Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Weltgeschichte der Pflanzen

Die Weltgeschichte der Pflanzen

Titel: Die Weltgeschichte der Pflanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Seidel
Vom Netzwerk:
Weltmarktnachfrage heizen diese Entwicklung an.
    Weltweit wird in der jüngsten Zeit der Anbau von Ölpflanzen auf Kosten von Getreidefläche und auf Kosten des Regenwaldes enorm ausgeweitet. Das gilt in gleichem Maße für Soja wie für die Ölpalme. Der aktuelle Boom ergibt sich aus der starken Nachfrage nach erneuerbaren Rohstoffen in den westlichen Industrieländern und in China.

Im Zentrum des Sklavenhandels
Zuckerrohr
    Alle aus den verschiedenen Mythologien überlieferten Götterspeisen und -getränke wie Ambrosia, Manna, Met und Nektar waren offenbar süß. Das Rezept für Ambrosia, welches den Göttern des Olymp ewige Schönheit, Jugend und Unsterblichkeit verlieh, wird als »neunmal süßer als Honig« beschrieben. Woraus der dazu gereichte Nektar bestand, weiß man nicht. Seit dem 17. Jahrhundert verwenden wir das Wort für die zuckerhaltige Absonderung von Blüten.
    Als die Israeliten bei ihrer Wanderung durch die Wüste nach dem Auszug aus Ägypten schier am Verhungern waren, regnete es Manna »wie Brot vom Himmel«; es schmeckte »wie Honigkuchen« (2. Mose 16, 31). Und der nordische Göttertrank Met, ein alkoholisches Gebräu, wurde durch die Gärung von wildem Honig bereitet.
    Was süß ist, schmeckt allen im Übermaß. Davon profitieren besonders in der heutigen Zeit die Nahrungsmittelindustrie und die Zahnärzte. In dieser Hinsicht gab es bereits wesentlich gesündere Zeiten in der Weltgeschichte.
    Dabei wurde bis in die Neuzeit in Europa, wenn überhaupt, ausschließlich mit Honig gesüßt; den süßen Geschmack kannte man ansonsten nur von frischen Früchten. Eine gewisse Rolle spielte noch das Süßholz, ein Schmetterlingsblütler mit sehr starker Süßkraft, dessen Wurzel man raspelte. Süßholz wurde aus dem Mittelmeerraum eingeführt und seit dem Mittelalter in Europa angebaut.
    Der erste Rohrzucker im europäischen Horizont taucht im Mittelalter an der von Arabern besiedelten Levanteküste und in Andalusien auf. Er wird zunächst als Medizin und Gewürz betrachtet und nur in winzigen Mengen als sehr teures Luxusgut gehandelt. Zur Kreuzzugszeit bildete der Zuckerrohranbau die wirtschaftliche Grundlage der Kreuzfahrerstaaten, damals bereits in sklavenhaltender Plantagenwirtschaft betrieben. 1747 isolierte der Berliner Chemiker Andreas Sigismund Marggraf erstmals Zucker aus dem Saft der Runkelrübe und wies nach, dass der so gewonnene Zucker mit dem des Rohrzuckers identisch ist. Das war der Auslöser für den breiten, preiswerten Zuckerkonsum für alle Bevölkerungsschichten seit dem 19. Jahrhundert. Dazwischen liegt die weltgeschichtlich außerordentlich folgenreiche Kolonialgeschichte des Zuckerrohranbaus in der Neuen Welt. Schon bald nach der Entdeckung Amerikas wurden die Sklaven aus Afrika für den Zuckerrohranbau herangeschafft. Diese Sklavenwirtschaft fand später beim Baumwollanbau ihre Fortsetzung.
    Die Urheimat des Zuckerrohrs liegt auf den Salomonen-Inseln bei Neuguinea, oberhalb von Australien. Neuguinea, nach Grönland die zweitgrößte Insel der Erde, ist wie der Fruchtbare Halbmond, Zentralchina, die Andenregion und Mittelamerika eines der Gebiete, in denen die Menschen schon sehr früh anfingen, Pflanzen anzubauen und sesshaft zu werden. In Neuguinea geschah dies zwar nicht ganz so früh wie im Fruchtbaren Halbmond (ca. 9000 v. Chr.), aber doch immerhin etwa gleichzeitig wie in China (um 7000 v. Chr.)
    In Indien wurde Zuckerrohr bereits in der Antike angepflanzt, doch es ist nicht bekannt, wann und wie es sich in Südostasien ausgebreitet hat. »Zucker« stammt von dem altindischen Wort sárkara , das eigentlich »Grieß, Geröll, Kies« bedeutet. Es wird, nur wenig verändert, in allen Weltsprachen verwendet: Hindi sakkar, a rabisch sukkar , hebräisch tsukar , englisch sugar , französisch sucre , italienisch zucchero , spanisch azúcari, russisch caxap. Wohl kaum ein anderer Begriff für ein Pflanzenprodukt ist so international.
    Zuckerrohr ( Saccharum officinarum) ist ein Süßgras und gehört zusammen mit Mais zur Unterfamilie der Panicoideae . Auch alle Getreidepflanzen sind Süßgräser. Anders als beim Mais steckt der »Nutzen« jedoch nicht in der Frucht, sondern im Halm. In den Zellen von dessen Mark ist der Zucker eingelagert.
    Die Zuckerrohrpflanze wächst innerhalb von ein oder zwei Jahren bis zu sieben Meter hoch. Wenn die Blätter gelb werden, ist der Zucker eingelagert. Dann werden die Halme kurz über dem Boden mit der Machete abgeschlagen, die man

Weitere Kostenlose Bücher