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Die Weltgeschichte der Pflanzen

Die Weltgeschichte der Pflanzen

Titel: Die Weltgeschichte der Pflanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Seidel
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(Vanillin) verwendet, dessen Herstellung 1874 erstmals gelang. Synthetische Vanille wird aus Lignin gewonnen, einem Polymer, dem »Holzstoff« der Pflanzen, vor allem natürlich der Bäume. Inzwischen jedoch ist die natürliche Vanille wieder stärker begehrt. Will man sie selbst in der Küche verwenden, muss man die Samenkörner herauskratzen, denn die Aromen liegen ausschließlich in der Hülle. Die Weltproduktion liegt bei über 1.600 Tonnen.
    Größter Abnehmer der natürlichen Vanille sind übrigens Coca-Cola und Pepsi-Cola. Ein Versuch von Pepsi in den Achtzigerjahren, Cola mit Vanillin zu lancieren, ist an Verbraucherverweigerung gescheitert.

Capri-Sonne aus Brasilien
Apfelsine, Orange
    Die Orange wurde weder vom lieben Gott geschaffen noch durch natürliche Selektion à la Darwin, sondern vermutlich von den Chinesen im zweiten Jahrtausend v. Chr. aus der Mandarine und der Pampelmuse gekreuzt. In China liegt ihr Ursprungsgebiet an den südchinesischen Abhängen des Himalaja.
    Unter den Zitrusfrüchten ist die Orange wirtschaftlich die mit Abstand bedeutendste. Allein die ungeheuren Mengen, die zu Orangensaft verarbeitet werden, sind unermesslich. Die mit Abstand größten Anbauländer sind Brasilien, die USA und Mexiko.
    Vasco da Gama sah als erster Europäer die Süßorangen bereits in Mombasa an der ostafrikanischen Küste, und nicht erst in Indien. Von Mombasa aus brach er 1498 mithilfe arabischer Lotsen zur letzten Etappe seiner Entdeckungsreise des Seewegs nach Indien ins indische Kalikut auf. Durch den arabischen Seehandel im Mittelalter waren die Orangen also bereits aus China und Indien in die arabisch-afrikanische Welt gelangt, bevor ein Europäer an diesen Küsten auftauchte. Auch die Chinesen der Ming-Zeit hatten übrigens am Anfang des gleichen Jahrhunderts sieben große Expeditions- und Handelsflotten unter dem Kommando des zwei Meter großen Admiral Cheng Ho an die indischen und arabischen Küsten entsandt. Cheng Hos Dschunken stießen bis nach Ostafrika vor. Ob sie auch Orangen oder Orangenkerne dabei hatten, ist nicht überliefert.
    1499 kehrte da Gama nach Lissabon zurück, und im 16. Jahrhundert wurde die Süßorange in Europa zuerst von den Portugiesen angebaut. Angesichts der langen und gefahrvollen Reisen ist eserstaunlich, wie schnell die Orange erfolgreich nach Europa im Sinne des Wortes »verpflanzt« wurde.
    Rund 100 Jahre lang konnten die Portugiesen ihr Staatsgeheimnis über die Kenntnis des Seeweges nach Indien um Afrika herum hüten, dann wurde es an die Holländer verraten. Anschließend verdrängten diese die Portugiesen und nahmen für lange Zeit im ostasiatischen Gewürzhandel und im Chinahandel das Heft in die Hand.
    Die Niederländer nannten die süß-saftige Frucht im 17. Jahrhundert sinaasappel (»Apfel aus China«). Im nördlichen Deutschland wurde dieses Wort um 1700 übernommen; in Süddeutschland sagt man eher Orange.
    Süßorangen kamen also zur gleichen Zeit nach Europa wie die Pflanzen aus der Neuen Welt, nur kamen sie nicht aus dem karibischen Westen, sondern aus dem alten China. Hingegen waren die indischen Bitterorangen, die Pomeranzen, schon im Mittelalter in Europa bekannt. Im ausgedehnten, blühenden und handelsaktiven Kalifat- und Kulturreich der Araber und Perser, das vom Indus bis zum Atlantik reichte und auch Südspanien und zeitweilig Sizilien umfasste, gelangte der Bitterorangenbaum bis nach Andalusien. Im Englischen ist Seville orange der Begriff für die mittelalterlichen Bitterorangen, die damals aus englischer Sicht eben von dort kamen.
    Auch das Wort »Orange« ist viel älter als die Wortneuschöpfung sinaasapel der Niederländer. Es stammt aus einer südindischen, dravidischen Sprache und lautete dort naram ; das bedeutet: »von Elefanten bevorzugt«. Naram gelangte über Sanskrit naranga und persisch und arabisch narang in die Sprachen der iberischen Halbinsel, stets gekoppelt an die Bitterorange.
    Übrigens hat auch das moderne Arabisch narandsch für die Bitterorange beibehalten, die Süßorange hingegen heißt burtugal (»Portugal«), weil auch die Araber sie erst durch die portugiesischen Entdecker kennenlernten. Im Spanischen ging dann in der Neuzeit, als die Süßorange auch in Europa bekannt wurde, diese uralte Wortform als naranja auf sie über.
    Die Spanier wiederum sorgten alsbald für die Verpflanzung des Orangenbaums in die Neue Welt. Möglicherweise war es Kolumbus persönlich, der auf seiner zweiten Reise 1493 bis 1496 in die

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