Die Weltgeschichte der Pflanzen
begann »erst« um 1500 v. Chr. während der Bronzezeit. Auch in China gab es eine Bronzezeit, aber noch lange kein chinesisches Kaiserreich. Die Grundzüge der chinesischen Kultur (zum Beispiel die chinesische Schrift, Keramik, Bronzeguss, Seidenweberei, frühe Feudalreiche) hatten sich indes schon ausgebildet. Nach dem uns vertrauten historischen Maßstab entspricht diese Epoche dem Neuen Reich Ägyptens mit Hatschepsut, Thutmosis III ., Echnaton und Tutanchamun und der frühgriechisch-mykenischen Kultur in Hellas. Der Trojanische Krieg, wenn es denn einen gab, hatte noch nicht stattgefunden. (Konfuzius und Laozi lebten erst rund tausend Jahre später in China.) Gleichwohl ist eine Zeit »um 1500 v. Chr.« für die Domestikation einer so bedeutenden Kulturpflanze relativ jung. Die Japaner begannen mit dem Sojabohnenanbau sogar erst um dieZeitenwende. Alle anderen Getreide und Hülsenfrüchte wurden in den verschiedenen Erdteilen schon viel früher angebaut.
In Europa wusste bis zur Neuzeit kein Mensch etwas von der Sojabohne. Vom Westen wurde sie erst kurz nach 1690 »entdeckt«. Der deutsche Arzt und Forschungsreisende Engelbert Kaempfer (1651 bis 1716) aus Lemgo unternahm als Mitglied einer königlich-schwedischen Gesandtschaft seit 1683 eine mehrjährige Reise über Russland ins persische Safawidenreich. Von dort fuhr er weiter über Ceylon, Indonesien bis nach Japan, wo er als erster Europäer den Gingkobaum und die Sojabohne kennenlernte, etliche andere Pflanzen und allerlei Getier. In dem hermetisch nach außen abgeschlossenen Japan eine seltene Ehre. Kaempfers 900 Seiten langer Reisebericht fand in Europa viel Beachtung, vor allem in Frankreich. Er enthält zwar eine Beschreibung der Sojapflanze, doch blieb die Entdeckung zunächst ohne Folgen. Einige Sojapflanzen tauchten im Verlauf des 18. Jahrhunderts in Botanischen Gärten des Westens auf, aber niemand pflanzte sie systematisch an. Kein Vergleich mit der Bedeutung, die der Mais oder die Kartoffel im Abendland zügig erlangten.
Der Soja-Boom begann erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Heute ist Soja eines der bedeutendsten pflanzlichen Welthandelsgüter (nach Weizen und Mais). Größte Produzenten sind die USA , Brasilien, Argentinien, China und Indien. Hauptexporteure sind Nordamerika und Südamerika, Hauptimporteur mit Abstand China. Unter allen großen Weltnahrungspflanzen hatte der Anbau von Soja in der Nachkriegszeit den größten Zuwachs. Die Welternte beläuft sich inzwischen auf fast 200 Millionen Tonnen.
Diese junge weltwirtschaftliche Karriere der Sojabohne begann in den USA in den Zwanzigerjahren als Futtermittel bei vergleichsweise kleinen Mengen. Bereits Ende der Dreißigerjahre überwog der Anbau für industrielle Zwecke als Ölrohstoff etwa für die Farbenherstellung. Dafür bevorzugte man damals zwar Kokos- und Palmöl, doch wegen des Zweiten Weltkriegs waren die USA vom Nachschub abgeschnitten. Seit dem Angriff der Japaner aufPearl Harbour am 7. Dezember 1941 waren Japan und die USA Kriegsgegner, und die Japaner befanden sich zunächst im Vorteil: Sie eroberten praktisch den ganzen Pazifikraum und nahmen den Briten und Niederländern ihre Kolonien ab. Das unterbrach die bis dahin eingespielten pazifischen Warenströme und damit eben auch die Pflanzenöllieferungen in die Vereinigten Staaten.
Die amerikanische Regierung förderte nun massiv den Sojaanbau sowohl als Ölpflanze wie als Futtermittel. Zudem unternahmen die USA enorme Anstrengungen bei der Erforschung und Züchtung. Nach einigen züchterischen Veränderungen wurde Soja so zum wichtigen Ausgangsprodukt für die Margarineherstellung. Der Trend zum Sojaanbau wurde immer stärker. Aktuell steht dabei wie beim Genmais die Gewinnung transgener Sorten im Vordergrund. Anbaufläche und Ertrag vervierfachten sich weltweit seit den Siebzigerjahren. Als derzeit wichtigste Ölsaatpflanze hält Soja heute 60 Prozent des Weltmarktanteils, wobei die anderen Ölpflanzen wie Raps und Sonnenblume regional größere Bedeutung aufweisen können.
Soja war jahrzehntelang außerdem die führende Ölpflanze schlechthin. Diese Position nimmt seit jüngster Zeit die Ölpalme ein (bei ihr wird das Öl aus der Frucht, nicht aus dem Samen, der »Saat« gewonnen).
In Brasilien verdrängt gegenwärtig der vergleichsweise unproblematische Anbau der Sojapflanze, die mit anspruchslosen Böden zufrieden ist, sogar teilweise den wesentlich aufwendigeren Kaffeeanbau. Die hohen Gewinne aufgrund steigender
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