtschaft beliebt. Es eignet sich für alle üblichen Verwendungen und Produkte, die aus Holz gefertigt werden: Papier (sehr viel wird für Zeitungen und Zeitschriften benötigt); Zellstoff (Tempotücher, Küchenkrepp, Toilettenpapier und dergleichen); Bretter, Furniere, Sperrholz. Für diese Produkte werden die Wälder heutzutage abgeholzt. Hochwertiges Fichtenholz aus dem Hochgebirge eignet sich für den Musikinstrumentenbau.
Deutschland ist – wer hätte etwas anderes erwartet? – das größte Waldland Europas. Die Wälder bedecken ein Drittel der Oberfläche. Es gibt hierzulande 76 verschiedene Baumarten (von circa 1.200 verschiedenen Pflanzenarten insgesamt). Wälder sind wichtige CO 2 - und Wasserspeicher. Bis zu 200 Liter Wasser werden unter einem Quadratmeter Wald gespeichert. Rund sieben Milliarden Bäume stehen in unseren Wäldern.
Rund 3,4 Milliarden Kubikmeter stehen als Holzvorrat inDeutschland, ein Drittel davon in Staatsforsten. Das ist der europäische Spitzenwert. Die Forst- und Holzwirtschaft beschäftigt fast eine Million Mitarbeiter und setzt 170 Milliarden Euro im Jahr um. 80 Millionen Kubikmeter Holz
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