Die Weltgeschichte der Pflanzen
von Hausfrauen in der Küche selbst zubereitet. Eine Kombination von pürierten Tomaten, Essig und Gewürzen, Zucker kam als ein derartiges Hausfrauen-Fertigsoßenrezept in den USA in Umlauf und wurde von mehreren Herstellern aufgegriffen, die bereits Lebensmittelkonserven in Flaschen anboten. Henry Heinz, ein gebürtiger Pfälzer, brachte seinen Tomaten-Ketchup um 1880 auf den Markt und wurde damit um 1900 der Marktführer. (Die Firma in Pittsburgh ist nach wie vor in Familienbesitz.)
So kam die Tomate in den Ketchup. Doch in einer Hinsicht sollte man sich keiner Illusion hingeben: Das Produkt besteht zwar teilweise aus den roten Früchten, der hauptsächliche Inhaltsstoff ist indes – Zucker: 40 Stück Würfelzucker pro Flasche. Als Reaktion auf diesen Missstand bietet Heinz seit neuestem auch eine »Light-Version« an mit 30 Prozent weniger Zucker und »ohne Süßungsmittel«.
Aubergine
Eine relativ nahe botanische Verwandte der Tomate ist die Aubergine ( Solanum meongena ). Sie ist allerdings keine Pflanze Südamerikas, sondern Indiens und praktisch das einzige Nachtschattengewächs, das in Asien kultiviert wurde. Die klassische Antike kannte die »Eierfrucht« (englisch eggplant ) nicht. In Indien gibt es davon viele verschiedene Sorten, die teilweise ungewohnt aussehen: länglich wie eine Bohnenschote, rund wie ein Apfel und auch ziemlich kleine Sorten. Es gibt nicht nur dunkelviolette, sondern auch weiße, grüne und gestreifte Auberginen.
Bourbonisches Aroma
Vanille
Die einzige Orchideenart, die zur menschlichen Ernährung beiträgt, ist die Vanille. Sie stammt aus Mittelamerika, wo die Azteken ihr ziemlich bitteres xocolatl -Getränk damit würzten. Die Kenntnis der Vanille-Aufbereitung kam aber aus der älteren Totonaken-Kultur, die von den Azteken unterworfen wurden. Vanille kann man nämlich nicht einfach ernten und gleich dem Pudding, der Eiscreme oder dem xocolatl beimischen. Das spanische Wort vainilla bedeutet: »kleine Hülse, kleine Schote«.
Das starke, angenehme Aroma der Gewürzpflanze, das Vanillin, steckt in den Schoten dieser Schlingpflanze. (Botanisch korrekt handelt es sich wie bei Baumwolle und Mohn um Kapseln.) Vanille war in Europa sogleich sehr begehrt. Doch den Spaniern gelang es 300 Jahre lang, ihr karibisch-mexikanisches Monopol zu verteidigen. Nur die Frucht, nicht aber die Pflanze durfte aus den spanischen Kolonien exportiert werden.
Heute kommen 80 Prozent der Weltproduktion aus Madagaskar und den umliegenden Inseln der Komoren und Réunion, die einmal zum französischen Kolonialreich gehörten. Diese drei haben sich zur Alliance de la Vanille zusammengeschlossen und vertreiben ihr Produkt unter der Bezeichnung Bourbon-Vanille. Réunion hieß früher einmal Île Bourbon, benannt nach den Bourbonen, der letzten französischen Königsdynastie, der auch der Vater des Sonnenkönigs, Ludwig XIII ., angehörte. Unter dessen Herrschaft wurde die Insel 1640 für die französische Krone in Besitz genommen, und sie gehört nach wie vor als französisches Übersee-Departement zu Frankreich (und damit auch zur EU ).
1807 gelang es Franzosen und Holländern, Vanillepflanzen aus der Karibik herauszuschmuggeln, die sie in Réunion und in Java anbauten. Dort gediehen sie auch prächtig, sie pflanzten sich aber nicht fort. Man hatte übersehen, dass die Vanillepflanze zur Bestäubung auf sehr spezialisierte Insekten, hauptsächlich eine kleine Biene, oder auf Kolibiris angewiesen ist, wie es bei Orchideen häufig der Fall ist. Daher muss die Pflanze in Kultur von Hand mit kleinen Pinseln bestäubt werden. Um 1840 hatte man das endlich herausgefunden. Damit war das spanische Vanillemonopol gebrochen.
In den Erzeugerländern ist das Bestäuben mühevolle Frauen- und Handarbeit. Die Reifezeit der Vanille beträgt neun Monate. Die gelb geernteten Schoten sehen zunächst aus wie dicke, große Stangenbohnen, sind etwa so lang wie ein Schullineal (30 Zentimeter) und werden beim plantagenmäßigen Anbau an Gestellen hochgezogen. Zur Ernte haben die gelblichen Fruchtkapseln noch kein Aroma, weshalb sie einem aufwendigen Fermentierungsprozess mit intensiver Wärmebehandlung (Schwarzbräunung) unterzogen werden. Erst nach monatelanger Aufbewahrung in verschlossenen Kästen entwickeln sie ihr volles Aroma, wobei sie auf die bekannte Größe schrumpfen. Aus all diesen Gründen ist Vanille nach wie vor ein teures Luxusgewürz.
Für industriell hergestellte Lebensmittel wird künstliches Vanillearoma
Weitere Kostenlose Bücher