Die Weltgeschichte der Pflanzen
hergestellt, wozu auch die Aufbereitung von Altpapier zählt. Die Nadelhölzer Fichte, Kiefer und Tanne eigenen sich wegen ihrer längeren Fasern (2,5 bis vier Millimeter) besonders gut dafür. Altpapier kann heute die Hälfte der Rohstoffmasse bei der Neuherstellung ausmachen. Bei Zeitungspapier liegt dessen Anteil noch wesentlich höher.
Für unterschiedliche Anforderungen an das herzustellende Produkt werden unterschiedliche Baumarten, auch kurzfaserigere Laubbäume verwendet (Faserlänge etwa ein Millimeter). Zeitungspapier oder Pappkarton haben andere Anforderungen als Schreibpapier, Zigarettenpapier oder Klopapier. Die Ausgangsmaterialien werden dementsprechend gemischt. Für glattes Schreibpapier und Hygienepapiere wird überwiegend Laubholz verwendet.
Zur Papierherstellung muss zunächst einmal Zellstoff gewonnen werden. Dazu werden die Holzschnitzel einige Stunden lang in einer Lauge gekocht, bis sie so weich sind, dass man sie leicht zerdrücken kann. Das Holz wird also durch ein chemisches Verfahren aufgeschlossen. Dann wird der Holzstoff, das Lignin, ausgeschieden – daher ist Schreibpapier »holzfrei«. Holzhaltiges Papier findet man beispielsweise in Magazinzeitschriften und Katalogen.
Die Zellulose wird gebleicht, dann werden Kaolin und Papierleim dazugegeben. (Kaolin ist das Material, aus dem auch Porzellan hergestellt wird; heute nimmt man eher Calciumcarbonat, vereinfacht gesagt: Kalk.) Füllstoffe wie Kaolin oder Kalk machen das Papier weicher und glatter; sie füllen die Zwischenräume zwischen den Fasern aus. Auch Papierleim ist eine Kunst für sich; erst dadurch wird Papier beschreibbar, sonst würde die Tinte weggesaugt. Der Brei wird gesiebt und dadurch entwässert. Weil das Wasser nach einer Seite – nach unten – ablaufen muss, hat (Schreib-)Papier eine glattere »Schönseite« (oben). Die Oberfläche der »Widerseite« (unten) unterscheidet sich davon deutlich. Dann wird das Papier gepresst und getrocknet. Im industriellen Verfahren laufen die Endlos-Papierbahnen in riesigen Maschinen über eine Vielzahl von Rollen.
Die Papierherstellung verursacht eine hohe Abwasserbelastung, vor allem wegen der Chlorbleichmittel. Diese versucht man heute durch andere Mittel und Methoden zu ersetzen. In Deutschland wird der weitaus größte Teil des Zellstoffs importiert, vor allem aus Skandinavien, Kanada und den USA – Länder mit großen Waldflächen für die Papierherstellung.
Das Verfahren der Papierherstellung aus zerstampften und zerkochten Pflanzenfasern ist eine der großen technischen Erfindungen der Chinesen. Die Papiergeschichte begann im zweiten Jahrhundert, zur Zeit der Han-Dynastie, die in Europa etwa der römischen Kaiserzeit entspricht. Damals wurde das Verfahren von dem chinesischen Beamten und Hofeunuchen Cai Lun in allen Einzelheiten beschrieben, weswegen Cai Lun oft als Erfinder des Papiers bezeichnet wird. Seine Aufzeichnungen entstanden vermutlich anlässlich einiger Verbesserungen im Herstellungsprozess, die er veranlasste, aber man weiß nicht genau, welche. Weil das Cai-Lun-Verfahren trotz heutiger industrieller Herstellung im Prinzip unverändert ist – Pflanzenfasern in Wasser aufschließenund den Brei anschließend zu dünnen Blättern (heute Bahnen) trocknen lassen – gilt der Eunuch als eine der einflussreichsten Persönlichkeiten der Weltgeschichte. Papier unterscheidet sich in der Herstellung grundlegend von allen anderen Beschreibmaterialien, auch vom Papyrus. Die historische Rolle, welche Papier seither in praktischer, wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht gespielt hat, lässt sich gar nicht überschätzen. Eine Welt ohne Papier ist seither nicht vorstellbar – in der Moderne weniger denn je.
Der Schöpfer oder wenigstens bedeutende Verbesserer dieser grandiosen Erfindung hatte am Kaiserhof noch andere Aufgaben und eine prekäre Stellung innerhalb der von Palastintrigen flirrenden Fraktionskämpfe. Nach einem Machtwechsel zog Cai Lun es vor, sich eventuellen Demütigungen durch einen Gifttrunk zu entziehen. Vorher hatte er ein Bad genommen und kostbare Seidengewänder angelegt. So stilvoll schied er aus dem Leben.
Die ganz frühe Pulpe in China bestand wohl aus Hanfbrei und Seidenresten. Die ersten chinesischen Papierprodukte waren Papiertaschentücher und Toilettenpapier, in erster Linie für den Kaiserhof und gerne auch parfümiert. Außerdem Verpackungspapier. Ab dem zweiten Jahrhundert wurde Papier per kaiserlichem Erlass auch zum Beschreiben
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